Studentinnen und Studenten sitzen während einer Vorlesung in einem Hörsaal. 1 min
Sachsen-Anhalts Digitalministerium soll unbefugt personenbezogene Daten von Studentinnen und Studenten verarbeitet haben. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Datenschutzbeauftragter schreitet ein Unnötig Daten von Studenten erhoben: Digitalministerium verwarnt

27. Juni 2024, 18:47 Uhr

Der oberste Datenschützer des Landes wirft dem Digitalministerium vor, ohne Rechtsgrundlage personenbezogene Daten von Studentinnen und Studenten verarbeitet zu haben. Hintergrund ist die Energiepauschale für Studierende. Ministerin Hüskens reagiert mit Kritik.

Sachsen-Anhalts Landesdatenschutzbeauftragter hat das Digitalministerium in Magdeburg verwarnt, weil es ohne Rechtsgrundlage personenbezogene Daten verarbeitet hat. Konkret geht es um die 200 Euro Energiepreispauschale für Studentinnen und Studenten. Sie konnten diese Pauschale im vergangenen Jahr über das Portal "einmalzahlung200.de" erhalten.

Energiepauschale nur gegen Online-Identifikation

Um das Geld zu bekommen, mussten sich die Studenten online identifizieren. Das ging nur mit der BundID. Dabei handelt es sich um ein zentrales Konto zur Identifizierung für Online-Anträge. Dafür müssen persönliche Daten hinterlegt werden. Dass diese ID unbedingt genutzt werden musste, um die Energiepauschale zu bekommen, kritisiert der Datenschutzbeauftragte.

Der derzeit noch amtierende Landesdatenschutzbeauftragte Albert Cohaus sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man habe das Ministerium verwarnt, weil das Onlinezugangsrecht keinen Digitalzwang nach sich ziehe: "Die BundID ist und war freiwillig. Die Studenten und Studentinnen durften zwischen einer digitalen und herkömmlichen Antragstellung wählen. Dies hat das Ministerium trotz Hinweisen aus meinem Haus nicht umgesetzt." Man dürfe nicht vergessen, dass Menschen auch analoge Angebote nutzen wollten oder müssten.

Hüskens hält Verwarnung für überzogen

Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) reagierte auf die Verwarnung des Datenschützers mit Kritik. Hüskens sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstagnachmittag, sie könne die Reaktion nicht nachvollziehen. Sie erscheine ihr auch angesichts der damaligen Situation überzogen.

Sachsen-Anhalt habe in einer angespannten politischen Lage rund um den Ukraine-Krieg in einem föderal bedeutsamen Digitalisierungsprojekt Verantwortung übernommen: "Die Auszahlung der Energiekostenpauschale war im Ergebnis ein großer Erfolg, hat Millionen von Menschen bundesweit geholfen und damit die Digitalisierungskompetenz des Landes Sachsen-Anhalt zugunsten aller anderen Bundesländer bewiesen."

Sachsen-Anhalt hatte Portal federführend entwickelt

Sachsen-Anhalts Digitalministerium hat das Portal "einmalzahlung200.de" zusammen mit dem Bundesbildungsministerium entwickelt. 2,8 Millionen Studentinnen, Studenten und Fachschüler aus ganz Deutschland hatten so 200 Euro bekommen. 567 Millionen Euro wurden darüber ausgezahlt. Das Projekt hat laut Bundesministerium fast sechs Millionen Euro gekostet.

Das Digitalministerium in Sachsen-Anhalt sieht die Einmalzahlung als Beispiel für eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung. Studenten hatten nach dem Antrag das Geld innerhalb von zwei Tagen auf ihrem Konto. Datenschützer hatten allerdings die Nutzung der BundID bereits im vergangenen Jahr kritisiert. Eine IT-Sicherheitsexpertin hatte damals sogar ein eigenes Verfahren entwickelt, das ohne BundID auskam.

MDR (Marcel Roth, Norma Düsekow, Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. Juni 2024 | 14:00 Uhr

5 Kommentare

Shantuma vor 32 Wochen

@IrgendwasMitIT:
Dies wird aber so nicht stattfinden. In der modernen westlichen Gesellschaft sind Kritiker unerwünscht.
Wir sind die Tollsten, die Größten und die Besten heißt die Devise.
Und so kommt es, dass inkompetentes Personal durch zuviel Zuspruch auf Positionen kommen an denen jene Personen nichts zu suchen haben.
Denn wer möchte denn die Wahrheit sagen und sich unbeliebt machen?
Schaut man sich die Tragödie mit dem Tauchgang an der Titanic an sieht man dieses Beispiel. Oder eben Stuttgart21. Richtige Fachleute haben genau diese Probleme vorher gesagt, aber auf diese wird dann nicht gehört.

pwsksk vor 32 Wochen

Die Finanzämter haben z. Bsp. fast alles, was unsere Einkünfte und sogar Ausgaben betrifft. Aber die Steuererklärung müssen wir als Rentner trotzdem machen.
Bei den ganzen Abkassiermethoden bleibt man einfallsreich und stellt sich dumm, aber die gesamte KI für Personaleinsparungen in Ämtern und Behörden zu nutzen, ist man nicht in der Lage.
Macht mal, die Uhr tickt.

IrgendwasMitIT vor 32 Wochen

Der Punkt ist nicht, dass niemand in Deutschland Digitalisierung will (schon gar nicht junge Menschen), sondern dass die Projekte meist mit fehlenden Expertise oder bewusst mit Befugnissen, die über das Ziel hinaus gehen, umgesetzt werden.

Bei jedem dieser Projekte gibt es einige wirkliche IT-Expert:innen, die auf solche Schwachstellen hinweisen. Das wird dann abgestritten, das Projekt wird umgesetzt und am Ende läuft es genauso, wie die wirklichen IT-Expert:innen es vorhergesagt haben.

Diese behördliche Arroganz muss einfach aufhören und auf Einwände und Bedenken ernsthaft eingegangen werden. Dann läuft es auch mit der Digitalisierung in Deutschland.

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