Spitzenkandidat gewählt FDP: Holpriger Start in den Bundestagswahlkampf
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07. Dezember 2024, 16:37 Uhr
Erleichterung über das Ampel-Aus verspüren alle Ex-Koalitionäre – beteuern Vertreter der beteiligten Parteien. Doch nur eine schaut nach aktuellen Umfragen einem wahren Absturz und ihrem Aus im Bundestag entgegen: Die FDP, die den Bruch der Koalition entschieden vorangetrieben hat. Bei der Landesvertreterversammlung in Burg wollte sie diskutieren, wie sie die Stimmung drehen will - und wurde stattdessen mit ihrer eigenen Unsicherheit konfrontiert.
Frenetisch ist die Stimmung in der Stadthalle in Burg nicht. Als die Landesvorsitzende Lydia Hüskens in ihrer Eröffnungsrede sagt, für die FDP gehe es darum, mit einer großen Fraktion im nächsten Bundestag vertreten zu sein, klingt der Applaus eher pflichtschuldig. Dieser Moment spiegelt die Grundstimmung bei den Liberalen wider – angesichts der schlechten aktuellen Umfragewerte, angesichts des kurzen und intensiven Wahlkampfs, der vor der Partei liegt. Bei den Liberalen herrscht eine Mischung aus Erleichterung und Ungewissheit vor.
Wie über Parteichef Christian Lindner gesprochen wird
Im Ortsverband Merseburg-Leuna-Schkopau habe es einige Mitglieder gegeben, die die FDP lieber weiter in Regierungsverantwortung gesehen hätten, sagt etwa Heinz Pohl. Auch Jonas Liebing von den jungen Liberalen bedauert das Ampel-Aus, weil geplante gesellschaftspolitische Gesetzesvorhaben nun nicht mehr umgesetzt werden – und er erwartet auch, dass der kommende Wahlkampf aufgrund seiner Kürze sehr oberflächlich geführt werden könnte.
Dennoch: Eine offene Diskussion um den Parteichef wird nicht geführt. Stattdessen sagt etwa der Landtagsabgeordnete Konstantin Pott: "Die FDP steht mit Christian Lindner im Wahlkampf besser da als ohne ihn." Diese Meinung teilt offenbar ein Großteil der FDP-Mitglieder in Burg. Zugleich schwingt bei solchen Äußerungen auch die Erwartungshaltung mit, den Einzug in den Bundestag zu schaffen.
Kernversprechen: Unternehmen entlasten
Zur Unsicherheit trägt bei, dass die FDP bis kurz vor der Wahl ohne Programm dastehen wird. Denn erst im Februar wird sie einen Bundesparteitag abhalten. Der Landesverband stellt daher ein eigenes 8-Punkte-Papier vor, mit dem der winterliche Wahlkampf starten soll. Den Kernpunkt bildet ein klassisches FDP-Thema: Unternehmen sollen bei Steuerlast, aber auch Energiekosten und Bürokratie entlastet werden.
Deutschland ist das zweite Jahr in einer Rezession – ich habe so etwas nicht nicht erlebt.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Forderung nach mehr Forschungsförderung, um die Innovationskraft in Deutschland zu stärken.
Unklarheiten bei der Listenwahl
Das Thema Unsicherheit verfolgt die FDP auch organisatorisch in der Stadthalle Burg. Bei der Wahl um Platz 1 der Landesliste stimmte zunächst die Zahl der Stimmzettel nicht mit der Zahl der Delegierten überein – der Wahlgang musste gestoppt und wiederholt werden.
Zeit, die für die inhaltliche und personelle Aufstellung für den Wahlkampf verloren ging. "Als Digitalisierungspartei müssen wir schon noch ein bisschen üben", kommentiert Lydia Hüskens selbstironisch.
Platz 1: Überraschende Gegenkandidatur
Gegen den Bundestagsabgeordneten – und vom Landesvorstand vorgeschlagenen Spitzenkandidaten – Marcus Faber kandidierte überraschend der Unternehmer Jan Czekanowski aus Eisleben. Im ersten Wahlgang bekam keiner von beiden die nötige Mehrheit, Czekanowski sogar leicht vorne.
Den zweiten Wahlgang konnte Marcus Faber dann knapp mit 57 zu 53 Stimmen für sich entscheiden. Auch dieses Ergebnis spiegelt die gespaltene Grundstimmung der Liberalen wider. Marcus Faber stellte in seiner Bewerbungsrede ebenfalls das Thema Wirtschaft ins Zentrum: Deutschland müsse für Investoren wieder attraktiv gemacht werden. "Wir fordern weniger Abgaben und eine Unternehmenssteuerreform - damit wieder Arbeitsplätze entstehen."
Von Nüscht kommt Nüscht, wie wir in Sachsen-Anhalt sagen. Wir brauchen eine Bundesregierung, die das versteht – und das geht nicht ohne uns!
Der Spitzenkandidat Faber steht nun vor der Aufgabe, die Liberalen in Sachsen-Anhalt im Wahlkampf anzuführen. Angesichts der Stimmung in der Partei und des holprigen Auftakts heute wird das keine leichte Aufgabe. Der aktuelle ARD-Deutschlandtrend sieht die Partei bei nur vier Prozent der Stimmen - und damit nicht im nächsten Bundestag
MDR (Alisa Sonntag)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 07. Dezember 2024 | 15:00 Uhr
Medi vor 5 Wochen
Der Turbo, den die Liberalen versprechen, fühlt sich eher an wie ein Traktor, der nicht anspringt. Vielleicht fehlt noch der Sprit – oder das Konzept.
Ilse vor 5 Wochen
Seien Sie nicht ungerecht, wenn Sie für derlei Gerede, die FDP über 5% bringen, wird man nicht nur Ihnen, sondern allen Naivlingen das locker versprechen !
SGDHarzer66 vor 5 Wochen
Grundsätzlich: wer mit den Grünen ins Bett steigt hat jedwedes Vertrauen verloren. Deshalb wird diese "Beliebigkeitspartei" hoffentlich bald von der parlamentarischen Bildfläche verschwinden!