#LTWLSA-Landtagswahl-Update | Freitag, 26. Februar 2021 Die einen gehen schwimmen, die anderen gehen baden

26. Februar 2021, 19:52 Uhr

In Ausgabe 7 unseres Updates zur Landtagswahl: Bei "Markus Lanz" kam Sachsen-Anhalt ins Schwitzen. Das Ergebnis einer MDRfragt-Erhebung stärkt der Regierung den Rücken für den "Sachsen-Anhalt-Plan". Und Streit um die Listen der Parteien, aber auch eine erste Einordnung der Kandidierenden.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Guten Abend werte Politikinteressierte,

wussten Sie, dass die Freibäder in Sachsen-Anhalt schon wieder geöffnet haben? Nein? Ich auch nicht. Zumindest bis ich am Donnerstagabend "Markus Lanz" geschaut habe. Dort konnte man erleben, wie sowohl Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) als auch Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) gehörig ins Schwimmen gerieten.

Lanz gab den strengen Bademeister und verwickelte den Ministerpräsidenten in einen Schlagabtausch um die deutsche Impf- und Corona-Politik. Tenor Haseloff: Vielleicht liegt Deutschland nicht überall vorne, aber man dürfe nicht alles schlecht reden. Am Ende hätte auch Lanz eine Abkühlung gebraucht: "Ich bin jetzt nassgeschwitzt", gestand er, bevor er sich Bernd Wiegand zuwandte und nach einer Entschuldigung im halleschen Impfskandal fragte. Die bekam aber auch Lanz von Wiegand nicht zu hören.

Wenn Sie am Wochenende die Zeit haben, schauen Sie ruhig die ganze Sendung noch einmal in der ZDF-Mediathek nach (Haseloff ab 18:30, Wiegand ab 53:30). Oder lesen Sie zumindest die Zusammenfassung von Jan Schumann in der "Mitteldeutschen Zeitung".

Wann nun aber die Schwimmbäder wirklich wieder aufmachen, wie Sachsen-Anhalt über die Öffnungen denkt und mit welchen Kandidaten und Kandidatinnen die Parteien Sie überzeugen wollen – all das kann ich Ihnen nachfolgend verraten.

Es gilt, was auch oben an der Wasserrutsche gilt: Mitten rein ins Vergnügen!

Die Woche kompakt

  • CDU, SPD und Grüne bzw. die Koalitionsregierung haben einen ersten Entwurf für den "Sachsen-Anhalt-Plan" vorgelegt. Mit dem sollen weitere Öffnungen klar geregelt werden. Es handelt sich um einen Stufenplan, dessen Details die "Volksstimme" aufgeschrieben hat. Badeanstalten finden sich in der Stufe 2: Sie sollen wieder öffnen, "sobald die 7-Tage-Inzidenz für fünf Tage unter dem Wert von 35 bleibt". Am Montag machen aber erstmal Baumärkte, Gärtnereien, Friseure, Fahr- und Flugschulen und – eingeschränkt – Schulen und Kitas auf. Mein Kollege Roland Jäger hat den langen Weg aus dem Lockdown im MDR Fernsehen für Sie zusammengefasst.
  • Ob zumindest CDU und SPD sich auch an die eigenen Corona-Regeln halten, war eine viel diskutierte Frage am Anfang der Woche. Beide Parteien hatten am Wochenende ihre Listen für die Landtagswahl aufgestellt, beide mit jeweils rund hundert Delegierten im Saal. Allerdings mit genehmigten Hygienekonzepten und Pflicht-Schnelltests. Weil die Maskenpflicht aber nicht am Platz galt und viele Delegierten dort eben ohne Atemschutz saßen, sorgten Aufnahmen des Ganzen für erheblichen Unmut. Mein Kollege Simon Köppl war bei der SPD vor Ort und hat mir seine Eindrücke geschildert.
  • In der Landeshauptstadt soll ein neues "Großkrankenhaus" entstehen – das Klinikum Magdeburg und das Universitätsklinikum wollen dafür zusammengehen. Kommunale Hand und die Hand des Landes müssen also einander gereicht werden. "Machen wir gerne", heißt es aus beiden Richtungen. Es gilt aber noch einige Tücken zu überwinden. Das böse Wort heißt "Fusion". Eine solche hätte Folgen auch für den Süden Sachsen-Anhalts: Das "Großkrankenhaus" müsste dann wohl deutlich mehr Medizinstudierende ausbilden – mit Geld, das das Land nicht hat. SPD und Linke fürchten deshalb schon um die Zukunft des Uniklinikums in Halle. Andere warnen davor, nicht gleich alles zu zerreden. Alle Details dazu finden Sie im TV- und Online-Beitrag von Kollege Roland Jäger und mir.
  • Weil der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Hans-Thomas Tillschneider, seit Monaten eine Kampagne gegen die Professorin Maureen Maisha Auma von der Hochschule Magdeburg-Stendal fährt, lodert im Netz rassistische Hetze gegen sie auf. Jetzt hat sich Aumas Hochschule mit ihr solidarisisert. An der Uni Bayreuth, wo Tillschneider Privatdozent ist, läuft wiederum ein Diskriminierungsverfahren gegen ihn. Die "Mitteldeutsche Zeitung" weiß zudem (€): Der Deutsche Hochschulverband hat Tillschneider schriftlich dazu aufgefordert, sein Sprecheramt aufzugeben. Der denkt aber nicht daran.

