Frauen im Landtag Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen: "Auch Abgeordnete müssen das Recht haben, Elternzeit zu nehmen"

11. März 2021, 19:19 Uhr

19 von 87: Die Zahl der Frauen im aktuellen Landtag ist überschaubar. Wie kann sich das nach der Landtagswahl am 6. Juni ändern? Die SPD-Abgeordnete Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen schlägt Paritätsregeln vor, die auch alle Parteien umsetzen – und verlangt die Möglichkeit einer Elternzeit auch für Landtagsabgeordnete. Der Fragebogen.

In keinem anderen deutschen Landesparlament sind so wenige Frauen vertreten wie in Sachsen-Anhalt. Woran liegt das? Und was muss sich tun, damit sich der Frauenanteil erhöht? MDR SACHSEN-ANHALT hat alle 19 weiblichen Landtagsabgeordneten gefragt. Hier antwortet die SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Justiz- und Gleichstellungsministerin Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen.

Wo und durch wen wurden Sie politisch sozialisiert?

Eigentlich war ich bis zur Wende politisch nicht aktiv. In der Rückschau habe ich mich dann gefragt, warum bestimmte Entwicklungen möglich waren. Daraus habe ich für mich die Schlussfolgerung gezogen, dass ich mich zukünftig aktiv in die Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse einbringen will.

Wer hat Sie auf dem Weg in die Landespolitik unterstützt? Wie wurden Sie gefördert?

Ich bin eine Quotenfrau, als der damalige Spitzenkandidat 2005 sein Kompetenzteam für die Landtagswahl 2006 aufgestellt hat, hat er festgestellt, dass er zu wenig Frauen hat und ich bin gefragt worden, ob ich den Politikbereich "Justiz" zusammen mit einem Genossen übernehmen würde. Ich hatte anfangs das Gefühl, dass ich nur die Alibifrau bin, wurde dann aber zur Ministerin der Justiz ernannt – auch wenn das ursprünglich nicht das Ziel der SPD war, dieses Ressort zu übernehmen. Als Ministerin bin ich dann nicht mehr gefördert worden, sondern musste meinen Weg selbst finden.

Wann sind Sie zum ersten Mal in den Landtag von Sachsen-Anhalt eingezogen und wie haben Sie nach Ihrem Einzug das Klima Ihnen gegenüber als Frau wahrgenommen – fraktionsintern und insgesamt?

Seit 2016 bin ich Abgeordnete der SPD-Fraktion und Sprecherin für Bildung, Kultur und Gleichstellung. Ich erlebe innerhalb der Fraktion eine kollegiale Zusammenarbeit und Unterstützung. Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Kolleg*innen ist kooperativ, nur zu den Kollegen der AfD-Fraktion ist das Verhältnis schwierig. Hier erlebe ich zum Teil persönliche Angriffe. Eine sachliche Diskussion ist insbesondere bei Gleichstellungsthemen nicht möglich.

Was sehen Sie als größtes Hindernis für eine Frau?

Gerade für junge Frauen ist es schwierig, Beruf, Familie und ehrenamtliches politisches Engagement unter einen Hut zu bringen. Das ist aber in der Regel Voraussetzung für die spätere Übernahme eines (hauptberuflichen) Mandats. Seiteneinsteigerinnen, wie es bei mir der Fall ist, gibt es nur selten.

Welche politischen Prozesse/Strukturen müssten in Ihrer Partei/Fraktion, aber auch insgesamt verändert werden, damit der Landtag weiblicher wird?

Wir brauchen Paritätsregeln, die in allen Parteien durchgesetzt werden. Die Arbeit muss flexibler gestaltet werden. Es müssen nicht immer lange Präsenzsitzungen in den Abendstunden sein, vieles kann auch als Videokonferenz gemacht werden. Frauen brauchen Unterstützung bei der Betreuung gerade kleiner Kinder. Das heißt, dass auch Abgeordnete das Recht haben müssen, Elternzeit zu nehmen.

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Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR/Marie Kristin-Landes, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 07. März 2021 | 19:00 Uhr

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