Lähmende VorschriftenHilferuf von Sachsen-Anhalts Landräten nach weniger Bürokratie: So stehen die Parteien dazu
Sachsen-Anhalts Landräte haben in der letzten Woche einen Hilferuf veröffentlicht. Das Land lege sich selber lahm, durch zu viel Bürokratie. Sie forderten einen grundlegenden Politikwechsel und mehr Vertrauen in die Bürger. Einleiten können diesen Politikwechsel aber nur die gewählten Volksvertreter im Landtag. Wie also stehen die Parteien zu den Forderungen der Landräte.
- Sachsen-Anhalt lähmt sich mit einer überbordenden Bürokratie selbst. So hat etwa der Landkreistag über 300 Berichtspflichten.
- Verändern können das die Parteien im Landtag.
- Mit verschiedenen Maßnahmen soll den Forderung der Landräte nachgekommen werden.
Sachsen-Anhalts Landesverwaltungsamt sorgt für die Umsetzung der Landespolitik – unter Beachtung regionaler Besonderheiten. Dabei ist es für über 1.300 Aufgaben zuständig. Das Amt ist unter anderem für Schwerbehindertenausweise zuständig, kümmert sich um den Verbraucherschutz, genehmigt neue Straßen oder überwacht Chemieanlagen. Gelegentlich vergibt es auch Fördermittel an Künstler. Aber das Landesverwaltungsamt überwacht auch die Arbeit der Landkreise.
Nach Angaben des Landkreistages gebe es mehr als 300 Berichtspflichten. "Der Staat wird so wie er bislang funktioniert hat, nicht mehr funktionieren", erklärte der Wittenberger Landrat Christian Tylsch Ende letzter Woche.
Landtagsparteien für Bürokratieabbau
Keine Partei zieht in den Wahlkampf mit der Forderung nach mehr Bürokratie. Das gilt auch für Sachsen-Anhalt. Das Land hat derzeit rund 2.300 Verordnungen, von denen viele im Landtag beschlossen wurden. Gesetze, Erlasse und Verordnungen sind für die Politik ein wichtiger Hebel, um politische Vorhaben umzusetzen. So wundert es nicht, dass konkrete Aussagen zu Art und Umfang der Entbürokratisierung allgemein bleiben. Die CDU-Landtagsfraktion teilt auf Anfrage mit: "Derzeit denkt die CDU-Landtagsfraktion über die Einsetzung eines parlamentarischen Gremiums zur Erarbeitung und Begleitung konkreter Entbürokratisierungsmaßnahmen nach." Es dürfe dabei keine Denkverbote geben.
Die FDP sieht das ähnlich. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Guido Kosmehl fordert eine Aufgabenkritik: "Dabei wären auch die Fragen zu klären, ob und von wem eine bestimmte Aufgabe zukünftig wahrgenommen wird. Die Arbeiten dazu müssen noch in dieser Wahlperiode erfolgen." In zwei Jahren wird ein neuer Landtag in Sachsen-Anhalt gewählt, es bleibt also nicht mehr viel Zeit.
Landtagsopposition ist sich einig
Sowohl Grüne, Linke wie auch die AfD teilen die Kritik der Landräte. Gordon Köhler, stellvertretender Fraktionschef der AfD formuliert es so: "Ein Abbau oder gar eine Auflösung einzelner Landesbehörden ist hierbei nicht undenkbar." Auch die Linken fordern eine Überprüfung der Landesverwaltung, vor allem auch um Doppelstrukturen abzubauen.
Eva von Angern, die Fraktionschefin der Linken, will zwar nicht ohne Prüfung den Abbau einzelner Ämter fordern, aber aus ihrer Sicht gebe es besonders beim Landesverwaltungsamt Änderungsbedarf: "Viele Einrichtungen, Verbände und Kulturorganisationen erleben das Landesverwaltungsamt und seine Arbeitsweise oft als engstirnig und fühlen sich von den Anforderungen, die vom Landesverwaltungsamt für die Dokumentation zur Mittelverwendung gestellt werden, mehr behindert als gefördert." Diese Praxis müsse beendet werden.
Viele Einrichtungen, Verbände und Kulturorganisationen erleben das Landesverwaltungsamt und seine Arbeitsweise oft als engstirnig und fühlen sich von den Anforderungen, die vom Landesverwaltungsamt für die Dokumentation zur Mittelverwendung gestellt werden, mehr behindert als gefördert.
Eva von Angern, Landtagsfraktionschefin der Linken
Wo bleibt die Effizienz?
Und auch die Grünen sehen beim Landesverwaltungsamt Handlungsbedarf, so Cornelia Lüddemann, deren Fraktionschefin: "Statt Effizienz hat diese Zwischenebene in weiten Teilen doppelte Zuständigkeiten geschaffen. Verantwortungen werden zwischen Fachaufsicht (Ministerien) und Verwaltungsbehörde hin- und hergeschoben. Das verlängert Entscheidungswege und schafft Frust."
Fahrplan fehlt
Es geht bei dem Thema aber eben nicht nur um Strukturen, sondern auch Menschen. Allein das Landesverwaltungsamt hat mehr als 1.600 Beschäftigte und entgegen einem landläufigen Vorurteil dürften die meisten von ihnen gut zu tun haben. Und weil der Finanzminister die steigenden Personalkosten auffangen will, hat er nun beschlossen, 60 Stellen im Landesverwaltungsamt nicht wiederzubesetzen. Doch an den umständlichen Verfahren, überbordenden Regelungen und ausufernden Kontrollen ändert das nichts. Der eine oder andere Aktenvorgang wird wohl einfach nur mehr Staub ansetzen.
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MDR (Uli Wittstock, Sebastian Gall)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. September 2024 | 10:00 Uhr
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