Hochwasser-Schäden Debatte um Pflichtversicherung – FDP will Nichtversicherte von Staatshilfen ausschließen
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12. Juni 2024, 17:47 Uhr
Angesichts immer neuer Hochwasserschäden in Deutschland hat sich Sachsen-Anhalts Landtag mehrheitlich für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für Hausbesitzer ausgesprochen. Die FDP will hingegen, dass Hausbesitzern die Versicherung lediglich angeboten wird. Wenn sie ablehnen, sollen sie im Schadensfall keine Staatshilfen bekommen.
- Sollte es eine Pflichtversicherung für Hausbesitzer gegen Hochwasserschäden geben? Im Landtag gab es dafür viel Zustimmung.
- Die FDP will hingegen nur ein verpflichtendes Angebot – und einen Verzicht auf Staatshilfen, falls Hausbesitzer keine Versicherung abschließen.
- Angesichts der Hochwasser-Schäden in Deutschland war der Zuspruch für eine Pflichtversicherung zuletzt gestiegen.
In Sachsen-Anhalt werden angesichts immer neuer Hochwasser-Schäden die Rufe nach einer Pflichtversicherung für Hausbesitzer gegen Elementarschäden lauter. SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben verwies im Landtag auf die Schäden durch Hochwasser in Milliardenhöhe, für die dann häufig der Staat aufkomme: "Wir können nicht ständig mit Milliardenhilfen einspringen".
Viele Hausbesitzer sind nicht versichert
Ähnlich äußerte sich Umweltminister Armin Willingmann (SPD). Bundesweit seien nur knapp 50 Prozent der Hausbesitzer gegen Elementarschäden versichert, sagte Willingmann. Die Quote erhöhe sich selbst in Hochwasser-Gebieten nicht – daher brauche es eine Pflicht.
Auch Vertreter von CDU, Linken und Grünen zeigten sich am Mittwoch grundsätzlich offen für die Pläne. Die AfD plädierte für ein "Recht" auf eine Elementarschaden-Versicherung.
FDP: Staat soll Hausbesitzern keine Versicherung aufzwingen
Zurückhaltender äußerte sich die FDP. Die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Kathrin Tarricone, räumte mit Blick auf Hochwasser-Schäden zwar ein, dass bislang häufig Steuerzahler für die Rechnungen der Hausbesitzer zahlen müssten. "Es ist deshalb richtig, dass wir über eine Pflichtversicherung reden."
Im Nachgang stellte Tarricone im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT klar, man wolle eben nicht, dass der Staat den Menschen eine Versicherung aufzwinge. Vielmehr solle es für alle Hausbesitzer lediglich ein verpflichtendes Angebot geben. Wenn dieses Angebot abgelehnt werde, würden die Hausbesitzer damit auf mögliche Staatshilfen im Schadensfall verzichten. Solidarität habe auch ihre Grenzen, begründete die FDP-Politikerin.
Damit stellte sich Tarricone auf die Linie von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der sich gegen eine bundesweite Pflichtversicherung ausspricht. Auch die Versicherungswirtschaft vertritt diese Position.
Umweltministerkonferenz einstimmig für Pflichtversicherung
Sachsen-Anhalts Umweltminister Willingmann hatte den FDP-Vorschlag zuvor als unrealistisch kritisiert. Der SPD-Politiker sagte im Landtag, er wolle denjenigen Ministerpräsidenten sehen, der sich nach einer Flutkatastrophe hinstelle und vertrete, dass Hausbesitzer ohne Versicherung nun keine Hilfen bekämen.
Zuletzt hatte es bundesweit unterdessen immer mehr Zuspruch für eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden gegeben. So haben sich in der vergangenen Woche etwa die 16 Umweltminister der Länder einstimmig dafür ausgesprochen. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) unterstützt die Pläne.
MDR (Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 12. Juni 2024 | 12:00 Uhr
Frank 1 vor 39 Wochen
Ich steuere mal eine konkrete Zahl bei. Mein Einfamilienhaus, 120 qm Wohnfläche, ist bei einem Direktversicherer wohngebäudeversichert mit Einschluß weiterer Elementarschäden u. a. Hochwasser /Rückstau, Gefährdungsklasse 1. Jahresversicherungsprämie aktuell 225 €, also bezahlbar.
Frank 1 vor 39 Wochen
@Astrodon: Dieser Ausschluß ist rechtlich nicht möglich, denn er verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das sich die Versicherungsprämien am Schadensaufkommen orientieren ist seit ewigen Zeiten bereits gängige Praxis. Übrigens ist es eine Irrglaube, die Versicherungsprämien würden sich bei Versicherungspflicht minimieren. Bei der Absicherung gegen Hochwasser/Rückstau kommt das sogenannte ZÜRS-Verfahren zur Anwendung. Hierbei wird zwischen 4 Risikoklassen von Klasse 1 (wenig Risiko) bis Klasse 4 (hohes Risiko) unterschieden. Je nach Risikoeinstufung ergeben sich die Versicherungsprämien. Entgegen der landläufigen Meinung befindet sich nur ein verschwindend kleiner Teil an Gebäuden in der höchsten Gefährdungsklasse 4, nämlich 0,5% und etwa 1% in der Gefährdungsklasse 3. Nachlesen kann man das bei Verivox unter dem Stichwort ZÜRS. Die Forderung nach einer Pflichtversicherung ist rein populistisch. Wirkungsvoll wären ausreichende Investitionen in den Hochwasserschutz.
dieja vor 39 Wochen
Warum sollte sich ein Hausbesitzer, der nie vom Hochwasser bedroht ist, dagegen versichern lassen. Eine freiwillige Versicherung ist sinnvoll. Wer sich nicht versichern lässt, dem steht dann auch keine staatliche Hilfe zu. Hier muss jeder selbst entscheiden, was er will.