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Doris Aschenbrenner sieht Chancen für Sachsen-Anhalt in der Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Bildrechte: imago/Science Photo Library

GastbeitragKünstliche Intelligenz als Chance für Sachsen-Anhalt

10. November 2020, 20:26 Uhr

Künstliche Intelligenz kann das Leben vieler Menschen verbessern, sagen Entwickler und Entwicklerinnen. Sachsen-Anhalt spielt dabei bislang keine große Rolle. Das Land hat aber gut Chancen, schreibt Dr. Doris Aschenbrenner in einem Gastbeitrag für MDR SACHSEN-ANHALT. Sie ist Assistant Professor an der TU Delft.

von Dr. Doris Aschenbrenner, Uni Delft

Nicht erst seit dem Abschlussbericht (PDF) der Enquete Kommission der Bundesregierung ist Künstliche Intelligenz in vieler Munde. Dass dieses Hype-Thema auch eine konkrete Chance für Sachsen-Anhalt beinhaltet, ist allerdings vermutlich für einige neu.

Was ist KI eigentlich?

Der Fachwelt fällt eine eindeutige Definition des Begriffs sehr schwer. Zum Beispiel stellen Legg und Hutter (PDF) unterschiedliche Definitionen von Intelligenz zusammen, um deutlich zu machen, dass eine klare Definition "Künstlicher Intelligenz" nahezu unmöglich ist. Auch die KI-Strategie der Bundesregierung verweist auf diesen Umstand und unterscheidet – sehr allgemein – zwischen starker und schwacher KI, die "menschen-ähnlich oder höhere Intelligenz" bzw. alle anderen "niedrigeren" Anwendungsformen maschinellen Lernens bezeichnen. Die Bundesregierung sowie die Enquete-Kommission zur Künstlicher Intelligenz stellen auch fest, dass starke KI aktuell nicht erreicht werden kann und vielleicht auch nie erreicht werden wird. So beschränken sich Förder- und Regelungsmaßnahmen auf die Anwendungen schwacher KI.

Beispielsweise wird der gesamte Bereich der Robotik als Teil von Implementierungen schwacher KI beschrieben. Wegen dieser komplizierten Abgrenzung wird bei der Diskussion über künstliche Intelligenz vieles vermischt. Es werden dabei auch die allgemeineren Anwendungsmöglichkeiten von Algorithmen oder automatischen Lösungen betrachtet. Eines bestreitet allerdings niemand: Algorithmen, Digitalisierung und eben auch künstliche Intelligenz werden die Zukunft, in der wir leben und arbeiten werden, stark beeinflussen.

Wo steht Sachsen-Anhalt?

Der Digitalisierungs-Index bescheinigt dem Mittelstand in Sachsen-Anhalt gute Ergebnisse – wie auch geographisch liegt das Land hier in der Mitte und kann von dieser Position aus aufbauen. Allerdings ist es sinnvoll, sich nicht nur innerhalb Deutschlands zu vergleichen. Aktuell ist zu beobachten, dass die Digitalisierung von der deutschen Bevölkerung eher zwiespältig wahrgenommen wird. Deutschland unterscheidet sich in der mehrheitlichen Einschätzung damit nicht von dem europäischen Durchschnitt. In Skandinavien und den Niederlanden wird die Digitalisierung aber deutlich positiver wahrgenommen.

Auf die Frage "Wer ist am ehesten in der Lage, sich mit den Folgen der neuesten digitalen Technologien zu befassen" antworten Deutsche mit:

  • 27 Prozent "Unternehmen" (europäischer Durchschnitt 20 Prozent),
  • zehn Prozent nationale Behörden (europäischer Durchschnitt 16 Prozent) und
  • 13 Prozent Europäische Union (europäischer Durchschnitt 13 Prozent).

Interessant ist: Wenn Digitalisierung als ein Prozess wahrgenommen wird, der als kontrollier- und beherrschbar erfahren wird, gibt es eine hohe Zustimmung.

