Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

#LTWLSA-Landtagswahl-Update | Freitag, 18. Juni 2021 Wer jetzt mit wem spricht – und wer nicht

18. Juni 2021, 19:00 Uhr

Das Update zur Landtagswahl geht weiter. In Ausgabe 23 sammeln wir alle Infos zu den bald beginnenden Sondierungen und ersten Gesprächen von CDU, SPD, Grünen und FDP. Außerdem blicken wir auf die jetzige Landesregierung, die Dürre im Land, die neue zweite Reihe der CDU-Fraktion und wen der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt neu im Blick hat.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Guten Abend, liebe Politikinteressierte,

erst drängten sie wochenlang in die Öffentlichkeit, jetzt kann es ihnen nicht geheim genug sein: Seit dieser Woche finden die ersten Gespräche statt, wer Sachsen-Anhalt in Zukunft regieren darf. Die CDU hat am Montag nacheinander SPD, FDP und Grüne in ihrer Landesgeschäftsstelle empfangen. Alles im kleinen Kreis. Alles vorgeblich erstmal nur "organisatorisch" und mit der gegenseitigen Vereinbarung, keine Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Sprich: Es gibt offiziell nur die Bestätigung, dass man gesprochen hat. Auch seien die Gespräche noch formal keine Sondierungen.

Zu hören ist natürlich doch etwas. So wird wohl diskutiert, ob Schwarz-Rot einem dritten Partner das Bündnis mit einer Absicherung schmackhaft machen kann: Weil CDU und SPD gemeinsam bereits eine Mehrheit haben, könnte man festlegen, dass der Dritte einfach nicht überstimmt werden darf. Bei der Kenia-Koalition waren gegenteilige Regelungen der Fall: Damals hatte man sich die Möglichkeit gegeben, Abstimmungen notfalls freizugeben, sollte man sich nicht einig werden. Außerdem wurden mehr als 40 Punkte nur als Prüfaufgaben in den Koalitionsvertrag geschrieben.

Wann die Sondierungen nun losgehen, berichte ich Ihnen am Ende des Updates. Bis dahin beschäftigen wir uns noch mit der jetzigen Landesregierung, der Dürre im Land, der CDU-Fraktion und dem Verfassungsschutz.

Schön, dass Sie wieder dabei sind.

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Die Woche kompakt

Die Kenia-Koalition bleibt noch geschäftsführend im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt und ein neues Kabinett ernannt wurde. Damit bleibt es auch bei den dienstäglichen Landespressekonferenzen. Dort war in dieser Woche Folgendes zu erfahren:

Die Sondierungen und die späteren Koalitionsverhandlungen könnten "Wochen, vielleicht aber auch Monate" dauern, berichtet mein Kollege Roland Jäger. Die Landesverfassung lässt das mittlerweile zu. Eins aber ist klar: Bis dahin wird die Landesregierung keine "strategischen Entscheidungen" mehr treffen. Diese gute Sitte hat Reiner Haseloff am Dienstag noch einmal bekräftigt.

Von "teuren Plänen" im Landtag schreibt die "MZ". Mehrere Fraktion überlegen, die Zahl der Landtagsvizepräsidenten von zwei auf sechs zu erhöhen, also so viele wie es Fraktionen gibt. Nach den jetzigen Regelungen stünden CDU und AfD diese beiden Posten zu. Die CDU würde zudem aller Voraussicht nach den Landtagspräsidenten (siehe Update von vergangener Woche) stellen. Weil es für die neu geschaffenen Posten natürlich auch Zuschläge geben würde, hätte der Landtag allein in den nächsten fünf Jahren Sonderkosten von rund 870.000 Euro. Der Plan ist deshalb nicht unumstritten.

Der Antaios Verlag mit Sitz in Schnellroda, Ortsteil von Steigra, wurde vom Bundesverfassungsschutz als Verdachtsfall für "rechtsextremistische Bestrebungen" eingestuft. Das berichtet Die ZEIT. Am Dienstag wurde zudem der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vorgestellt. Dort ist der Verlag von Götz Kubitschek noch nicht gelistet, andere Projekte unter seiner Beteiligung wie das "Institut für Staatspolitik" oder der Verein "Ein Prozent" schon. Sie alle gehören zum sogenannten "vorpolitischen Raum" und sind Stichwortgeber und Netzwerkknoten für die AfD – sowohl hier im Land als auch auf Bundesebene.

