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Die "Junge Alternative" ist der Jugendverband der AfD – Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz stuft die Organisation als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" ein. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Engin Haupt

ÜberwachungAfD-Jugend in Sachsen-Anhalt im Fokus des Verfassungsschutzes

01. Juni 2023, 14:25 Uhr

Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt wird den AfD-Jugendverband des Landes wahrscheinlich genauer ins Visier nehmen. Die Behörde hat die Organisation als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Das vereinfacht die Beobachtung.

Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD-Jugend als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, die Junge Alternative schüre Hass gegen Geflüchtete und verbreite fremdenfeindliche Verschwörungstheorien wie die Erzählung von einem "vermeintlichen Bevölkerungsaustausch". Die Einstufung fand bereits am 23. Mai statt. Zuerst hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" über das Thema berichtet.

AfD kritisiert Entscheidung als politisch motiviert

Der Co-Fraktionschef der AfD im Landtag, Ulrich Siegmund, kritisierte die Entscheidung als politisch motiviert. Die Behörde habe "weisungsgebunden" agiert. Siegmund erklärte, es würden keinerlei Beweise geliefert, die Einstufung sei "faktenfrei". Angesichts einer möglichen verschärften Beobachtung sagte er, man werde sich davon nicht einschüchtern lassen. Man weise die aufgestellten "Behauptungen" zurück und werde sich mit juristischen Mitteln wehren, betonte Siegmund. Er kündigte an, ein Klageverfahren prüfen zu wollen.

Die übrigen Fraktionen im Landtag begrüßten die Entscheidung. SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben erklärte im Vorfeld der anstehenden Landtagssitzung, die Einstufung "bestätigt, was wir seit geraumer Zeit wissen". Es handele sich um ein "deutliches Signal" auch mit Blick auf die Mutterpartei.

CDU will Stiftungsgeld streichen

CDU-Fraktionsvorsitzender Guido Heuer Bildrechte: picture alliance/dpa | Ronny Hartmann

CDU-Fraktionschef Guido Heuer erklärte, man habe nichts anderes erwartet. Die CDU grenze sich klar von der AfD ab. Heuer sagte weiter, seine Partei stehe zum Verfassungsschutz, der genau für diese Dinge da sei. Ziel müsse es sein, dass die parteinahe Stiftung der AfD infolge der Entscheidung auch kein Geld mehr erhalte. Der Schritt werde gründlich geprüft. "Dieser Schuss muss sitzen", erklärte Heuer. Auch FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack begrüßte die Einstufung der Jungen Alternative. Seine Partei sei eine Rechtsstaatspartei – daher müsse gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen alles unternommen werden, was dem Rechtsstaat zur Verfügung stehe.

Eva von Angern, Fraktionschefin der Linken, erklärte, die Entscheidung sei nicht überraschend. Allerdings sei das Problem politisch damit nicht gelöst – vielmehr brauche es parlamentarisch und außerparlamentarische Arbeit. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann. Sie erklärte, der Schritt sei "überfällig". Jeder, der nur mit der AfD sympathisiere, unterstütze Rechtsextremisten.

Verfassungsschutz sieht Hass, Ausgrenzung und Verschwörungen

Der "Mitteldeutschen Zeitung" hatte das Innenministerium weiter erklärt, Grund für die Einstufung sei "die Agitation der JA gegen das Demokratieprinzip, die sich in einer systematischen Verächtlichmachung der bestehenden demokratischen Ordnung und ihrer Repräsentanten äußert". Auch AfD-Landeschef Martin Reichardt sprach in der Zeitung von einer politisch motivierten Entscheidung. "Da die Umfragewerte für uns hochgehen, wird jetzt die Junge Alternative als rechtsextrem eingestuft", sagte er der MZ.

Bundesorganisation ist schon hochgestuft

Bereits Ende April hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD-Nachwuchsorganisation auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch hochgestuft. Zuvor wurde sie seit 2019 als Verdachtsfall geführt. Die AfD selbst gilt weiter als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Eine Klage auf Unterlassung durch AfD und JA auf Bundesebene scheiterte im März 2022 vor dem Verwaltungsgericht Köln. Die AfD in Sachsen-Anhalt ließ eine Klage auf Landesebene zuletzt ruhen.

Was darf der Verfassungsschutz?

Der Verfassungsschutz im Bund wie in den Ländern hat grundsätzlich Bestrebungen im Visier, die sich gegen Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte richten. Praktisch geht es dabei meist um die Beobachtung von Rechtsextremismus, Linksextremismus und islamistischem Extremismus.

  • Die erste Stufe ist der Prüffall. Dabei können noch keine nachrichtendienstlichen Mittel eingesetzt werden, aber der Verfassungsschutz darf öffentlich einsehbare Informationen sammeln – beispielsweise Reden oder Tweets.
  • Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung an, kann der Verfassungsschutz die Angelegenheit zum Verdachtsfall hochstufen und erste nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung einsetzen – beispielsweise Telefonate abhören, E-Mails mitlesen oder V-Leute anwerben. Da dies in die Grundrechte eingreift, müssen die Maßnahmen erforderlich und angemessen sein.
  • Wird aus den Anhaltspunkten Gewissheit, kann der Verfassungsschutz in der dritten Stufe zu dem Ergebnis kommen, dass eine "gesichert extremistische Bestrebung" vorliegt. Die nachrichtendienstlichen Mittel bleiben die gleichen wie bei einem Verdachtsfall. Allerdings muss der Verfassungsschutz bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel weniger stark abwägen. Tendenziell sind somit mehr Maßnahmen zulässig. Allerdings: Für die Beobachtung von Parlamentariern gelten besonders hohe Hürden.

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dpa, MDR (André Plaul, Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 31. Mai 2023 | 09:00 Uhr

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