Positive Aspekte von Digitalisierung und KI

Über die Gefahren dieses Prozesses wird allerorts diskutiert – aber lasst uns über die Chancen dieses Prozesses reden! Auch wenn das für die deutsche Mentalität vielleicht eher untypisch ist.

  • Erstens: Die Digitalisierung generell bietet Chancen für alle Regionen. Und vielleicht für ländliche Regionen sogar mehr als für Städte: Hohe Lebensqualität kann mit attraktiven digitalen Arbeitsplätzen verbunden werden, weil nicht jeder die Ballungszentren auch zum Leben attraktiv findet.
  • Zweitens: Wir haben viele Bereiche des Lebens, in denen Anwendungen mit intelligenten Algorithmen helfen können. Eine weitere Steigerung dieses Effekts ist abzusehen, wenn wir sehen, wie sehr sich Smartphones mittlerweile ihren festen Platz in unserem Leben verdient haben.
  • Und drittens: Neue Innovationen haben einen großen Markt, in dem noch viel Platz für Ideen auch von jungen Unternehmen ist.

Ideen für Sachsen-Anhalt

Es kann sinnvoll sein, neben dem Bundesländervergleich auch Konzepte aus anderen europäischen Ländern zu importieren und speziell für Sachsen-Anhalt anzupassen, um den Land Chancen zu bieten. Keine Region in Deutschland ist sonderlich fortgeschritten bei diesem Thema: Jeder hat ähnliche Chancen und kann loslegen.

Den Entscheidern möchte Aschenbrenner mitgeben:- Will eine Verwaltung KI einsetzen, dann sollte sie das aktiv und transparent machen und die Ziele erklären; zum Beispiel mit KI-Registern wie in Helsinki oder Amsterdam.
- Anwendungen der Künstlichen Intelligenz sollten in einem partizipativen Verfahren mit den Betroffenen zusammen entwickelt werden.
- Und: All das geht auch super in Sachsen-Anhalt und Mitteldeutschland!

Hier geht es vor allem darum, gute Ideen zu haben und diese weiter zu verfolgen. Es muss nicht immer eine klassische Hochtechnologie sein – digitale Technik und algorithmisch unterstützte Lösungen können in allen Bereichen der Gesellschaft eingesetzt werden (Schule, Stadtverwaltung, Kinderheime etc.).

Mitentwickeln und Mitbestimmen

Ganz wichtig bei allen Lösungen: Nicht über die Köpfe der Betroffenen sondern in einem iterativen Designprozess mit partizipatorischem Ansatz. Nach einer anderen Studie (PDF) wollen zwei Drittel der Befragten grundsätzlich mehr mitbestimmen, wie digitale Technik an ihrem Arbeitsplatz verwendet wird. Dies zeigt, dass insbesondere in Zeiten eines gesellschaftlichen Umbruchs die Stimme aller gesellschaftlicher Akteure dringend gebraucht werden.

Eine Möglichkeit, sofort loszulegen ist beispielsweise die "Civic Innovation Platform" des Bundesarbeitsministeriums. Hier läuft noch bis 15. Dezember 2020 der Aufruf zu einem Ideenwettbewerb rund um KI. Die geförderten Projekte können dieses Jahr mit 20.000 Euro ausgezeichnet werden, so dass sie mit ihrer Idee gleich loslegen können.

Über die AutorinDr. Doris Aschenbrenner ist Assistant Professor an der TU Delft (Niederlande). Sie ist außerdem Mitgründerin des IT- und Automatisierungsunternehmens Awesome Technologies Innovationslabor GmbH in Würzburg.
Sie arbeitet an "Mensch-Roboter Koproduktion" und betreibt mit ihrem Team interdisziplinäre Forschung zwischen den Feldern Ergonomie, Robotik und Automatisierungstechnik, kognitive Systeme und fortgeschrittene Mensch-Maschine Schnittstelle wie Augmented und Virtual Reality.
Neben weiteren Projekten ist sie Mitglied einer Arbeitsgruppe zur Zukunft der Arbeit im "KI Observatorium" des Bundesarbeitsministeriums.

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Quelle: MDR/mar

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 09. November 2020 | 07:30 Uhr

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