Scharf, nur wenigstens ohne derartige Ausfälle wurde das nächste Thema in dieser Woche online diskutiert:

Das Zitat der Woche

Auf der Landesliste zur Landtagswahl 2021 der CDU Sachsen-Anhalt bis Platz 10 sind mehr Menschen die 'das Soziale mit dem Nationalen versöhnen' wollen als Frauen.

die grüne Landtagskandidatin Madeleine Linke (Magdeburg) wagt eine spitze, aber doch faktentreue Zusammenfassung der Konkurrenzliste Twitter

Diskussionen sind sie bei der CDU gewöhnt. Muss man als Regierungspartei auch aushalten. Aber der Parteitag am Wochenende sorgte nicht nur wegen maskenloser Deligierter für Gesprächsstoff, sondern auch wegen einiger Personalien. 

Sie erinnern sich hoffentlich: Zuvor war lange darum gerungen worden, wie viele Frauen auf den vorderen Plätzen der weiterhin männerdominierten Liste landen würden. Am Ende schaffte es die derzeitige Pressesprecherin der CDU-Fraktion, Sandra Hietel, immerhin auf Platz zwei. Die nächste Kandidatin folgt auf Platz 15.

Gleich hinter Hietel landeten dafür zwei Männer, die noch im Sommer vor zwei Jahren "das Soziale mit dem Nationalen versöhnen" wollten und für eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD stehen: die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ulrich Thomas und Lars-Jörn Zimmer. Eine Denkschrift aus ihren Händen hatte bundesweit für Aufregung gesorgt.


Meine Kollegin Anne-Marie Kriegel hat beide Vorgänge in einem hörenswerten Kommentar eingeordnet. Kollege Jochen Müller sprach zudem mit dem Spitzenkandidaten, Sie ahnen es: der politische Langstreckenschwimmer Reiner Haseloff:

Übrigens: Am Donnerstagabend kurz vor "Markus Lanz" hat Sven Schulze, bislang Generalsekretär der Landes-CDU, erklärt: Ich bewerbe mich um den vakanten Vorsitz der Partei. Den hatte Holger Stahlknecht im Dezember geräumt.


In puncto Risiko ist es eher ein Schritt an den Beckenrand denn ans Ende des Zehn-Meter-Bretts. Der Europabgeordnete ist in der Partei schließlich angesehen und bringt die richtige Sprungtechnik mit, um jetzt nach Höherem zu greifen. Wir haben ihn bereits im Dezember porträtiert:

Und nun nochmal zu den Listen und den Mitbewerbern.

Die Geschichte der Woche

Mit den Parteitagen von SPD und CDU haben nun alle sechs großen Parteien ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl aufgestellt. Ich habe mir deshalb einmal angeschaut, wer da so ins Rennen geht – und für welche Gesellschaft die Bewerber stehen. Immerhin soll der Landtag ja die Menschen im Land repräsentieren.

Drei Punkte vorweg:

1. Die Generation "Fridays for Future" fehlt nahezu bei allen Parteien, außer bei Grünen und FDP. Anderswo ist Anfang 30 das neue Jung.

2. Neulinge gibt es vor allen unter den Frauen – Letztere sind aber in zwei Parteien (weiterhin) unterrepräsentiert.

3. Die AfD ist keine normale Partei, sie wird nach Medieninformationen vom Verfassungsschutz beobachtet und hat das Ihrige bei der Listenwahl dazugetan.

