Raum mit Regalen voller Aktenordner
Sachsen-Anhalt erstickt in Bürokratie? Oder brauchen wir all die Verordnungen? (Symbolblid) Bildrechte: MDR/Martin Krause

Lähmende Vorschriften Hilferuf von Sachsen-Anhalts Landräten nach weniger Bürokratie: So stehen die Parteien dazu

19. September 2024, 20:10 Uhr

Sachsen-Anhalts Landräte haben in der letzten Woche einen Hilferuf veröffentlicht. Das Land lege sich selber lahm, durch zu viel Bürokratie. Sie forderten einen grundlegenden Politikwechsel und mehr Vertrauen in die Bürger. Einleiten können diesen Politikwechsel aber nur die gewählten Volksvertreter im Landtag. Wie also stehen die Parteien zu den Forderungen der Landräte.

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MDR-Redakteur Uli Wittstock vor dem Landtag in Magdeburg 1 min
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Sachsen-Anhalt hat 2.300 Verordnungen derzeit. Vor lauter Bürokratie schlagen die Landkreise Alarm. Die Verwaltung kritisiert die Verwaltung. Und MDR-Redakteur Uli Wittstock appelliert an die Abgeordeten. Ein Kommentar.

MDR SACHSEN-ANHALT Sa 14.09.2024 08:00Uhr 00:52 min

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Sachsen-Anhalts Landesverwaltungsamt sorgt für die Umsetzung der Landespolitik – unter Beachtung regionaler Besonderheiten. Dabei ist es für über 1.300 Aufgaben zuständig. Das Amt ist unter anderem für Schwerbehindertenausweise zuständig, kümmert sich um den Verbraucherschutz, genehmigt neue Straßen oder überwacht Chemieanlagen. Gelegentlich vergibt es auch Fördermittel an Künstler. Aber das Landesverwaltungsamt überwacht auch die Arbeit der Landkreise.

Nach Angaben des Landkreistages gebe es mehr als 300 Berichtspflichten. "Der Staat wird so wie er bislang funktioniert hat, nicht mehr funktionieren", erklärte der Wittenberger Landrat Christian Tylsch Ende letzter Woche.

Landtagsparteien für Bürokratieabbau

Keine Partei zieht in den Wahlkampf mit der Forderung nach mehr Bürokratie. Das gilt auch für Sachsen-Anhalt. Das Land hat derzeit rund 2.300 Verordnungen, von denen viele im Landtag beschlossen wurden. Gesetze, Erlasse und Verordnungen sind für die Politik ein wichtiger Hebel, um politische Vorhaben umzusetzen. So wundert es nicht, dass konkrete Aussagen zu Art und Umfang der Entbürokratisierung allgemein bleiben. Die CDU-Landtagsfraktion teilt auf Anfrage mit: "Derzeit denkt die CDU-Landtagsfraktion über die Einsetzung eines parlamentarischen Gremiums zur Erarbeitung und Begleitung konkreter Entbürokratisierungsmaßnahmen nach." Es dürfe dabei keine Denkverbote geben.

Guido Kosmehl im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Guido Kosmehl, FDP-Landtagsabgeordneter, will die Fragen klären, wer welche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen soll. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Die FDP sieht das ähnlich. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Guido Kosmehl fordert eine Aufgabenkritik: "Dabei wären auch die Fragen zu klären, ob und von wem eine bestimmte Aufgabe zukünftig wahrgenommen wird. Die Arbeiten dazu müssen noch in dieser Wahlperiode erfolgen." In zwei Jahren wird ein neuer Landtag in Sachsen-Anhalt gewählt, es bleibt also nicht mehr viel Zeit.

Landtagsopposition ist sich einig

Sowohl Grüne, Linke wie auch die AfD teilen die Kritik der Landräte. Gordon Köhler, stellvertretender Fraktionschef der AfD formuliert es so: "Ein Abbau oder gar eine Auflösung einzelner Landesbehörden ist hierbei nicht undenkbar." Auch die Linken fordern eine Überprüfung der Landesverwaltung, vor allem auch um Doppelstrukturen abzubauen.

