Tamara Zieschang (CDU), Innenministerin des Landes Sachsen-Anhalt,
Innenministerin Tamara Zieschang hält es für wichtig, dass die irreguläre Migration nach Deutschland begrenzt wird. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Debatte zu Migrationspolitik Zieschang will mehr sichere Herkunftsstaaten und setzt auf Abschiebungen

01. Juni 2023, 19:02 Uhr

Die Innenministerin von Sachsen-Anhalt, Tamara Zieschang (CDU), will sich dafür stark machen, dass sechs weitere Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden – darunter Indien und Georgien. Im Landtag betonte sie, dass die Zahl der Abschiebungen aus Sachsen-Anhalt zuletzt angestiegen sei.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Felix Fahnert
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Sachsen-Anhalt will sich dafür starkmachen, dass sechs weitere Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Innenministerin Tamara Zieschang erklärte im Landtag, sie wolle bei der Mitte Juni anstehenden Innenministerkonferenz einen Antrag einbringen, durch den die Liste um Georgien, Indien, Algerien, Marokko, Tunesien und Moldau erweitert werde. Indische Staatsangehörige zählten zur größten ausreisepflichtigen Gruppe in Sachsen-Anhalt, sagte die CDU-Politikerin weiter. Es gebe zwar ein Migrationsabkommen mit Indien, seit dessen Inkrafttreten sei allerdings "wenig passiert".

Sachsen-Anhalt nimmt 55 Prozent mehr Asylsuchende auf als im Vorjahr

Allein in diesem Jahr habe Sachsen-Anhalt rund 2.400 Asylsuchende aufgenommen – das seien 55 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, erklärte Zieschang.

Irreguläre Migration müsse weiter eingegrenzt werden, so die Innenministerin. Sie betonte zudem die Notwendigkeit von Abschiebungen. 2022 habe es in Sachsen-Anhalt rund 34 Prozent mehr Abschiebungen gegeben als noch im Vorjahr – nach Ministeriumsangaben waren es insgesamt rund 350. Auch 2023 sei bereits ein "spürbarer Anstieg" zu verzeichnen, sagte Zieschang.

AfD kritisiert Kosten: "Ethisch nicht vertretbar"

Ulrich Siegmund (AfD, Sachsen Anhalt)
AfD-Co-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund Bildrechte: IMAGO / Christian Schroedter

Die Debatte zur Migrationspolitik im Landtag hatte die AfD beantragt. Deren Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund kritisierte mit Blick auf den jüngsten Bund-Länder-Gipfel, dass für die Unterbringung von Geflüchteten Milliarden ausgegeben werde. "Jeder Steuer-Euro kann nur einmal ausgegeben werden." Das Geld fehle daher an anderer Stelle, die Politik sei "ethisch nicht vertretbar".

SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben erklärte, Flüchtlingsströme könne man nicht planen und verwies dabei etwa auf die ukrainischen Geflüchteten infolge des russischen Angriffskrieges. Er begrüßte die Pläne des Bundes, Asylverfahren vor allem an den EU-Außengrenzen durchführen zu wollen und sich für eine solidarische Verteilung in Europa einzusetzen. Eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik und die Durchsetzung von Abschiebungen seien allerdings kein Widerspruch, sagte Erben. "Wir legen nicht die Axt an das individuelle Grundrecht auf Asyl."

Linke plädiert für mehr Humanität in der Migrationspolitik

Die FDP warf der AfD vor, den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine völlig außen vor zu lassen. Der Abgeordnete Guido Kosmehl erklärte, 2022 habe man über eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland aufgenommen. Das sei "eine Herausforderung, die wir stemmen müssen und die wir auch weiter stemmen werden".

Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade erklärte, Restriktionen sorgten nicht dafür, dass weniger Menschen fliehen, sondern nur dafür, dass es ihnen schlechter gehe. Sie kritisierte die mögliche Einstufung von Ländern wie Moldau und Georgien als sichere Herkunftsländer, da dort Folter und Diskriminierung umfassend dokumentiert seien.

Der AfD warf Quade eine Spaltung der Gesellschaft und eine Einteilung in "die" und "wir" vor. Rassistische Worte befeuerten rassistische Taten, sagte die Abgeordnete. Sie forderte, dem rechten Diskurs eine Politik der Menschlichkeit entgegenzusetzen. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker Sebastian Striegel. "Wir sind in der Pflicht, Solidarität zu üben, und wir üben sie." Es brauche dabei Verlässlichkeit und geordnete Verfahren, sagte Striegel.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. Juni 2023 | 18:00 Uhr

7 Kommentare

ria vor 46 Wochen

In Moldau fand gestern der Europagipfel mit Teilnehmern aus 47 Ländern statt. Moldau strebt den Eintritt in die EU an und zählt als nicht sicheres Land. Das verstehe wer will, aber es ist nicht mehr zu vermitteln. Genauso Tunesien, sehr beliebt als Urlaubsland, aber nicht sicher?
Ich denke hier muss mehr differenziert werden und das hat nichts mit Rechtspopulismus zu tun.

hilflos vor 46 Wochen

Es wäre schön viel geholfen, wenn sich alle an die Gesetze halten. Wem kein Asyl zusteht muß gehen. Humanitäre Gefühlsduselei muß auch bezahlt werden.

Thommi Tulpe vor 46 Wochen

"Bund und Länder haben den besonderen Aufenthaltsstatus für Geflüchtete aus der Ukraine verlängert, samt Arbeitserlaubnis und vollen Anspruch auf Sozialleistungen." (MDR-Beitrag vom 1. Juni)
Dem Syrer z. B. "brummt" die Politik eine sechsjährige Ortsbindung auf. Diesen Flüchtlingen ermöglicht man nicht "so einfach" Zugang zu Sozialleistungen und zum Arbeitsmarkt. Warum diese unterschiedliche, meines Erachtens nach völlig ungerechte Behandlung durch Bevorteilung einer bestimmten Flüchtlingsgruppe? Ist der Krieg in der Ukraine sehr viel brutaler und unmenschlicher als jene z. B. in Syrien oder im Jemen, über welche man (aus "gutem" Grund?) schon gar nicht mehr berichtet.
Ich denke, dass sich bei Gleichbehandlung aller Flüchtlinge einige Probleme besser und eher lösen lassen würden und sehr viel an Steuergeld gespart werden könnte. Es würde sehr viel an sozialem "Sprengstoff", den diese Ungleichbehandlung nicht "nur" unter den verschiedenen Flüchtlingsgruppen beinhaltet, beseitigen.

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