Die ganze Analyse lesen Sie hier:

Die Frage der Woche

Wir hatten es bereits: Am Montag öffnen in Sachsen-Anhalt u.a. Baumärkte und Gärtnereien – und bleiben anderswo zu. Auch arbeitet das Kabinett eben am "Sachsen-Anhalt-Plan". Aber ist das der richtige Weg? Das wollten MDR SACHSEN-ANHALT und MDRfragt, das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland, in dieser Woche von den Menschen im Land wissen. Das Ergebnis:


Die Landesregierung scheint zumindest stimmungstechnisch der richtigen Spur zu folgen, deutlich mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmenden unterstützen den Sonderweg. Etwas mehr als ein Viertel sind hingegen für einheitliche Lösungen. 14 Prozent aber, darunter etliche junge Menschen, sind generell gegen Lockerungen derzeit.

Erneut haben auch über 1.000 Teilnehmende die Chance genutzt, ihre Haltung zu begründen. Und wie jede Woche ist das Pflichtlektüre. Hier eine Auswahl für Sie:

Eigentlich bin ich sehr stark dafür, dass wieder Normalität einkehrt. Aber diese Salamitaktik finde ich unfair gegenüber denen, die geschlossen bleiben müssen. Persönlich weiß ich auch nicht, welche Kriterien zur Öffnung dieser Geschäfte bzw. Dienstleistungen angesetzt sind.

Teilnehmer, *1954, Burgenlandkreis

Bisher hat jedes Bundesland sein eigenes Süppchen gekocht. Warum soll es bei den Lockerungen anders sein? Die Politik hat auf jeden Fall an Glaubwürdigkeit verloren. Vorher wurde über den R-Wert gesprochen, jetzt über Inzidenzwertem welche in den nächsten Wochen nicht oder kaum zu erreichen sind. Einfach abstrus.

Teilnehmer, *1950, Saalekreis

Die tausend unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Bundesländern – oder sogar in den Landkreisen – verwirren die Menschen. Auch finde ich das klein-klein sehr unrealistisch. Eine konsequente Bekämpfung der Ausbreitung des Virus würde nur funktionieren, wenn Begegnungen tatsächlich unterbunden werden; also einheitliche Regelungen, strikte Kontrollen, strikter Lockdown.

Teilnehmerin, *1962, Mansfeld-Südharz

Ich bin für Lockerungen. Aber nur wenn alle Hygienemaßnahmen strikt eingehalten werden und sich alle daran halten. Das pulsierende Leben kann jetzt nicht, wie gewohnt, wieder losgehen. Sonst sind alle Lockerungen umsonst und wir beginnen erneut.

Teilnehmerin, *1954, Burgenlandkreis

So lange CDU- und SPD-Nominierungs-Parteitage mit über 100 Personen durchführen können, ist ein Öffnen der Baumärkte in Ordnung.

Teilnehmer, *1958, Anhalt-Bitterfeld

Die Impfungen sollten viel schneller erfolgen und es müsste mehr Testmöglichkeiten oder andere Verfahren zur Überprüfung (bspw. einfaches Fiebermessen bei Betreten gemeinschaftlicher Räume) geben. Dann wäre ich auch für umfangreiche Lockerungen überall.

Teilnehmerin, *1954, Magdeburg

Bin zwar für Lockerungen, aber dann sollten alle Länder an einem Strang ziehen. Durch die unterschiedlichen Länderregelungen wird es wieder einen Einkaufstourismus geben.

Teilnehmer, *1982, Anhalt-Bitterfeld

Mein Herz schreit nach Ja für Lockerung. Meine Vernunft sagt: 'Noch durchhalten, bis die Werte niedriger sind!'

Teilnehmerin, *1992, Magdeburg

Und damit kommen wir zur abschließenden Lockerungsübung:

Zum Schluss

Nach 100 Tagen bemisst man für gewöhnlich erstmals, wie sich eine neue Regierung schlägt. Da sind wir noch lange nicht. Aber von heute an (es spricht sich bereits rum) sind es genau noch 100 Tage bis zur Wahl. Ob es dann noch zum Wahlkampf im Freibad kommt, werden die kommenden Monate zeigen. Vielleicht weiß mein Kollege Luca Deutschländer nächste Woche schon die Antwort.

In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre beständigen Anregungen – bleiben Sie gesund!

Thomas Vorreyer

MDR

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