Zwei Wochen vor eigentlicher Landtagswahl "Politische Bildung von Kindern voranbringen": U18-Wahl in Sachsen-Anhalt beginnt

21. Mai 2021, 11:05 Uhr

Etwa 1,8 Millionen Wahlberechtigte gibt es bei der anstehenden Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gehören nicht dazu. Der Kinder- und Jugendring möchte das langfristig verändern – und mit der sogenannten U18-Wahl schon jetzt etwas für die politische Bildung junger Menschen tun. Diesen Freitag beginnt sie. Gezeigt werden soll, wie ein Landtag aussähe, wenn auch Kinder und Jugendliche wählen würden.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Mit der Beteiligung junger Menschen an Landtagswahlen ist das so eine Sache. Erst ist Wählen für sie gar nicht erlaubt – und wenn sie dann nach ihrem 18. Geburtstag ein Kreuz setzen dürften, tun es nur wenige. Zugegeben: Die Aussage ist recht pauschal. Sie deckt sich aber mit Zahlen, nach denen es unter allen Wahlberechtigten vor allem junge Menschen sind, die so wenig wählen wie keine andere Altersgruppe.

Auch Stefanie Lübcke kennt die Zahlen. Die 25-Jährige arbeitet für den Kinder- und Jugendring in Sachsen-Anhalt und darf selbst noch gar nicht allzu lange wählen. In diesem Jahr ist sie diejenige, die die U18-Wahl in Sachsen-Anhalt federführend organisiert hat. Diesen Freitag geht es los.

Frühzeitig etwas für politische Bildung tun

Ziel hinter der Aktion ist, Kindern und Jugendlichen frühzeitig politische Bildung zu ermöglichen – und damit auf lange Sicht etwas gegen die niedrige Beteiligung junger Menschen zu unternehmen. Über die niedrigen Werte sagt Stefanie Lübcke, die hätten wohl auch damit zu tun, dass junge Menschen mitunter schlicht vergessen würden. "Wir wollen zeigen, wie Sachsen-Anhalts Landtag aussähe, wenn auch Menschen unter 18 wählen dürften", erzählt Stefanie Lübcke.

Eine Frau steht im Grünen und lächelt in die Kamera.
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Junge Menschen sollen schon vor ihrer ersten richtigen Wahl in Berührung mit dem Wählen-Gehen kommen.

Stefanie Lübcke Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt

Die U18-Wahl ist einer "richtigen Wahl" durchaus ähnlich: Überall im Land verteilt gibt es Wahllokale, in Schulen zum Beispiel oder in Jugendclubs. Eine Übersicht aller Wahllokale hat der Kinder- und Jugendring auf seiner Website veröffentlicht. In ihnen gibt es Wahlkabinen, Wahlurnen – und einen Stimmzettel, auf dem 22 Parteien zur Wahl stehen, wie in echt. Großer Unterschied: Bei der U18-Wahl darf eine Woche lang gewählt werden. Am 28. Mai sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden.

Damit verfolgen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen durchaus ein langfristiges Ziel: Nach der Vorstellung des Kinder- und Jugendrings soll das Wahlalter in Sachsen-Anhalt nämlich gesenkt werden – im besten Falle auf 14 Jahre. "Dann wären auch Parteien im Zugzwang, mehr Angebote für junge Menschen zu machen", glaubt Stefanie Lübcke. Das oft erwähnte Argument, junge Menschen interessierten sich ohnehin nicht für Politik, lässt die 25-Jährige nicht gelten – auch nicht mit Blick auf die eingangs erwähnte Beteiligung junger Menschen in der Vergangenheit.

Sie verweist auf die Shell-Jugendstudie, die unter anderem besagt: Das politische Interesse junger Menschen hat sich stabilisiert. Das äußere sich nur weniger am Verhalten bei Wahlen, sondern eher bei außerparlamentarischen Aktivitäten. "Fridays for Future" ist da sicher das griffigste Beispiel. "Das ist eine gute Sache", findet Stefanie Lübcke. "Trotzdem ist es wichtig, wählen zu gehen", sagt sie. Kritikerinnen und Kritiker mahnen, dass 16- und 17-Jährige leichter manipulierbar seien und womöglich nicht die nötige Reife hätten.

Um ihren jungen Wählerinnen und Wählern überhaupt ein Verständnis davon zu vermitteln, wer eigentlich zur Wahl steht und was die Ziele welcher Partei sind, hat Stefanie Lübcke in den vergangenen Wochen und Monaten viele Parteiprogramme gelesen und daraus Kurzfassungen gemacht – für die Jüngsten, aber auch für Jugendliche. "In Rücksprache mit den Parteien", wie Lübcke betont. Die U18-Wahl soll schließlich so realistisch sein wie ihre große Schwester am 6. Juni.

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MDR/Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. Mai 2021 | 06:30 Uhr

9 Kommentare

Eulenspiegel am 21.05.2021

Also ich denke dazu: Auf der Kommunalen Ebene sollte das Wahlalter ab 16 Jahre gelten. Und auf Landes und Bundesebene ab 18 Jahren.
Die Auswirkungen der Kommunalwahlen betreffen den Bürger, und damit auch den Jugendlichen, viel direkter. Der Bezug zum eigenen Leben ist in der Kommunalpolitik an größten. Ich denke darum geht es das junge Menschen lernen sich für ihre eigenen Interessen einzusetzen.

DER Beobachter am 21.05.2021

Über die Abschaffung der Anwendungsmöglichkeit des Jugendstrafrechts Ü18 können wir reden, da stehe ich voll dahinter. Ansonsten Unsinn: Bei Ihrem südlichen Nachbarn gibts nicht nur das Landes- und Kommunalwahlrecht schon ab 16 (das kann ich mir bei uns auch vorstellen), sondern sogar das Bundeswahlrecht. Geschadet zu haben scheint es Ö nicht...

DER Beobachter am 21.05.2021

Nun, im Wesentlichen läuft die Vorbereitung der U18-Wahl über den Wahl-O-Mat. Da ist nichts Bedenkliches. Im Gegenteil. Und die Jugendlichen sind die Erwachsenen von morgen. Insofern ist das Ergebnis auch eine Strategiehilfe für alle Parteien, solange sie sich nicht den Realitäten dieser Welt verweigern wollen...

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