Reform für GeschwisterkindregelungKita-Gebühren: Eltern mehrerer Kinder drohen Mehrkosten
Sachsen-Anhalts Koalition ist uneins, wie es mit der Finanzierung der Kitas im Land weitergehen soll. Unter anderem weil Mittel des Bundes wegfallen, drohen Eltern Zusatzkosten. Im Fokus der Diskussion steht vor allem die bisherige Geschwisterkindregelung.
- Eltern mit mehreren Kindern müssen künftig womöglich mehr für die Betreuung in Krippen, Kitas und Horten bezahlen.
- CDU und FDP wollen, dass die Geschwisterkindregelung verändert wird. Statt nur noch für das älteste, soll demnach künftig nur noch für das jüngste Kind gezahlt werden.
- Am Freitag hat sich der Landtag mit den Kita-Kosten befasst.
In Sachsen-Anhalt streitet die schwarz-rot-gelbe Koalition weiter über die Ausgaben für die Kinderbetreuung. SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sprach sich erneut gegen eine Änderung der Geschwisterkindregelung aus. Die aktuell geltende Regel müsse beibehalten werden, sagte Pähle. Mit Blick auf die unterschiedlichen Vorstellungen in der Debatte betonte sie: "Meine Quintessenz ist: Billiger wird das System auf gar keinen Fall."
2024 liegen die Ausgaben des Landes laut Sozialministerium bei insgesamt rund 449 Millionen Euro. Familien mit mehreren Kindern in Krippe, Kita und Hort zahlen aktuell nur für das älteste Kind, die Betreuung von jüngeren Geschwistern ist somit kostenfrei.
Gelder vom Bund fehlen: Regel für Geschwisterkinder soll geändert werden
CDU und FDP drängen darauf, dass Familien künftig nur für das jüngste Kind zahlen sollen. Für Eltern würde dies zum Teil höhere Kosten bedeuten, da die Betreuung in der Krippe (0 bis 3 Jahre) häufig teurer ist als im Kindergarten (3 bis 6 Jahre). So kostet in Sachsen-Anhalt ein Krippenplatz im Monat durchschnittlich 217 Euro, ein Kindergarten-Platz dagegen 169 Euro.
Der Grund des Kostenunterschieds liegt im Personalaufwand. In der Krippe darf sich eine Betreuerin oder ein Betreuer nicht um so viele Kinder gleichzeitig kümmern wie in der Kita. Während in Sachsen-Anhalt statistisch in der Kita auf eine Betreuerin oder einen Betreuer zuletzt 10,1 Kinder kamen, waren es in der Krippe 5,6. Der höhere Personalaufwand macht Krippenplätze somit teurer.
Bund streicht Mittel für Geschwisterregelung
Hintergrund der Debatte um die Kosten der Kinderbetreuung sind die aktuell stattfindenden Beratungen zum Doppelhaushalt und die stark gestiegenen Ausgaben des Landes für die Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren. Zudem fallen künftig Mittel des Bundes weg, die bisher bei der Geschwisterkindregelung zum Einsatz kommen.
CDU und FDP wollen Finanzierung umgestalten
Die Regierungsparteien CDU, SPD und FDP hatten allerdings in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Geschwisterkindregelung dauerhaft abzusichern und zwar explizit auch in dem Fall, dass die Bundesmittel dafür wegfallen.
CDU-Fraktionschef Guido Heuer erklärte dazu am Mittwoch, diese Vereinbarung stehe unter dem Vorbehalt, dass sich dies auch finanzieren lasse. Daher müsse die Koalition ergebnisoffen diskutieren. Eine Verstetigung der bisherigen Geschwisterkindregelung sei nicht darstellbar. "Dieses Land ist hoch verschuldet. Die Zinsen steigen", so Heuer.
Heuer ließ zudem Gedankenspiele durchblicken, künftig vorrangig berufstätige Eltern entlasten zu wollen. "Wir als CDU richten Fokus auf die Qualität des Angebots und auf die, die Betreuung brauchen, das sind die Berufstätigen", sagte er. Wie genau ein solches Modell aussehen könnte, dazu liefen Gespräche.
Auch FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack sprach sich dafür aus, bei der Finanzierung auf das jüngste Kind umzuschwenken. "Wir müssen hier tatsächlich schauen, wie können wir das Geld zusammenhalten", erklärte Silbersack. Dem Sozialministerium zufolge könnten die Ausgaben durch ein Umschwenken auf das jüngste Kind um rund 18 Millionen Euro reduziert werden.
Umstellung bei Kita-Gebühren Thema im Landtag
Das Thema hat am Freitag auch den Landtag erneut beschäftigt. Immer wieder wurde in der Debatte eingeworfen, dass Eltern einen vergleichsweise günstigen Hortplatz für Grundschulkinder anmeldeten und gar nicht nutzten, jedoch durch die Anmeldung im Hort für das Geschwisterkind in der Kita nichts zahlen müssten. Der Abgeordnete Sven Rosomkiewicz (CDU), der ehrenamtlicher Bürgermeister in Borne im Salzlandkreis ist, berichtete von einem Hort in seiner Gemeinde, in dem 27 Kinder angemeldet, aber nur 17 regelmäßig anwesend seien.
Die SPD-Fraktion möchte dennoch an der bestehenden Regelung festhalten. Andernfalls würden Eltern zusätzlich belastet werden, warnte die Abgeordnete Katrin Gensecke. Die Sozialdemokraten berufen sich auf den Koalitionsvertrag. Darin haben sich CDU, SPD und FDP verständigt, die Entlastung der Familien dauerhaft abzusichern – "auch bei möglichem Wegfall der Bundesmittel", heißt es dort.
Opposition kritisiert Regierung
Die Opposition kritisierte die Koalition. Bei einer Umdrehung der Geschwisterkindregelung würden Eltern künftig für den teuersten Betreuungsplatz zahlen, sagte Nicole Anger von den Linken. Die Partei will mit einem Antrag sogar mittelfristig Beitragsfreiheit für die Eltern erreichen. Der CDU gehe es knallhart ums Geld, kritisierte Fraktionschefin Eva von Angern: "Kinder werden als Einsparpotenzial gesehen. Das halten wir für einen großen Fehler."
Kinder werden als Einsparpotenzial gesehen. Das halten wir für einen großen Fehler.
Eva von Angern, Fraktionschefin Die Linke
Gordon Köhler (AfD) sprach sich ebenfalls für die Beibehaltung der aktuellen Geschwisterkindregelung aus. Perspektivisch sollten die Eltern vollständig von Beitragszahlen befreit werden, sagte er. Die Kita-Kosten seien die vermeintliche Spardose der Koalition, kritisierte Susan Sziborra-Seidlitz (Grüne). "Ich wünsche Ihnen auch diesmal starke Abwehrkräfte, werte SPD", so Sziborra-Seidlitz. Nötig sei Verlässlichkeit für die Eltern.
DGB will an Geschwisterkindregel festhalten
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ebenfalls, dass die aktuelle Geschwisterkindregelung bestehen bleibt. "Gerade Eltern mit mehreren Kindern stehen aufgrund stark gestiegener Lebenshaltungskosten oftmals vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Mehrkindregelung entlastet Eltern in ihren monatlichen Ausgaben und begrenzt außerdem die regionale Ungleichheit bei den Betreuungskosten", erklärte DGB-Landeschefin Susanne Wiedemeyer.
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dpa, MDR (Kalina Bunk, Daniel Salpius, Fabienne von der Eltz) | Erstmals veröffentlicht am 21.08.2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. August 2024 | 14:00 Uhr
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