Landesregierung legt Bilanz vor "Spitzenleistung" der Kenia-Koalition: Haseloff sendet deutliche Signale für weitere Regierung mit SPD und Grünen

04. Mai 2021, 17:41 Uhr

Seit fast fünf Jahren wird Sachsen-Anhalt von CDU, SPD und Grünen regiert. Was als politisches Experiment begann, hat zur Überraschung mancher bis zum Ende der Wahlperiode gehalten – trotz aller interner Streitigkeiten. Fünf Wochen vor der Landtagswahl ist die Zeit reif für eine Bilanz. Wenig überraschend: Die Regierung stellt sich selbst ein positives Zeugnis aus.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Alle waren sie gekommen: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), eingerahmt von seinen Stellvertreterinnen Petra Grimm-Benne (SPD) und Claudia Dalbert (Grüne). Der Minister für Bildung, der für Wirtschaft, die Ressortchefin für Justiz ebenso wie der für Verkehr und jener für Finanzen und Inneres – ganz zu schweigen vom Chef der Staatskanzlei, seines Zeichens auch für die Kulturszene im Land zuständig. Alle saßen sie also am Dienstag auf Abstand an weiß eingehüllten Tischen in der Magdeburger Staatskanzlei, um zu berichten, was sich verändert hat in fünf Jahren "Kenia" in Sachsen-Anhalt.

Nach beinahe fünf Jahren im Amt hat Sachsen-Anhalts Landesregierung von CDU, SPD und Grünen eine Bilanz ihrer Arbeit vorgelegt. Sie fiel erwartungsgemäß positiv aus. Ministerpräsident Haseloff sprach gar von einer "Spitzenleistung" seiner Regierung, auch im Vergleich zu anderen Landesregierungen in den Jahren zuvor. Haseloff zählte die wirtschaftliche Entwicklung des Landes auf, die Milliardeninvestitionen von Unternehmen in Sandersdorf-Brehna, Bitterfeld-Wolfen oder Leuna, die neu geschaffenen Arbeitsplätze, betonte die "beste Lohnentwicklung" aller 16 Bundesländer, die Sachsen-Anhalt hingelegt habe.

Regierung verweist auf Entlastung für Eltern und wirtschaftliche Entwicklung

Ähnlich positiv fielen auch die Bilanzen von Arbeits- und Sozialministerin Grimm-Benne und der Ressortchefin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Claudia Dalbert, aus. Grimm-Benne lobte die verbesserte Kinderbetreuung und die Entlastung für Eltern, für die die Koalition gesorgt hat. Wichtig sei auch das verstärkte Engagement für Demokratie und Weltoffenheit gewesen, erst recht nach dem antisemitisch und rassistisch motivierten Terroranschlag von Halle im Herbst 2019 (Haseloff: "Zäsur in der Geschichte Sachsen-Anhalts").

Wer den Koalitionsvertrag noch einmal liest, kann sehen, dass wir in meinem Ressort alle angekündigten Dinge umgesetzt haben. Darauf bin ich sehr, sehr stolz.

Petra Grimm-Benne, SPD Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration

Grünen-Ministerin Claudia Dalbert zählte Schritte zu einem ökologischeren und nachhaltigeren Land auf, die Sachsen-Anhalt gegangen sei. Das Geld für Bau und Planung von Radwegen an Landesstraßen sei versechsfacht, junge Landwirte beim Einstieg in den Beruf gefördert worden. Sachsen-Anhalt sei dank des Klima- und Energiekonzeptes der Landesregierung zudem vorn dabei beim Ziel, den Ausstoß von CO2 zu reduzieren. Der Tenor aller drei: Es gibt noch genug zu tun. Aber wir haben vieles geschafft.

Also weiter so nach der Landtagswahl am 6. Juni? Ministerpräsident Haseloff kann sich das vorstellen. "Wir haben in den vergangenen fünf Jahren immer unsere Arbeits- und Kooperationsfähigkeit gezeigt", lobte er am Dienstag. "Diese gute Arbeitsbasis könnte auch für die Zukunft des Landes eine gute Basis sein." Die Koalition sei eine Option, "die funktioniert".

CDU, SPD und Grüne haben in einer politischen Umbruchsituation seit 2016 erheblich zur politischen Stabilität beigetragen.

Reiner Haseloff, CDU Ministerpräsident

Haseloff sieht seine Regierung gut aufgestellt, Sachsen-Anhalt durch die Corona-Krise zu bringen "und danach in ruhiges Fahrwasser zu führen". Signale in Richtung einer weiteren Zusammenarbeit sendeten auch Grimm-Benne und, wenn auch mit Abstrichen, Dalbert.

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Nun hängt die Stoßrichtung einer Bilanz bekanntermaßen davon ab, wen man fragt. Als Sachsen-Anhalts Landtag vor wenigen Wochen zu einer seiner letzten Sitzungen dieser Legislaturperiode zusammengekommen war, hatte sich Haseloffs Regierung mit heftiger Kritik aus der Opposition auseinandersetzen müssen. Auch das war so erwartungsgemäß wie das Lob für die eigene Arbeit diesen Dienstag. AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner bewertete die Arbeit von CDU, SPD und Grünen Ende April jedenfalls als "bestenfalls mangelhaft", sprach unter anderem von fehlendem politischen Engagement für Familien.

Opposition kritisert "vertane Chancen"

Viele vertane Chance sah seinerzeit auch Linken-Fraktionschefin Eva von Angern. Weder sei etwas für die versprochene Angleichung der Ost- an die Westrenten getan worden, noch sei die angestrebte Unterrichtsversorgung von 103 Prozent erreicht worden.

Als CDU, SPD und Grüne 2016 ihren Koalitionsvertrag unterschrieben, war die sogenannte Kenia-Koalition Neuland. Nirgends in Deutschlands hatte es bis dahin ein Bündnis dieser drei Parteien gegeben. Auch in Sachsen-Anhalt hatten sie sich zusammengeschlossen, weil andere Mehrheiten fehlten und sie die Notwendigkeit für ein "Bollwerk" gegen die in Teilen rechtsextreme AfD gesehen hatten. Im Laufe der fünf Jahre waren vor allem CDU und Juniorpartner Grüne immer wieder heftig aneinander geraten, die Koalition stand mehrfach vor dem Aus. Zuletzt hatte der Streit um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags die Regierung Ende vergangenen Jahres an den Rand des Scheiterns gebracht.

Dennoch: Dass es auch nach 2021 weitergeht mit "Kenia", zählt in diesen Tagen zu den wahrscheinlichsten aller Optionen. Das jedenfalls hatte zuletzt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des MDR gezeigt. Danach wäre eine Fortsetzung der Koalition rein rechnerisch auch nach dem 6. Juni möglich – ebenso allerdings ein Bündnis von CDU, SPD und FDP.

Ihre Meinung und Einschätzung zur Arbeit der Koalition können Sie unter diesem Text schreiben.

MDR/Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 04. Mai 2021 | 19:00 Uhr

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