Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Katja Pähle (SPD): "Weg vom Image des Billiglohnlandes"

18. Mai 2021, 19:40 Uhr

Sachsen-Anhalt wählt in knapp drei Wochen einen neuen Landtag. Vorher hat MDR SACHSEN-ANHALT die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um über politische Ziele und persönliche Ambitionen zu sprechen. Hier erklärt SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle, wo sie kräftig investieren will – und wie all ihre Forderungen eigentlich bezahlt werden sollen.

Der Gast: Katja Pähle (SPD)

Geboren 1977 in Wippra, Diplom-Soziologin, ist seit 2016 Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag. Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl. Ziel am 6. Juni: So stark werden, dass es dieses Mal klappt mit einem dem Tariftreuegesetz für bessere Löhne bei öffentlichen Vergaben.

SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle sitzt in einem Radiostudio und lächelt in die Kamera.
Katja Pähle tritt bei der Landtagswahl am 6. Juni als Spitzenkandidatin der SPD an. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Die wichtigsten politischen Ziele für die nächsten Jahre

Die Gesundheitspolitik steht bei diesem Wahlkampf besonders im Fokus. Pähle schloss nicht direkt aus, dass in Sachsen-Anhalt auch weitere Krankenhäuser geschlossen werden könnten. Landkreise sollen aber vom Land mehr Gelder erhalten, um die medizinische Versorgung dort aufrecht zu erhalten, wo sich private Konzerne zurückzögen. Der von der SPD eingeführte Krankenhausplan habe sich zudem bewährt. Pähle weiter: "Die Privatisierung der Krankenhäuser war ein Fehler."

In der Bildungspolitik will Pähle das Landesschulamt aufwerten, um die Einstellungsverfahren für neue Lehrkräfte abkürzen zu können. Lehramtsstudierenden sollte das Arbeiten auf dem Land durch sogenannte Praxissemester vor Ort schmackhaft gemacht werden. Auch soll der Nachwuchs noch vor Abschluss des Referendariats an Sachsen-Anhalt gebunden werden. Pähle verbindet damit auch weitere Hoffnungen: "Wir brauchen viele junge Lehrerinnen und Lehrer, die die Digitalisierung in die Schulen bringen", sagte sie.

Die SPD fordert außerdem die vollständige Beitragsfreiheit der Kitas. Das werde einen "hohen Millionenbetrag" kosten, so Pähle, aber Kitas gehörten immerhin zur frühkindlichen Bildung. Auch der Breitbandausbau soll noch stärker als bislang vorangetrieben werden. Bis 2025 will die SPD nun alle Bürgerinnen und Bürger an schnelle Netze anschließen – durch Glasfaser, Freifunk und WLAN. Im Wahlprogramm werden dafür Mittel in dreistelliger Millionenhöhe versprochen.

Bus- und Bahnverkehr sollen ebenfalls ausgebaut werden. Ersterer soll laut Pähle unabhängig vom Schulverkehr werden. Auch sollen stillgelegte Teile des Schienennetzes reaktiviert werden. Dazu sei ihre Partei mit der Deutschen Bahn in Gesprächen. Menschen müssen die Chance haben, "das Auto überhaupt mal stehen zu lassen", sagte Pähle. Gleichzeitig sprach sie sich für eine zügige Nordverlängerung der A14 durch die Altmark aus.

Die möglichen Koalitionspartner

Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge? Die habe die SPD gegen den Widerstand von CDU und Grünen durchgesetzt, sagte Pähle. Ein Unternehmerlohn in der Corona-Krise? Sei an der CDU gescheitert. Also, trotzdem weiter regieren – mit CDU und Grünen? Oder doch lieber Rot-Rot-Grün? Oder gar Schwarz-Rot-Gelb?

Katja Pähle hielt es, wie sie es für gewöhnlich hält: keine Aussagen über mögliche Koalitionsoptionen vor der Landtagswahl am 6. Juni. Sie kämpfe nun für eine starke SPD, sagte die Spitzenkandidatin. Alles Weitere werde nach der Wahl diskutiert. Bei der CDU komme es aber auch darauf an, wie die sich künftig aufstelle, so Pähle.

Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu Gast bei MDR SACHSEN-ANHALT

MDR SACHSEN-ANHALT hat bis Freitag täglich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller aktuell im Landtag vertretenen Parteien zu Gast. Am Mittwoch ist Eva von Angern (Linke) an der Reihe, am Donnerstag AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner. Am Freitag folgt Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU.

