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Landtagswahl 2021AfD stellt Pläne vor: Das steckt im Programm für die Landtagswahl

29. März 2021, 18:30 Uhr

Die AfD hat am Montag das Programm zur Landtagswahl im Juni vorgestellt. Die Partei will die derzeitige Corona-Politik beenden und macht große Versprechungen in der Familien-, Sozial- und Bildungspolitik.

"Alles für unsere Heimat" – unter diesem Titel hat die Führung der AfD in Sachsen-Anhalt am Montag das Programm zur Landtagswahl im Juni vorgelegt. Die im Januar vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte Landespartei will damit vor allem die "einheimische Bevölkerung" fördern, heißt es darin.

Der Fokus liegt auf der Corona-, der Familien- und der Zuwanderungspolitik. Bei Letzterer sollen Asylbewerbern etwa die Leistungen erheblich gekürzt und stärker bürokratisiert werden. Generell sieht sich die AfD als Einzelkämpferin gegen einen angeblich "linksradikalen" Zeitgeist. Von einer "herrschenden Politik, die gegen unsere Interessen gerichtet ist", ist da die Rede oder vom "Krieg gegen die eigene Bevölkerung".

Die Kernpunkte sind: leider Corona als allererstes, wir haben die Familienpolitik im Blick (...), das Thema Asyl, das Thema Soziales. (...) Und es ist natürlich auch so, dass wir wieder Nichtwähler generieren wollen.

Oliver Kirchner, AfD-Spitzenkandidat

Corona-Eindämmungsverordnungen sollen zurückgenommen werden – gleichzeitig verbreitet die Partei Falschbehauptungen

Die AfD will alle Corona-Eindämmungsverordnungen zurücknehmen. Die Menschen sollen sich stattdessen eigenverantwortlich gegenseitig schützen. Eine Impfpflicht lehnt man ab. Von der Pandemie betroffene Unternehmen sollen von der Politik einen "Schadenersatz" erhalten.

Begründet und unterlegt werden solche Vorschläge teilweise auch mit Falschbehauptungen oder widersprüchlichen Aussagen. So schreibt man, das Corona-Virus sei "kein Killervirus" und mit einer schweren Grippewelle vergleichbar. Das ist falsch. Die Infektionssterblichkeit bei Sars-Cov-2 ist höher als bei der Influenza, es gibt zahlreiche mögliche Folgeschäden. Auch ist die Behauptung falsch, dass Schnelltests in die Corona-Statistiken einfließen würden.

Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel sollen künftig vom Land selbst produziert werden ("landeseigene Produktion"), heißt es an einer Stelle, an anderer dann, dass "einheimische Unternehmen" die Produktion übernehmen sollten. Zur Überlastung des Gesundheitssystems schreibt man zuerst, sie sei lediglich "hypothetisch", später dann wieder, während der Pandemie seien die "Intensivstationen überlastet" gewesen.

In jedem Fall fordert die Partei mehr Personal in der Intensivpflege. Einen Vorschlag, wo die dringend benötigten Fachkräfte herkommen sollen, macht sie nicht. Allerdings sollen die Gehälter auf West-Niveau angeglichen werden.

Umfangreiche Versprechungen in der Sozialpolitik – derweil Umbau der Zivilgesellschaft und Abschaffung der Inklusion

Geht es nach der AfD, wird im Wahlprogramm allerhand für Familien versprochen. Neue Gesetze und Verordnungen sollen zukünftig auf ihre Familienfreundlichkeit geprüft werden. Familien mit Kindern könnten Kultureinrichtungen kostenlos besuchen, Schüler ein kostenloses Tickets für den ÖPNV erhalten. Kinder und Jugendliche sollen auf Landeskosten Mitglied in einem Sportverein sein dürfen, Krippe und Kindergarten für alle kostenlos werden. Durch Absenkung der gesetzlichen Mindestvoraussetzungen will die Partei zudem weitere Schulschließungen verhindern.

Obendrein sollen Paaren mit einem oder mehren Kindern einen "zinsvergünstigten Kredit bis zu einer Höhe von 300.000 Euro" erhalten, mit dem sie ein Haus bauen oder eine Wohnung kaufen können. Wie hoch die Gesamtkosten für all diese Vorschläge sein dürften, steht nicht im Programm.

