Europa- und Kommunalwahlen 2024 Glosse zur Briefwahl: Uli Wittstock kämpft mit "Wahlzettelei"
Hauptinhalt
07. Juni 2024, 18:58 Uhr
Es wird gewählt am Wochenende. Für MDR-Reporter Uli Wittstock heißt das: Er ist im Einsatz. Deshalb hat er sein Kreuz schon mal per Briefwahl gesetzt. Einfach war das nicht. Denn Briefwähler müssen findig sein, vor allem beim Falten.
- Geheime Wahl: Wie man zu Hause am besten Privatsphäre herstellt.
- Richtig kreuzen: Das Schreibgerät ist entscheidend.
- Stimmzettel in den Umschlag: Nach wie viel Faltungen wird die Wahl ungültig?
Dass Europa eine große Idee ist, merkt man schon am Umfang des Wahlzettels, der den Briefwahlunterlagen beiliegt. Der ist so groß wie eine mittlere Wanderkarte, insgesamt neunmal gefaltet und bietet wohl für so ziemlich jede politische Idee eine Heimat. Doch die Neugier hat ihren Preis, ist nämlich der Stimmzettel erst mal entfaltet, dann lässt er sich nicht mehr so einfach zusammenlegen. Man kennt das ja auch von Stadtplänen.
Damit man als mündiger Wahlbürger alles richtig macht, gibt es zwar keine Faltanleitung, dafür aber andere Hinweise. Zunächst also soll man geheim seine eigene Stimme in Form eines Kreuzes bei der Partei seines Herzens machen. Dazu muss man sich zu Hause keine Wahlkabine bauen, da reicht auch der alte Trick aus der Schule: zum Beispiel mit einem Löschpapier als Sichtschutz. Oder man geht vom Wohnzimmer in die Küche, um mal kurz unbeobachtet zu sein. Wer Single ist, hat diese Probleme natürlich eher nicht so sehr.
Ankreuzen und Falten
In Abgeschiedenheit und Konzentration erfolgt dann also der eigentliche Wahlvorgang, sozusagen das Kernstück der demokratischen Meinungsbildung. Um seine Meinung kund zu tun, reicht bei der Europawahl ein einfaches Kreuz. Dieses zu setzen sind Bleistifte, Farbstifte, Kopierstifte, Tintenstifte, Kugelschreiber, Faserstifte, Filzstifte und ähnliche Schreibgeräte zugelassen. Bei Lippenstiften scheint die Rechtslage hingegen unklar zu sein.
Ist das Kreuz gemacht, dann kommt streng nach Anleitung der zweite Schritt, nämlich den Stimmzettel – unbeobachtet natürlich – in den weißen Stimmzettelumschlag legen und diesen dann zukleben. Damit das nicht misslingt, gibt es sogar die dazu passenden Bildchen wie bei einer Ikea-Aufbauanleitung. Nur leider führt diese Anleitung in die Irre, denn der Stimmzettel passt nicht in den Stimmzettelumschlag.
Zukleben mit Speichelprobe
Theorie und Praxis finden da offenbar nicht zusammen. Oder hat man jetzt etwa den falschen Umschlag gegriffen? Also schiele ich unbeobachtet nach dem anderen Umschlag. Aber nein, auch der passt nicht. Was also tun? Den Zettel mit der Schere kürzen, macht wenig Sinn. Denn dann würde ich meine eigene Stimme beschneiden. Also einfach den Zettel noch einmal falten, in der Hoffnung, dass dies nicht der Bundeswahlordnung entgegensteht.
Damit der Umschlag klebt, muss man ihn übrigens anlecken – wahrscheinlich eine Art Speichelprobe. Hat man das geschafft, dann muss man noch den Wahlschein ausfüllen. Aber welch Wunder: Auch der passt nicht in den dafür bereitliegenden Wahlbriefumschlag. Also wird auch der Wahlschein ebenfalls noch einmal gefaltet. Vorher natürlich unterschreiben, damit klar ist, dass dies keine Scheinwahl ist, sondern dass der Wahlbürger Wittstock hier tatsächlich sein Kreuz gesetzt hat.
Alarm im Wahlamt
In diesen Wahlbriefumschlag kommt dann auch noch der Stimmzettelumschlag, der diesmal auch wirklich reinpasst. Auch klebt der Umschlag super – ganz ohne anlecken. Allerdings erinnert nun das Ganze nach all den Faltungen eher an eine Briefbombe als an eine Stimmabgabe. Hoffentlich gibt's da keinen Alarm im Wahlamt.
In besonderen Ausnahmefällen kann man einen Wahlschein auch noch am Wahltag bis 15 Uhr beantragen, zum Beispiel wenn bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung der Wahlraum nicht oder nur unter nicht zumutbaren Schwierigkeiten aufgesucht werden kann.
MDR (Daniel Salpius)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Juni 2024 | 08:00 Uhr
DanielSBK vor 21 Wochen
Das mit "selbstklebend" ist wahrscheinlich zu teuer für die öffentliche Verwaltung ... kenne da Fälle, da müssen die Mitarbeiter selbst die abgenutzten Bleistifte mit 2cm Restlänge oder alte Radiergummis noch bei der Kämmerei abgeben um einen neuen Bleistift an der Ausgabe zu bekommen ...... da sieht man mal, wo das ganze Steuergeld hingeht - nach Peru z.B. oder Fidschi wo Bärbock mit ihrem Friseurteam hinfliegt.
pwsksk vor 21 Wochen
Ich war gerade wählen.
Und ich stimme dieses mal Herrn Wittstock zu.
Aber zur Wahl in den "Wahlkabinen" kann ich wirklich nur noch ironisch schreiben. Wenn ich 4 Wahlzettel bekomme, von denen 3 größer sind als das Brett, auf dem ich diese ausbreiten muss, ist das schon nicht mehr witzig. Und die Kandidatenlisten mit jeweils ca. 50 Personen und/oder mehr lassen mein Demokrativerständnis ausufern. Der Zettel der Europawahl war aber wenigstens übersichtlich.
steka vor 21 Wochen
Is aber auch ernst. Und von den über dreißig Parteien sind mir eh nur etwa 6 oder 7 bekannt. Und eine von denen habe ich gewählt. Eine Partei "für einen selbstständigen Gemüseladen" war schon bei Tucholky chancenlos.
Oder geht es den vielen Partreigründern nur ums Abkassieren und Privilegien ?