Sie alle werden jeweils zwischen 16 Uhr und 17 Uhr bei MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir und um 19 Uhr bei SACHSEN-ANHALT HEUTE im MDR-Fernsehen unter anderem Fragen von Hörerinnen und Hörern und Zuschauerinnen und Zuschauern beantworten.

Das Zitat des Abends

Es ist eine Riesenschweinerei. Wir brauchen eine Abkehr vom Image des Billiglohnlandes.

Katja Pähle, SPD Spitzenkandidatin für die Landtagswahl

Die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt ist in den letzten Jahren gesunken. Viele Menschen beziehen aber nur einen Niedriglohn. Die SPD will das ändern. Und geht es nach Pähle, geht das Land dabei voran: mit einem Tariftreuegesetz. Das würde bei öffentlichen Vergaben Unternehmen mit Tarifbindungen bevorzugen und in allen anderen Fällen einen Landesmindestlohn von 13 Euro vorschreiben.

Das blieb offen

Die SPD will nach der Corona-Krise kräftig investieren und Schulden machen. Neu ist das nicht, Katja Pähle hat diese Forderung schon häufiger ins Gespräch gebracht. Offen blieb aber auch am Dienstag, wie genau eine "unbürokratische Hilfe" für Unternehmerinnen und Unternehmer denn aussehen soll. Pähle sprach lediglich von einer "Anschubfinanzierung" und von einem Klima, das der Wirtschaft Schwung verleihe. Auf Bundesebene werde man sich für eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes einsetzen. Ein Unternehmerlohn auf Landesebene sei allerdings an der CDU gescheitert.

Beim Strukturwandel wiederum machte Pähle keine Angaben darüber, in welche Industriezweige die Kohlemilliarden im Süden Sachsen-Anhalts künftig investiert werden sollen.

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Das hat überrascht

Dass die SPD in den kommenden fünf Jahren zwei Milliarden Euro investieren möchte, unter anderem in Krankenhäuser und Zukunftstechnologien. Pähle sprach sich für die Aufnahme von Krediten aus. "Danach, irgendwann danach, wird gespart." Ihre Hoffnung liegt auf besseren Lebensbedingungen, die mehr Zuzug und damit mehr Steuereinnahmen bedeuten würden.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Über Thomas Vorreyer Thomas Vorreyer arbeitet seit Herbst 2020 für MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Politik, Gesellschaft und investigative Recherchen. Er ist in der Börde und in Magdeburg aufgewachsen, begann anschließend ein Politikstudium in Berlin. Zuletzt hat er als Redakteur und Reporter beim Online-Magazin VICE.com gearbeitet. In Sachsen-Anhalt ist er am liebsten an Elbe, Havel oder Bode unterwegs.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über Luca Deutschländer Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

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Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR/Ronald Neuschulz, Janett Eger, Isabell Hartung, Thomas Vorreyer, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. Mai 2021 | 19:00 Uhr

18 Kommentare

DER Beobachter am 20.05.2021

Sachsin: Gysi ist doch aber bei den Linken und abgesehen davon fürchte ich als Außenminister denn eben wegen deren außenpolitischen Phantasien doch nicht geeignet, so sehr er sonst als Realo-Linker erscheinen mag... Sonst kann man Ihnen durchaus zustimmen...

Rychlik am 20.05.2021

junge Frauen haben es schwer mit der SPD; das Spitzenduo macht echt keinen glücklich; einziger Lichtblick ist da Finanzminister Scholz

ich sehe ähnliches Debakel wie bei Mister 100% und CDU-Fettnäpfchentreter ebnet sich nach unglücklicher Maaßen-Nominierung durch Thüringen, ähnliches Schicksal

Deutschland rettet nur Annalena als Kanzlerin, auch wenn sie von den Ultrarechten (die sich vorher jahrelang an Claudia Roth abkämpften), verdammt und ehrverletzend diffamiert wird

Merz für Wirtschaft und Scholz weiter für Finanzen, Rüttgen oder Gysi für Außenamt vorstellbar; Seehofer beerbt Innenminister; wird schwierige Demokratische Koalition in der sich zusammengerauft werden muss.

Bernd_wb am 19.05.2021

Ich laufe fast taeglich an den Plakaten des SPD Kandidaten unseres Wahlkreises vorbei. Ja frueher habe ich den gewaehlt. Aber mit der Wahl von Esken in den Vorsitz und Kuehnert ist die Partei nicht waehlbar. Sollte man sich entschliessen dort umzudenken...

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