Migranten mit Reisegepäck
Mehrere Organisationen fordern nun klare Signale für gesellschaftlichen Zusammenhalt – besonders von der Politik. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Anschlag auf Weihnachtsmarkt Menschen mit Migrationsgeschichte haben zunehmend Angst vor Übergriffen

18. März 2025, 20:00 Uhr

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte fühlen sich zunehmend angegriffen und unsicher. Mehrere Organisationen fordern nun klare Signale für gesellschaftlichen Zusammenhalt – besonders von der Politik. Am Dienstagvormittag haben sie eine Pressekonferenz gegeben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Sachsen-Anhalt und eine Reihe weiterer Organisationen, die sich für Menschen mit Migrationshintergrund einsetzen, fordern von Politik und Gesellschaft klare Signale gegen Rassismus.

Migranten unter Generalverdacht

"Wir nehmen nicht hin, dass Menschen mit Migrationserfahrung – darunter viele Kolleginnen und Kollegen – unter Generalverdacht gestellt, bedroht und angegriffen werden", sagte DGB-Landesleiterin Susanne Wiedemeyer. "Politik und Gesellschaft müssen sich klar gegen den ausufernden Rassismus stellen." Nötig sei ein Miteinander.

Politik und Gesellschaft müssen sich klar gegen den ausufernden Rassismus stellen.

Susanne Wiedemeyer, DGB Sachsen-Anhalt

Die Gesellschaft brauche Menschen mit Migrationshintergrund – vom Straßenbahnfahrer bis zu Ärzten, Pflegekräften und Mitarbeitern in der Hotellerie und Gastronomie. "Da erwarte ich von den Arbeitgebern klare Worte, dass wir ein Klima in dieser Gesellschaft brauchen, wo alle willkommen sind, wo man sich wohlfühlt und sicher." Das müsse für alle gelten, ob mit oder ohne Migrationshintergrund.

Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag

Saeed Saeed vom Syrisch-Deutschen Kulturverein in Magdeburg berichtete, nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sei zuletzt auch ein syrisches Mädchen angegriffen worden. "Wir reden hier über Kinder, die mit der Migrationsdebatte gar nichts zu tun haben", sagte Saeed.

Saeed Saeed auf einer Pressekonferenz.
Saeed Saeed engagiert sich für den Syrisch-Deutschen Kulturverein Magdeburg. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Das seien die Fälle, von denen die Verbände und sein Syrisch-Deutscher Kulturverein mitbekämen. Die Dunkelziffer rassistischer Übergriffe dürfte noch viel höher sein, vermutete Saeed. "Wir brauchen eine klare Haltung gegen Rassismus."

Migration nicht zum Wahlkampfthema machen

DGB-Chefin Wiedemeyer appellierte mit Blick auf die Landtagswahl im kommenden Jahr an die Politik, das Thema Migration nicht zum Hauptthema zu machen. "Das ist eigentlich nicht unser Problem, wir haben ganz andere Probleme in diesem Land." Dazu gehörten hohe Energiekosten, die Industrie habe Probleme und wandele sich.

Wiedemeyer forderte, dass Landespolitiker häufiger zu Migranten und Migrantenorganisationen gehen und mit ihnen reden. 

Migranten haben Angst

Stefanie Mürbe vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt berichtete, zugewanderte Menschen erlebten zunehmend Ablehnung und Anfeindungen – unter anderem seit dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt.

Mamad Mohamad redet, vor ihm stehen Mikrofon und Tabletcomputer auf einem Tisch.
Mamad Mohamad ist Geschäftsführer des Lamsa. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Der Geschäftsführer des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (Lamsa), Mamad Mohamad, fasste zusammen, es gebe vermehrt Übergriffe, Bedrohungen, Hakenkreuze, beschmierte Klingelschilder. Menschen mit Migrationshintergrund trauten sich am Abend nicht mehr, nach draußen zu gehen. 

Bedeutung ausländischer Fachkräfte

Der Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt, Krzysztof Blau, betonte, nötig sei eine gute Stimmung, denn die Menschen, die Deutschland und Sachsen-Anhalt brauchten, kämen freiwillig.

"Wir sprechen Menschen an, die weltweit unterwegs sind, die sich im Internet über den Standort informieren. Das Ziel wäre, dass wir in Sachsen-Anhalt eines der freundlichsten Aufnahmeländer für Fachkräfte sein sollten. Das wäre Agenda – vielleicht – 2026", erklärte Blau. Mamad Mohamad sagte: "Die zentrale Herausforderung ist, Integrationsförderung und Zuwanderungskontrolle in Balance zu bringen."

