Gefängnis Roter Ochse Aufklärung nach Fluchtversuch des Attentäters von Halle gefordert
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04. Juni 2020, 15:20 Uhr
Politikerinnen und Politiker fordern Aufklärung, nachdem der Attentäter von Halle am Pfingstsamstag in der JVA Halle über einen Zaun geklettert war. Der Leiter des Gefängnisses muss sich am Donnerstag vor dem Justizministerium erklären.
Die Leitung des Gefängnisses Roter Ochse in Halle muss nach dem gescheiterten Fluchtversuch des Attentäters von Halle am Donnerstag Rede und Antwort stehen.
Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) will von den Verantwortlichen hören, wie es dazu kommen konnte. Das Gefängnispersonal habe ganz offensichtlich Vorschriften verletzt, sagte sie MDR SACHSEN-ANHALT.
Keding ermittle derzeit den genauen zeitlichen Ablauf der Ereignisse und werde alle Schwachstellen offenlegen, erklärte ein Sprecher des Justizministeriums. Darüber werde sie dem Rechtsausschuss des Landtages in der kommenden Woche Bericht erstatten.
Die Sondersitzung des Rechtsausschusses wird am Donnerstag vor der Landtagssitzung stattfinden. Keding werde dann Rede und Antwort stehen, sagte der Ausschussvorsitzende Detlef Gürth von der CDU. Laut Gürth sind zunächst vor allem drei Fragen zu klären: Wie es zu dem Fluchtversuch kommen konnte, wie hoch die Gefahr eines Ausbruchs war und weshalb das Justizministerium erst Tage später davon erfuhr.
Justiz-Gewerkschaft: Bewachung von Stephan B. bindet viel Personal
Die Justiz-Gewerkschaft warnte vor voreiligen Schuldzuweisungen. Der Vorsitzende des Bunds der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD), Mario Pinkert, sagte, man fordere einen fairen Umgang mit den Beamten. Wer die Panne versucht hat, lasse sich anhand der bisher öffentlichen Erkenntnisse noch gar nicht sagen, sagte Pinkert.
"Ich weiß nicht, ob da jemand seine Pflicht verletzt hat", so der Gewerkschaftler. "Aber ich weiß, dass die Bewachung von Stephan B. sehr viel Personal bindet." Das sei angesichts der ohnehin schwierigen Personallage gefährlich. Die Gefängnisse in Sachsen-Anhalt hätten seit Jahren Probleme, genug Personal zu bekommen.
Im halleschen Gefängnis "Roter Ochse" kommt es immer wieder zu Pannen. Das haben Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT ergeben. Demnach überwanden bereits mehrfach Gefangene Zäune, um in andere Bereiche der Haftanstalt zu gelangen. Die Insassen machen das, um so an Drogen oder Handys zu kommen, die von draußen über die Mauer geworfen werden.
Jüdische Gemeinde: Unfassbar, dass er es fast geschafft hätte
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Max Privorotzki, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er finde keine Worte. Er könne nachvollziehen, dass Stephan B. habe fliehen wollen. Aber dass er es fast geschafft habe, sei unfassbar.
Grüne fordern Aufklärung, Linke sprechen von Blamage fürs Land
Auch die Politik fordert Aufklärung der Ereignisse. Grünen-Landeschef Sebastian Striegel sagte MDR SACHSEN-ANHALT, das sei keine Lappalie, die da passiert sei. Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) müsse klären, wie es dazu kommen konnte. "Vor allem gegenüber den Betroffenen ist sicherzustellen, dass diesem Angeklagten der Prozess gemacht werden kann – dass er nicht fliehen oder sich in anderer Form seiner Bestrafung entziehen kann", so Striegel.
Die Links-Fraktion teilte mit, der Vorfall sei eine Blamage für Sachsen-Anhalt. "Die Tatsache, dass der Attentäter von Halle sich minutenlang unbeaufsichtigt in der Justizvollzugsanstalt aufhalten konnte, wirft viele Fragen auf. So ist zu klären, ob und wann das Ministerium informiert wurde und wie es zu dieser Aufsichtsverletzung kommen konnte", erklärte die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern.
Am vergangenen Samstag war Stephan B. während eines Aufenthalts auf dem Hof der JVA Halle gut fünf Minuten unbeaufsichtigt. Laut Justizministerium kletterte er dabei auch über einen 3,40 Meter hohen Zaun. Im Anschluss sei er widerstandlos in Gewahrsam genommen worden. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, man könne von Fluchtabsicht sprechen. Hinweise auf Komplizen oder vorsätzliches Verhalten der zuständigen Aufseher gebe es bisher nicht.
Der Halle-Attentäter wurde noch am Mittwoch ins Gefängnis nach Burg gebracht. Mit knapp 700 Haftplätzen ist es das größte Gefängnis in Sachsen-Anhalt und die einzige Hochsicherheitsanstalt des Landes.
Quelle: MDR/jh
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 04. Juni 2020 | 08:00 Uhr
ossi1231 am 06.06.2020
Sie Fragen "Wo bitte hat sich im Zusammenhang mit dem Typ eine Zitat "Schießerrei mit der Polizei " gegeben ?"
In der Ludwig-Wucherer-Straße Halle gab es mutmaßlich eine Schießerrei des mutmaßlichen Täters mit der Polizei.
Wo sind da die Belege, dass die Polizei sich in Bewegung gesetzt hätte?
Im mutmaßlichen Video des mutmaßlichen Täters ist davon nichts zu erkennen.
Alles Material welches die Polizei entlasten könnte ist unter Verschluss.
Und da es vom Tatort praktisch nur eine einzigen Fluchtweg gab und der mutmaßliche Täter diese Strasse dann auch nutzte kann es kein "Danke an die Polizei" geben.
ElBuffo am 04.06.2020
Ausgerechnet Linke und Grüne wollen sich hier aufpusten. Dabei sind die es doch, die sonst nur allzu ungern überhaupt jemanden im Gefängnis sehen würden. Auch bei Mehrfach-/Intensivtätern soll da immer wieder ein Auge zugedrückt werden.
Haller am 04.06.2020
Viel schlimmer, wie die "Flucht" nach der Schießerrei mit der Polizei gelang und die Aufklärung ausbleibt.