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Die Waffenbehörden sollen AfD-Mitgliedern die Erlaubnis entziehen – diese wiederum berufen sich auf das Waffengesetz und üben Kritik. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Extremismusverdacht AfD-Mitglieder sollen Waffen abgeben

08. August 2022, 16:18 Uhr

Weil der Verfassungsschutz die AfD als "Verdachtsfall" führt, beginnen Sachsen-Anhalts Behörden mit der Entwaffnung von Parteimitgliedern. In Magdeburg gehört zu den fünf Betroffenen auch ein Stadtrat. Neue Erlaubnisse auf Waffenbesitz sollen vorerst auch nicht erteilt werden. Landeschef Martin Reichardt spricht von "staatlichen Repressalien gegen Oppositionspolitiker".

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Sachsen-Anhalts Behörden gehen gegen Waffenbesitzer mit AfD-Parteibuch vor. Die Waffenbehörde der Polizeiinspektion Magdeburg hat zuletzt fünf ​​Widerrufsverfahren gegen Mitglieder der AfD und ihrer Jugendorganisation der Jungen Alternative eingeleitet. Ihnen soll die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen werden. Das teilte das Landesverwaltungsamt dem MDR am Montag mit.

Eine solche Erlaubnis ermöglicht Jägern oder Sportschützen den Besitz von Waffen. Sie muss beantragt werden. Ausgewiesene Extremisten dürfen eine solche Erlaubnis nicht besitzen. Vor Gericht steht bislang allerdings noch keiner der Fälle.

Magdeburger Stadtrat betroffen

Im Kreisverband Magdeburg sind alle fünf Fälle bekannt. Mit Ronny Kumpf, Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion und Stadtrat in Magdeburg, gehört auch ein Vorstandsmitglied dazu. Die Waffenbehörde teilte Kumpf Ende Mai mit, dass man beabsichtige, ihm seine zwei waffenrechtlichen Erlaubnisse entziehen zu wollen. Das Schreiben liegt dem MDR vor. Berufen wird sich dabei auf die Beobachtung des Landesverbandes durch den Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt.

Kumpf sprach von einer "willkürlich konstruierten Beziehungsschuld". Es gebe keinerlei Angabe, warum er als Einzelperson nicht zuverlässig sei. Er will sich gegen Entscheid rechtlich wehren, sollte die Waffenbehörde nicht einlenken.

AfD-Landeschef Martin Reichardt sagte, er sehe in der Weisung "staatliche Repressalien gegen Oppositionspolitiker". Betroffene Mitglieder werde der Landesverband rechtlich unterstützen, sagte Reichardt.

Waffenbehörden sollen vorerst auch keine neue Erlaubnisse erteilen

Der Vorgang wurde bekannt, weil das Landesverwaltungsamt Anfang Juli eine Weisung an alle Waffenbehörden herausgegeben hatte, wonach AfD-Mitgliedern zunächst keine neuen waffenrechtliche Erlaubnisse erteilt werden sollte. Diese machte wiederum die Landtagsfraktion der Partei öffentlich.

Im Frühjahr hatten sowohl das Verwaltungsgericht Magdeburg als auch das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass der Landesverband der AfD bzw. die gesamte Partei von den Verfassungsschutzbehörden als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" beobachtet werden dürfen. Sollte sich dieser Verdacht abschließend erhärten, könnte die Partei als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft werden. In Magdeburg wurde das Urteil rechtskräftig, in Köln ging die AfD in Berufung.

Bis das Verfahren abschließend entschieden sei, gelte die neue Regelung, so das Landesverwaltungsamt. Es widersprach auch dem Vorwurf, eine Pauschalverurteilung vorzunehmen. So können sich gemäß Waffengesetz Parteimitglieder doch als zuverlässig erweisen, wenn diese verfassungsfeindlichen Ansichten innerhalb Vereinigung "aktiv negieren und/oder sich gegen diese Ansichten innerhalb der Vereinigung einsetzen".

Für die Junge Alternative gelte eine ähnliche Regelung schon länger, schreibt das Verwaltungsamt. Diese wurde bereits 2019 bundesweit als Verdachtsfall eingestuft. Zahlen, wie vielen Mitgliedern in Sachsen-Anhalt seitdem eine waffenrechtliche Erlaubnis entzogen oder verweigert wurde, konnte das Amt nicht nennen.

2021 wurden 15 Extremisten ein Waffenbesitzverbot ausgesprochen

Auch in Thüringen hatte das dortige Innenministerium Anfang Juli ein scharfes Vorgehen der Waffenbehörden gegen AfD-Mitglieder gefordert. Der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner sagte damals dem MDR, eine solche Entscheidung stehe auf "juristisch sicheren Beinen". Allerdings führt der dortige Verfassungsschutz die Thüringer AfD als "erwiesen rechtsextremistisch".

Wer eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt, wird von den Behörden seit einiger Zeit standardmäßig sicherheitsüberprüft. Seit 2020 sieht das entsprechende Gesetz zudem eine turnusmäßige Abfrage aller bereits registrierten Besitzer bei den Verfassungsschutzbehörden vor.

Laut Innenministerium besaßen im Jahr 2021 mindestens 95 Extremisten in Sachsen-Anhalt eine waffenrechtliche Erlaubnis, hatten diese beantragt oder bekamen diese entzogen. Letztere umfassten 15 Fälle. Aus Sicht des Verfassungsschutzes handelte es sich bis auf wenige Ausnahmen um Rechtsextremisten oder sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. Allein die Reichsbürger verfügten zuletzt noch über fast 150 Waffen.

MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. August 2022 | 17:00 Uhr

150 Kommentare

DER Beobachter am 10.08.2022

Eine Behörde hat als Exekutivorgan die Beschlüsse der vom Volk gewählten Legislative umzusetzen. Aber woher sollen das Hilflose in ihrem Wahn auch wissen..

Anni22 am 10.08.2022

@ Peter Können Sie das für Linksextreme oder Islamisten und Amokläufer auschließen? Übrigens zur Erinnerung, die Bürger der DDR waren unbewaffnet. Jedensfalls ohne Schießeisen....

Saxe am 10.08.2022

Wenn die Behörde im Einzelfall entscheidet, dass der Waffenbesitzkarteninhaber zuverlässig im Sinne des WaffG ist, ist das zu akzeptieren. Wenn nicht, steht hm der rechtsweg offen. Entscheidet dann ein Gericht zu Gunsten des Inhabers, muss das von allen Seiten akzeptiert werden.

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