Geplante Reform Schulschließungen und Einnahmenverluste? Bildungsministerium weist Kritik an neuem Schulgesetz zurück
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02. Oktober 2024, 09:41 Uhr
Sachsen-Anhalt soll angesichts sinkender Schülerzahlen ein neues Schulgesetz bekommen. Die Pläne der Landesregierung sehen unter anderem höhere Mindestschülerzahlen vor. Dagegen regt sich Widerstand. Die großen Städte im Land befürchten Schulschließungen und Einnahmeverluste. Das Bildungsministerium weist die Kritik am Wegfall der sogenannten Gastschulbeiträge zurück.
- In Sachsen-Anhalt kritisieren die Städte Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau die geplante Schulgesetzreform.
- Teilweise befürchten die Städte auch Einnahmeverluste, weil Gastschulbeiträge wegfallen sollen. Das Bildungsministerium weist diese Kritik zurück.
- Mit der Neuregelung des Schulgesetzes will die Landesregierung angesichts sinkender Kinderzahlen einen Plan für langfristig tragfähige Schulen vorlegen.
Die Städte Dessau-Roßlau, Halle und Magdeburg befürchten durch das geplante Schulgesetz des Landes Schulschließungen. Wie die Stadt Dessau-Roßlau mitteilte, würde das vor allem Grund- und Sekundarschulen in den Ortschaften der Stadt betreffen.
Stadt Halle befürchtet, dass elf Schulen die Vorgaben nicht erfüllen
Gerade diese Schulen seien aber besonders wichtig, sagte Eter Hachmann, Beigeordnete für Soziales, Bildung, Jugend und Senioren in Dessau-Roßlau. "Es sind die kleinen Schulen, an denen Integration und ein soziales Miteinander beispielhaft gelingt. Es ist ein sozial- und bildungspolitischer Rückschritt, was da geplant ist und kein zukunftsfähiges Modell." Die Stadt wolle deshalb auf die Landesregierung zugehen und Gespräche zu dem Thema führen.
Auch die Stadt Halle äußerte Bedenken zum geplanten Schulgesetz. Wie ein Sprecher der Stadt auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, könnten acht der 32 Grundschulen der Stadt die neuen Vorgaben nicht erfüllen. Gleiches gelte für die drei Sekundarschulen im Stadtgebiet.
Auch Einnahmeverluste befürchtet
Gleichzeitig befürchten Magdeburg und Halle durch das geplante Schulgesetz herbe Einnahmeverluste. Nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung sollen die sogenannten Gastschulbeiträge wegfallen. Dabei handelt es sich um Geld, das Halle und Magdeburg für Schulkinder bekommen, die in anderen Gemeinden leben. Diese Gemeinden zahlen an die Großstädte dafür einen Ausgleich, den Gastschulbeitrag. Sollte dieses Geld wegfallen, hätten Halle und Magdeburg nach ihren Angaben jeweils etwa 1,5 Millionen Euro weniger Geld in der Stadtkasse.
Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass die Stadt gesetzlich verpflichtet sei, Gastkinder aufzunehmen. Das gilt demnach bei Grundschulen, Sekundarschulen oder Förderschulen. Nach dem Entwurf für das neue Schulgesetz solle die Stadt aber von den Kommunen dafür keinen Gastschulbeitrag mehr erheben dürfen. "Es ist eine Herausforderung, dass ich etwas vorhalte und keine Beiträge erheben kann. Das geht so nicht."
Halles Bürgermeister: "Wer bestellt, bezahlt auch!"
Halles Bürgermeister Egbert Geier (SPD) forderte einen finanziellen Ausgleich vom Land, sollten die Gastschulbeiträge wegfallen. Wenn die Stadt trotzdem die Leistung erbringen müsse, dann müsse das Land dieses Defizit in voller Höhe ausgleichen. Er erwarte, dass das Land die kreisfreien Städte Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau mit den finanziellen Auswirkungen des geplanten Gesetzes nicht im Regen stehen lasse. Geier wörtlich: "Wer bestellt, bezahlt auch!"
Bildungsministerium weist Kritik der Städte zurück
Sachsen-Anhalts Bildungsministerium weist die Kritik der Städte Halle und Magdeburg an der Reform des Schulgesetzes zurück. Wie das Ministerium MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, fallen zwar die Gastschulbeiträge nach Rücksprache mit den kommunalen Spitzenverbänden weg. Allerdings hätten die Schulträger weiterhin die Möglichkeit, untereinander Geldzahlungen zu vereinbaren. Zudem seien Halle und Magdeburg dadurch entlastet worden, dass die dort angesiedelten Schulen des zweiten Bildungsweges ans Land übergegangen seien. Die beiden Städte profitierten daher künftig auch von Mietzahlungen des Landes.