Die Linksfraktion im Bundestag hat während der letzten Wahlwochen wohl auffällig oft Facebook-Anzeigen in Sachsen-Anhalt geschaltet. Hagen Eichler schreibt in der "MZ" von "dubioser Wahlwerbung"(€). Der Grund: Die Fraktionen, egal ob im Land oder im Bund, arbeiten mit Steuermitteln. Anzeigen für Wahlen sind damit verboten. In den fragwürdigen Posts ist der Wahlbezug allerdings mal mehr, mal weniger deutlich.

Wie geht es nach der Wahl mit den kleineren Parteien weiter? Sie beschäftigen sich noch mit dem überraschenden Wahlergebnis. Die Freien Wähler nennen die Debatte um eine mögliche Wahlmanipulation auf Facebook einen "interessanten Denkansatz". Weiter ist da die Querdenken-nahe Partei "dieBasis", die sich freundlich gibt, deren Mitglieder aber auch erzählen, man befinde sich "im Widerstand": Die Partei hat eine Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht. Derweil wurde die Partei Die PARTEI wegen eines Plakats angezeigt, das vorgeblich zu Gewalt aufrufen soll. Die Satireprofis können darüber aber nur lachen, schreibt die "MZ".

Mit der Situation im Land und der Frage, was Wahlen eigentlich ändern können, hat sich in dieser Woche mein Kollege Ulli Wittstock befasst. Er war im Landkreis Mansfeld-Südharz unterwegs. Die Region hat seit dem Ende der DDR schwer zu kämpfen. Linke und AfD sind hier traditionell stärker als anderswo. Nun wird ein neuer Landrat gewählt.

Ich kann Ihnen diese kleine multimediale Serie aus dem Süden nur empfehlen, bevor wir nachfolgend den Blick vor allem in die Börde und Altmark richten:

Das Zitat der Woche

Es geht um jeden Millimeter.

Karsten Rinke vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Volksstimme

So schwarz wie Sachsen-Anhalt auf der Landtagswahlkarte aussieht, so rot ist das Land, wenn es um die Wasservorräte geht. Im Land herrscht Alarm. Wir sind "Dürre-Hotspot", wie die beiden großen Zeitungen in dieser Woche berichten. Das Wasser in den oberen Schichten wird knapp. Die "Volksstimme" hat etwa mit dem Umweltforscher Karsten Rinke gesprochen. Laut ihm hat allein der Dürresommer 2018 das Land so viel Grundwasser gekostet, "wie durch Niederschläge in vier Jahren aufgefüllt wird". Jetzt komme es auf jeden einzelnen Regentropfen an.

Die "MZ" zitiert (bislang nur gedruckt) einen Kollegen von Rinke namens Andreas Marx. Der erklärt, warum der allgemeine Eindruck täusche und wir erneut vor einer schwierigen Situationen stünden: Das Frühjahr mag feucht gewirkt haben, tatsächlich hat es aber deutlich weniger geregnet als sonst. "Das Wasser hat nie ausgereicht, um untere Bodenschichten zu erreichen", so Marx.

Gerade für die ohnehin angeschlagenen Wälder ist das problematisch. In der Landwirtschaft gehen die Meinungen hingegen auseinander. Die einen sagen, man wirtschafte bereits "von der Hand im Mund", andere meinen, insgesamt sehe es noch ganz gut aus. Entscheidend werden aber die nächsten Wochen. Für die Zukunft lautet die Prognose: Dank Klimakrise werden Dürresommer immer regelmäßiger werden.

Auf den oder die künftige Landwirtschafts- und Umweltministerin kommt viel Arbeit zu. Sofern die beiden Ressorts denn auch künftig unter einem Dach in einem Ministerium bleiben.

