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Kritik an FinanzierungSchuldenbremse ausgetrickst: Eine Milliarde Euro für Neubau an Uniklinik Magdeburg

09. Oktober 2024, 08:40 Uhr

Eine Milliarde Euro kostet der Bau eines neuen zentralen Gebäudes am Universitätsklinikum in Magdeburg. Geld, das das Land nicht mal eben auf der hohen Kante hat. Um das Bauprojekt trotzdem finanzieren zu können, umgeht die Landesregierung die Schuldenbremse.

Für etwas mehr als eine Milliarde Euro wird am Universitätsklinikum in Magdeburg der neue "Campus Zentralklinikum" gebaut. Am Montagvormittag fand der symbolische Spatenstich statt. Landesregierung und Klinikleitung feierten die umfangreichste Baumaßnahme in der 70-jährigen Geschichte des Uniklinikums. Doch die Finanzierung des Projekts wirft Fragen auf.

Weil das Land selbst durch die Schuldenbremse eingeschränkt wird, was Ausgaben wie für solche Bauprojekte angeht, hat sie die Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft (IPS) gegründet. Diese ist Bauherrin und Eigentümerin des neuen "Campus Zentralklinikum". Das Universitätklinikum selbst muss sich anschließend einmieten. Dabei reicht das Geld schon jetzt vorne und hinten nicht.

Kritik am Finanzierungsmodell

An der Tatsache, dass Geld in die Uniklinik in Magdeburg investiert werden muss, zweifelt niemand, auch der Landesrechnungshof nicht. "Es geht nicht um die Frage, ob die Universitätsklinik einen Investitionsbedarf hat, sondern es geht vielmehr um die Frage, wie das Geld dafür zur Verfügung gestellt wird", schreibt der Landesrechnungshof auf MDR-Anfrage.

Es geht um die Frage, wie das Geld für die Universitätsklinik zur Verfügung gestellt wird.

Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt

Das Geld für das Bauvorhaben an der Uniklinik hat Sachsen-Anhalt nicht auf der hohen Kante, immerhin handelt es sich insgesamt um etwas mehr als eine Milliarde Euro. Das Land muss sich also weiter verschulden, um die Baukosten stemmen zu können. Dem entgegen steht die Schuldenbremse. Die Landesregierung um Finanzminister Michael Richter (CDU) hat jedoch einen Weg gefunden, die Schuldenbremse zu umgehen.

So soll der Neubau an der Uniklinik Magdeburg nach der Fertigstellung aussehen. Bildrechte: Universitätsklinikum Magdeburg | Lohfert & Lohfert AG

Landeseigenes Unternehmen baut

Sachsen-Anhalt hat 2022 die Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft gegründet. Bauprojekte wie der Neubau am Uniklinikum werden also nicht mehr vom Land übernommen, sondern von der IPS, einem landeseigenen Unternehmen. Die Gebäude gehören rechtlich also nicht dem Land. Sachsen-Anhalt nimmt bloß den Kredit auf, mit dem die Immobiliengesellschaft bei ihrem Bauprojekt finanziell unterstützt wird.

Spatenstich: Landesregierung und Klinikleitung feiern den Start des Bauprojektes. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Man sei zu dem Ergebnis gelangt, dass das mit der Schuldenbremse vereinbar sei, erklärt der Finanzminister im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT. "Wir schaffen damit natürlich auch eine Vermögensmehrung, wenn hier nachher entsprechend gute Funktionsgebäude an der zentralen Universitätsklinik stehen", so Richter. Zudem wird Geld an die IPS zurückfließen, denn die Uniklinik muss ihr Miete zahlen.

Frage der Mietkosten

Auch wenn die genauen Mietkosten noch nicht beziffert sind, werden sie die Uniklinik finanziell belasten. Schon jetzt schreibt die Unimedizin in Magdeburg jährliche Verluste im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Laut Richter werden sich die Verluste jedoch um 20 Millionen Euro pro Jahr reduzieren, wenn aus den vielen kleineren Gebäuden auf dem Klinikgelände ein zentrales, großes Gebäude wird.

Die Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt blicken skeptisch auf die Prognose der Landesregierung. Dass die Uniklinik die Mietzahlungen aus eigenen Mitteln stemmen kann, sieht der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Olaf Meister, noch nicht gegeben. "Das heißt dann, der Landeshaushalt muss für diese Summe einspringen", so Meister.

Finanzielle Mehrbelastung befürchtet

Das Land müsste – so die Befürchtung der Grünen – der Universitätsklinik mehr Geld geben, damit sich diese die Mietzahlungen an die landeseigene Immobiliengesellschaft leisten kann. Zudem werde durch das gewählte Finanzierungsmodell über die IPS die parlamentarische Kontrolle ausgehebelt, kritisiert Meister.

Neben Landes- und Bundespolitikern hörten auch Mitarbeiter der Uniklinik dem Ärztlichen Direktor Hans-Jochen Heinze bei seiner Rede zu. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Die nicht klar geregelte Rückzahlung des Milliardenkredits ist auch dem Landesrechnungshof ein Dorn im Auge: "Das geplante Finanzierungsmodell sehen wir äußerst kritisch." Wie auch die Grünen sieht der Rechnungshof die Gefahr, dass zukünftige Haushalte zusätzlich belastet werden. Einig ist man sich jedoch in einem: "Die Tatsache, dass investiert wird, ist tatsächlich positiv zu sehen", so Meister. Die Investitionen seien nötig.

Neubau soll Patienten nutzen

Nutzen soll das im Endeffekt dann auch den Patientinnen und Patienten. Von der Notaufnahme bis hin zum neuen Herzzentrum würden sich die Laufwege verbessern, betont der Ärztliche Direktor Hans-Jochen Heinze. Man schaffe damit auch "eine extrem freundliche Umgebung für die Patienten", die dann genau wüssten, wo sie hin müssen.

Wenn der neue "Campus Zentralklinikum" eines Tages fertig ist, soll das Umherirren der Patientinnen und Patienten zwischen all den einzelnen Gebäuden dann also ein Ende haben.

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MDR (Engin Haupt) | Erstmals veröffentlicht am 07.10.2024

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 07. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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