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Drohende Insolvenzwelle wegen Krisen"Steuern auf Katastrophe zu": Krankenhäuser rufen nach Rettungsschirm

19. Oktober 2022, 18:38 Uhr

In Sachsen-Anhalt bringen Corona-Pandemie und hohe Energiekosten die Krankenhäuser in finanzielle Schieflage. "Wir steuern auf eine Katastrophe zu", sagt ein Krankenhausmanager. Ein Rettungsschirm soll die drohende Insolvenzwelle abwenden, doch bislang gibt es ihn weder auf Bundes- noch auf Landesebene.

Sachsen-Anhalt droht eine Insolvenzwelle im Gesundheitswesen. Davor warnen Vertreter privater, kommunaler und landeseigener Krankenhäuser. Sie präsentierten dem Sozialausschuss des Landtags am Mittwoch eine lange Liste an roten Zahlen und Problemen. Vor allem belasten die Corona-Pandemie und gestiegene Energiekosten die Häuser.

Corona senkt Einnahmen, Kosten für Wärme und Arzneimittel steigen

Fast überall müssten derzeit wieder Corona-bedingt planbare Eingriffe abgesagt und Stationen zusammengezogen werden, sagte Wolfgang Schütte, Ärztlicher Direktor des privaten Martha-Maria-Krankenhauses Halle-Dölau und Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt. Anders als bislang gebe es dafür aber keine Ausgleichszahlungen.

Das System ist für den Krisenmodus nicht geeignet.

Wolfgang Schütte | Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt

Zu den Einbußen kämen "extreme Kostenbelastungen" bei der Energie hinzu. Zwei Drittel aller Mitglieder der Krankenhausgesellschaft nutzen vor allem Gas zur Wärmeerzeugung. Obendrein seien die Preise für Arzneimittel zuletzt um etwa zehn Prozent gestiegen. Die Krankenhausfinanzierung hänge da hinterher, so Schütte. Kein Krankenhaus könne mehr wirtschaftlich arbeiten. "Das System ist für den Krisenmodus nicht geeignet."

Noch drastischer beschrieb Lutz Heimann, Krankenhausmanager und Vorstand des Verbands der kommunalen und landeseigenen Krankenhäuser, die Situation. "Wir steuern auf eine Katastrophe zu", sagte Heimann. Wo einzelne Häuser im Sommer noch bis zu 40 Millionen Euro Liquiditätsmittel gehabt hätten, diskutiere man heute über Kredite in ähnlicher Höhe – und damit schon im kommenden Jahr wohl über die ersten Insolvenzen. Den städtischen Klinika in Dessau und Magdeburg sowie dem Carl-von-Basedow-Klinikum im Saalekreis sind die jeweiligen Kommunen bereits mit Krediten oder Bürgschaften beigesprungen.

Debatte um Rettungsschirm

Als Lösung fordern beide Krankenhausverbände einen landeseigenen Rettungsschirm. Eine genaue Summe dafür konnten sie am Mittwoch nicht nennen.

Gesundheitsstaatssekretär Wolfgang Beck verwies im Sozialausschuss auf das vor einem Jahr eingesetzte Corona-Sondervermögen des Landes. In diesem sind rund 230 Millionen Euro für die Krankenhäuser vorgesehen. Für deren Verteilung wollte die Landesregierung allerdings bislang die Ergebnisse eines Gutachtens zur Krankenhauslandschaft abwarten. Dieses liegt noch nicht vor.

Für kurzfristige Abhilfe sei der Bund in der Verantwortung, so Beck. Die Bundesländer würden da schon seit Monaten Druck in Berlin machen.

Tatsächlich haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag über mögliche Hilfen für die Krankenhäuser verhandelt. Bislang sind aber keine Details zu einer Einigung bekannt.

Ein eigenes Landeshilfsprogramm ist ohnehin nicht vom Tisch. Andere Bundesländer haben es bereits aufgelegt. In Thüringen wurde vergangene Woche ein neues Sondervermögen verabschiedet. Es soll auch die Energiekosten von Krankenhäusern dämpfen. In Brandenburg wurden Gelder aus einem Corona-Sondervermögen diesem Zweck umgewidmet. 

Zuletzt hatte Sachsen-Anhalts Landesregierung öffentlich gemacht, dass man auch in Magdeburg über solche Hilfen nachdenkt – allerdings frühestens im Frühjahr 2023.

Wut auf Lauterbach

Der Unmut der Krankenhausmanager wäre damit allerdings nicht befriedet. Sie kritisierten am Mittwoch scharf die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach für eine Krankenhausreform. Was bislang in puncto stärkerer ambulanter Behandlung von Patienten bekannt sei, sei eine "absolute Beleidigung" der Häuser, so Wolfgang Schütte. Die finanziellen Probleme würden so größer statt kleiner.

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MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Oktober 2022 | 17:00 Uhr

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