Die Sorge vor einer großen finanziellen Belastung könne man daher nicht verstehen, hieß es. Die aktuellen Regelungen habe man als nicht mehr zeitgemäß erachtet. Zudem hätten sie zu Verwaltungsaufwand und Kosten geführt. Durch die neue Regelung würden personelle und finanzielle Ressourcen frei.
Neues Schulgesetz in Sachsen-Anhalt sieht höhere Mindestschülerzahlen vor
Nach dem neuen Gesetz soll ab August 2027 eine Mindestschülerzahl pro Schuljahrgang in Grund- und Gemeinschaftsschulen gelten. In den drei kreisfreien Städten Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau soll sie bei 25 liegen. Auf dem Land ist für Grundschulen die Mindestgröße von 15 Schülern geplant, 20 an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sowie 25 an Gesamtschulen und Gymnasien. In einem ersten Entwurf hatte Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) auch auf dem Land höhere Schülerzahlen geplant. Nach Einwänden – unter anderem des Landkreistages – war das aber verworfen worden.
Das Gesetz sieht auch vor, dass es an weiterführenden Schulen künftig mindestens drei Klassenzüge pro Jahrgang gibt. Nach Angaben der Stadt Magdeburg wären dadurch konkret drei Gemeinschaftsschulen gefährdet: die "GmS Thomas Mann", die "GmS Heinrich Heine" und die "GmS Thomas Müntzer". Sie seien zu klein, um mindestens drei Klassenzüge pro Jahrgang zu bilden. Sie brauchten deshalb Sondergenehmigungen, sollte das neue Schulgesetz wie geplant in Kraft treten, so die Stadt Magdeburg.
Insgesamt hätte es laut Stadt in diesem Jahr bis zu 18 Klassen weniger im Stadtgebiet gegeben, wenn das geplante neue Schulgesetz bereits gelten würde. Schüler aus abgelegeneren Gegenden müssten weitere Schulwege auf sich nehmen.
Plan zur Bekämpfung des Lehrermangels
Angesichts des Fachkräftemangels und der sinkenden Kinderzahlen soll mit der Änderung des Schulgesetzes ein Plan für langfristig tragfähige Schulen vorgelegt und gegen den Lehrermangel vorgegangen werden. Die Landesregierung hatte den Entwurf am Dienstag (24. September) in der zweiten Fassung einstimmig beschlossen. Nun ist der Landtag am Zug.
MDR (Linus-Benedikt Zosel, Marcel Knop-Schieback, Norma Düsekow, Hannes Leonard, Engin Haupt, Christoph Dziedo, Maren Wilczek, Lukas Mauri, Kalina Bunk) | Erstmals veröffeentlicht am 26.09.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. Oktober 2024 | 18:00 Uhr
astrodon vor 1 Wochen
@Paul: Eine der Ursachen ist aber die sinkende Zahl von Schülern, eine weitere die fehlende Ausbildung der Nachwuchslehrer in den 90er und 200er Jahren. Daher die hohen Zahlen derer, die den Job verlassen.
Bei Respektmangel, Gewalt und übergriffigen Eltern haben Sie zweifelsohne Recht.
Die überiwegend zahl der Lehrer schafft es aber, guten Unterricht zu machen - ob mit oder ohne Lehrbuch. Und niemand kann behaupten, jemand könne "politisch neutral" sein - auch Lehrer nicht.
Nudel81 vor 1 Wochen
@Peter: Was haben Krankenhäuser mit Schulen zutun? Miserabel Bildungspolitik von Land und Bund haben zu einer ernsten Krise geführt. Schlechte Ausstattung der Schulen mit Lehrern und moderner Technik zerstört die Zukunft der Kinder. Aber wenn wundert es da im Bundesetat 25 vorgesehen: Rüstung 50Mrd und für Bildung 25Mrd. Da sieht man was der Regierung wichtig ist.
Und @Peter an der schlechten Bildungspolitik im Land noch im Bund ist die AfD schuld!😉
Paul90 vor 1 Wochen
Ein Arzt würde sagen, Ihr bekämpft die Symptome, nicht die Ursache der Krankheit!
Warum gibt es denn zu wenig Lehrer? ... Weil den Job keiner machen will!
Und das liegt NICHT an der Bezahlung und auch NICHT an der zu hohen Stundenzahl sondern an der Gesellschaft, an uns allen, die wir zulassen,
dass es an Schulen insbesondere gegenüber Lehrerinnen respektlose und gewalttätige Schüler gibt.
Dass Eltern die Lehrer verklagen wenn Thorben- Lasse eine schlechte Note bekommen hat.
Und dass Lehrer, ähnlich wie in der DDR, ihre politische Meinung zu Hause lassen und Dinge unterrichten müssen, die sie selber ganz anders sehen.
Schule hat politisch neutral und am wirklichen Leben orientiert zu sein. Ich lade jeden ein, sich einmal die Schulbücher anzusehen, damit würde ich auch nicht unterrichten wollen.