Eine Mann auf einer Demonstration mit einem Plakat
Am 21. März ist in Magdeburg am Internationalen Tag gegen Rassismus eine Kundgebung geplant. Bildrechte: picture alliance/dpa | Roberto Pfeil

Internationale Wochen gegen Rassismus

Unter dem Motto "Menschenwürde schützen" haben am 17. März die Internationalen Wochen gegen Rassismus begonnen. Nach Angaben der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sind bis zum 30. März bundesweit zahlreiche Veranstaltungen geplant, die sich mit Rassismus, Antisemitismus und gesellschaftlicher Ausgrenzung auseinandersetzen. Die Aktionswochen wollen ein Zeichen für Vielfalt und Zusammenhalt setzen. Dazu sind in mehreren Städten unter anderem Theateraufführungen, Lesungen und Workshops geplant.

In Magdeburg organisiert die Stadtbibliothek Workshops für Jugendliche, in denen Erfahrungen mit Rassismus thematisiert werden. Lesungen beschäftigen sich mit Schach als verbindendem Element zwischen Kulturen und mit Musik. Ein zentrales Ereignis ist die Kundgebung auf dem Alten Markt am kommenden Freitag, dem Internationalen Tag gegen Rassismus.

In Genthin wurde die Aktionsreihe heute mit einer Kunstaktion eröffnet: Hier soll ein überdimensionaler Kranich gefaltet werden als Zeichen für Vielfalt und Zusammenhalt. Außerdem können Interessierte im AWO-Treff in der Stadt bei einem Workshop über Hass im Netz und Fake News diskutieren. Zusätzlich rücken Vorträge gesellschaftliche Ungleichheiten und Diskriminierung im Alltag in den Fokus.

Auch Wittenberg beteiligt sich mit einer Veranstaltung zu Alltagsrassismus an dem Projekt. Die Internationalen Wochen gegen Rassismus finden in diesem Jahr bundesweit zum 50. Mal statt.

Vor Beginn einer Menschenkette tragen zwei Mädchen Schirme mit bunten Bändern als Zeichen für "Grevesmühlen ist bunt".
Das Motto der diesjährigen Motto Internationalen Wochen gegen Rassismus: "Menschenwürde schützen" Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd Wüstneck

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dpa, MDR (Engin Haupt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 18. März 2025 | 19:00 Uhr

101 Kommentare

Frustriert vor 5 Wochen

Sie sind eine von den Menschen, die diese Gesellschaft spalten. Denn eigentlich wollen Sie doch nur, dass alle es genau so machen, wie es ihnen gefällt: Maske aufsetzen, obwohl sie nachweislich nicht schützt, in unbegrenztem Maße Flüchtlinge aufnehmen , obwohl Integration so nicht zu schaffen ist, gegen Ossis und RECHTS zu hetzen…. Wer da nicht mitmacht, ist ein Demokratiefeind. Manche Menschen benutzen ihren gesunden Menschenverstand und äußern ihre Bedenken und werden dafür dann von Ihnen in irgendeine Ecke gestellt. - Ich greife übrigens weder Kinder noch Erwachsene mit oder ohne Migrationshintergrund an und heiße das auch nicht gut. Dennoch möchte ich bei Fehlverhalten die Möglichkeit haben dieses zu kritisieren, ohne gleich ein NAZI zu sein.

Anuk vor 5 Wochen

Wer Angriffe auf Kinder, egal welcher Ethnie oder Religion nicht rigoros und ohne irgendwelche Ausflüchte verurteilt ist in meinen Augen ein moralisch verkommenes Schwein!
Gerne dürfen mir solche Leute erklären, warum ein kleines Mädchen es in ihren Augen wohl verdient hat von irgend einem keifendem Deutschen bedroht und eingeschüchtert zu werden.

Mit solchen primitiven rassistischen Menschen ist leider kein Staat zu machen, insbesondere wenn sich diese Typen als Mehrheit fühlen und entsprechend agieren. Solche Menschen benötigt niemand dem etwas an einer lebenswerten Gesellschaft liegt und sie sind sicher kein Pull Faktor mit dem Sachsen-Anhalt im Kampf um dringend benötigte Arbeitskräfte punkten kann.
Ein Blick auf die Altersstruktur von SH zeigt, dass das Land immer mehr vergreist. Es gab mal ein untergegangenes Land das hatte auch ein massives Arbeitskräfteproblem und musste seine Bevölkerung bis ins Rentenalter im Land einsperren.

Ines W. vor 5 Wochen

Komisch, aber wir leben in einer repräsentativen Demokratie und es ist nicht notwendig wegen jeder Entscheidung bei ihnen nachzufragen.
Sie würden doch eh nur akzeptieren was ihnen passt.

Nicht mal akzeptieren können, dass man irgendwo ne Maske zum Schutz der Mitmenschen aufzieht, aber ständig glauben man vertrete mit seinen Außenseiterpositionen irgendeine Mehrheit.

Kinder angreifen und beleidigen ist ein NoGo, egal ob man sie vorher gefragt hat ob dieses Kind in unser Land kommen darf oder nicht. Es werden ja auch deutsche Kinder so angepöbelt, weil ein Rassist sich in der Regel weder Einkommenssteuernachweise oder Geburtsurkunden zeigen lässt bevor er pöbelt und prügelt.

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