Eva von Angern, die Fraktionschefin der Linken, will zwar nicht ohne Prüfung den Abbau einzelner Ämter fordern, aber aus ihrer Sicht gebe es besonders beim Landesverwaltungsamt Änderungsbedarf: "Viele Einrichtungen, Verbände und Kulturorganisationen erleben das Landesverwaltungsamt und seine Arbeitsweise oft als engstirnig und fühlen sich von den Anforderungen, die vom Landesverwaltungsamt für die Dokumentation zur Mittelverwendung gestellt werden, mehr behindert als gefördert." Diese Praxis müsse beendet werden.

Viele Einrichtungen, Verbände und Kulturorganisationen erleben das Landesverwaltungsamt und seine Arbeitsweise oft als engstirnig und fühlen sich von den Anforderungen, die vom Landesverwaltungsamt für die Dokumentation zur Mittelverwendung gestellt werden, mehr behindert als gefördert.

Eva von Angern, Landtagsfraktionschefin der Linken

Wo bleibt die Effizienz?

Und auch die Grünen sehen beim Landesverwaltungsamt Handlungsbedarf, so Cornelia Lüddemann, deren Fraktionschefin: "Statt Effizienz hat diese Zwischenebene in weiten Teilen doppelte Zuständigkeiten geschaffen. Verantwortungen werden zwischen Fachaufsicht (Ministerien) und Verwaltungsbehörde hin- und hergeschoben. Das verlängert Entscheidungswege und schafft Frust."

Fahrplan fehlt

Es geht bei dem Thema aber eben nicht nur um Strukturen, sondern auch Menschen. Allein das Landesverwaltungsamt hat mehr als 1.600 Beschäftigte und entgegen einem landläufigen Vorurteil dürften die meisten von ihnen gut zu tun haben. Und weil der Finanzminister die steigenden Personalkosten auffangen will, hat er nun beschlossen, 60 Stellen im Landesverwaltungsamt nicht wiederzubesetzen. Doch an den umständlichen Verfahren, überbordenden Regelungen und ausufernden Kontrollen ändert das nichts. Der eine oder andere Aktenvorgang wird wohl einfach nur mehr Staub ansetzen.

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Sachsen-Anhalts Landkreise klagen über zu viele Regeln in der Verwaltung. Die Geschäftsführerin des Landkreistages sagte, man kontrolliere sich hin und her. Seit gestern sitzen in Stendal die Landräte zusammen.

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MDR (Uli Wittstock, Sebastian Gall)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. September 2024 | 10:00 Uhr

6 Kommentare

zenkimaus vor 2 Wochen

Je mehr die Parteien über Bürokratie abbau reden, desto mehr wurde es.
Es gibt vieles was abgeschafft werden kann. Auch wir als Bürger können da bestimmt mal gefragt werden und haben einige Vorschläge. Der eine wird dem nicht gefallen und der andere dem nicht. Das ist dann so.
So wie ich unsere Politiker kenne wird das nix.

steka vor 2 Wochen

"Sachsen-Anhalts Landesverwaltungsamt sorgt für die Umsetzung der Landespolitik – unter Beachtung regionaler Besonderheiten. Dabei ist es für über 1.300 Aufgaben zuständig. Das Amt ist unter anderem für ...." u.A. für das sich kümmern um die "nichtzugelassenen Ampelfrauchen" in Halle. Ein Frefel diese Behörde nicht gefragt zu haben, also immer noch gelangweilte Genehmigungsbeamte.

steka vor 2 Wochen

Manchmal frage ich mich, 1835 wurde die erste Eisenbahn samt Lokführer aus England importiert und fuhr die sagenhafte Strecke von 6 km zwischen Nürnberg und Fürth, 1838 fuhr die erste deutsche Lokomotive "Saxonia" zwischen Dresden und Leipzig. 1870 war das deutsche Eisenbahnnetz fast so wie wir es heute kennen. Aber wie stände es für den Eisenbahnverkehr heute wenn damals schon die heutige Bürokratie gegolten hätte einschließlich gewerkschaftlicher "Errungenschaften" ?

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