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Derweil haben gleich mehrere Forderungen in der Bildungs- und Zuwanderungspolitik Sprengkraft für das gesellschaftliche Miteinander im Land. So sieht die Partei in der Einbeziehung der Lebensrealitäten von homo- und transsexuellen Menschen in der Vorschul- und Grundschulbildung eine "perverse Frühsexualisierung", die es zu bekämpfen gilt. Gendergerechte Sprache soll zudem mit einer landesweiten Richtlinie unterbunden werden. "Alle Programme zur Förderung speziell von Frauen sind einzustellen", heißt es im Bereich Bildungswesen. An den Schulen sollen darüber hinaus die Inklusion, also das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern, beendet werden. Und zukünftig soll nur noch ein Viertel aller Kinder aufs Gymnasium gehen.

Rund 10 Millionen Euro soll es jährlich für Brauchtumspflege geben. Der AfD unliebsame Kulturveranstaltungen sollen im Gegenzug die Fördermittel entzogen werden. Auch das Programm "Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage" soll keine Landesmittel mehr erhalten, ebenso Projekte der Willkommenskultur. Kinder von Geflüchteten sollen künftig in eigene Klassen ausgegliedert werden. Das Wahlalter für Bundes- und Landtagswahlen soll bei 18 Jahren bleiben. 

Finanzierung des umfangreichen Forderungskatalogs mindestens fraglich – die AfD will keine neuen Schulden

Geht es nach der AfD, werden bald keine neuen Windräder in Sachsen-Anhalt mehr gebaut. Ältere müssen zudem eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bestehen. Die Landwirtschaft soll "national autark" werden, ökologischer und konventioneller Anbau dabei gleichermaßen gefördert werden.

Bei vielen Forderungen nach einem Mehr-an fehlen konkrete Zahlen, etwa bei der Zahl der Förster. Anders bei der Polizei: Hier will die AfD "mittelfristig" auf mindestens 7.500 Vollzugsbeamte kommen. Die Befugnisse der Ermittlungsbehörde sollen zudem ausgeweitet werden. Auch die Feuerwehren sollen gefördert werden, Kommunen und Vereine zudem von Bürokratiehilfen bis -abbau profitieren.

Bemerkenswert sind all diese Forderungen in ihrer Summe, weil die AfD in ihrem Programm auch schreibt, "keine neuen Schulden" machen zu wollen. Die teils erheblichen Mehrausgaben sollen demnach allein durch die Überprüfung bestehender Fördermaßnahmen, Einschränkungen bei Beraterverträgen und Streichungen von Asylleistungen erreicht werden.

Derweil sollen auch die Kommunen finanziell gestärkt, im ländlichen Raum Krankenhäuser rekommunalisiert werden und jährlich 180 Millionen Euro investiert werden.

Einige Forderungen dürften nicht mit Grundgesetz- oder EU-Recht vereinbar sein – Verfassungsschutz soll beschnitten werden

Andere Vorschläge fallen möglicherweise gar nicht in die Zuständigkeit des Landes Sachsen-Anhalt. Etwa die Forderung, Maßnahmen wie eine künstliche Befruchtung zur Regelleistung für Krankenkassen zu machen, der Erhalt von Verbrennungsmotoren, die Abschaffung des Kleinen Waffenscheins oder ein möglicher Ausstieg der Universitäten aus dem Bologna-Prozess.

Oder die Forderungen dürften nicht mit Grundgesetz und EU-Recht vereinbar sein. Dazu gehört ein mehrere Tausend Euro schweres "Baby-Begrüßungsgeld" für Eltern, das nicht an den Wohnort, sondern die Staatsbürgerschaft der Eltern gekoppelt ist. Auch die AfD-Idee, Menschen vorzuschreiben, sich künftig nur noch auf Deutsch bei Demonstrationen oder Kundgebungen äußern zu dürfen, dürfte einen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstellen.

Einen Programmparteitag für ihr Landtags-Wahlprogramm soll es nicht geben. Wie Spitzenkandidat Oliver Kirchner MDR SACHSEN-ANHALT erklärte, wurde der Programmentwurf per Kreisspitzentreffen online abgestimmt. Ein gutes Dutzend Änderungsanträge sei eingearbeitet worden. "Und das haben wir also basisdemokratisch abgestimmt", so Kirchner. Somit sei alles in trockenen Tüchern.

Derweil wirft die Partei dem Verfassungsschutz vor, willkürlich zu handeln. Er soll zukünftig nicht mehr über Verdachtsfälle berichten dürfen und eine unabhängige Landesbehörde werden. Deren Arbeit will man zudem einschränken, so heißt es: Eine "Kontaktschuld, wonach jeder, der mit einem Extremisten Umgang pflegt, selbst des Extremismus verdächtig wird", müsse abgeschafft werden. Gegen die eigene Beobachtung durch den Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt wehrt sich die AfD derweil juristisch.

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MDR/Thomas Vorreyer

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 29. März 2021 | 17:00 Uhr

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