Die Geschichte der Woche

Die CDU ist die große Wahlgewinnerin. Dennoch hat in Magdeburg so mancher Zweifel, ob mit dem deutlichen Sieg auch Ruhe in die sehr breit aufgestellte und streitlustige Landtagsfraktion eingekehrt. Die hat dafür am Dienstag erstmal ihren Vorstand komplettiert und so ein Zeichen gesetzt.

Statt Lars-Jörn Zimmer und Ulrich Thomas wurden nun Sandra Hietel – seit der Wahl Neu-MdL – und der erfahrene Frank Bommersbach als Fraktions-Vize gewählt. Bommersbach betonte vor der MDR-Kamera seine langjährige Abgeordnetenerfahrung, die ehemalige Fraktionspressesprecherin Hietel hingegen, dass die Wahl keine Abwahl ihrer Vorgänger gewesen sei. Ulrich Thomas und Lars-Jörn Zimmer hatten einst mit einer Denkschrift eine Debatte um eine Zusammenarbeit mit der AfD angestoßen. Im Wahlkampf hatten sie zeitweilig Presseanfragen abgelehnt. Auf den Wechsel hatten neben Ministerpräsident Haseloff auch andere führende Christdemokraten gedrängt.

In den Medien wurde der Wechsel positiv aufgenommen. "Die CDU Sachsen-Anhalt deradikalisiert sich", twitterte etwa der Chef des Leipziger ZEIT-Büros, Martin Machowecz.

Die Namen Thomas und Zimmer fallen dann auch wieder, wenn es darum geht, warum CDU und SPD eigentlich einen dritten Partner brauchen. Die CDU traue ihrer eigenen Fraktion nicht, heißt es dann.

Neben Thomas und Zimmer sitzt auch der von Haseloff in Ungnade entlassene Ex-Innenminister Holger Stahlknecht in der Fraktion. Und schon ein einziger Abgeordneter könnte einer Schwarz-Roten-Koalition durch Weigerung die knappe Mehrheit versagen – vor allem in geheimen Abstimmungen wie der Wahl des Ministerpräsidenten. Ob die drei genannten tatsächlich Unsicherheitsfaktoren sind, sei einmal dahingestellt. Vor allem Thomas habe sich bei einer internen Auswertung der Wahl selbstkritisch gezeigt, hören wir aus Fraktionskreisen. Und er sitzt weiterhin der Arbeitsgruppe Wirtschaft vor.

Es werden also weitere fünf spannende Jahre. Darauf kann man sich verlassen. Und um die 40-köpfige CDU-Fraktion kommt niemand drumherum.

Während es für die Abgeordneten jetzt erst richtig losgeht, geht es für andere erstmal weg:

Die Frage der Woche

Angesichts von Temperaturen jenseits der 30 Grad haben wir uns entschieden in dieser Woche ein nicht ganz landespolitisches Thema für die "Frage der Woche" auszuwählen. Obwohl: (Auch) das Private ist politisch – und damit auch das Reisen. Inbesondere wenn am voraussichtlichen Ende einer Pandemie ein Urlaub ansteht. Wir erinnern uns: Um das Urlauben hierzulande und außerhalb ist während der vergangenen Monate immer wieder gestritten worden. Einerseits können die Reisen mögliche Pandemietreiber sein, andererseits ist Tourismus ein Wirtschaftsfaktor und etwas Entspannung in und nach der Krise tut auch gut.

MDRfragt – das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland wollte deshalb wissen:

Wie sind Ihre Urlaubspläne für den Sommer?

Das Ergebnis legt eine Teilung der Gesellschaft nahe. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden hat bereits Urlaub geplant (46 Prozent) bzw. wird das bald tun (7 Prozent).

Die andere Hälfte, also diejenigen, die noch unsicher sind (insgesamt 18 Prozent) oder definitiv keine Reise planen (insgesamt 23 Prozent),  tun das vor allem aus zwei Gründen: Erstens ist da die Unsicherheit mit Corona. Ist es noch Urlaub, wenn man sich doch noch (teilweise) einschränken muss? Laufe ich nicht Gefahr, mich vor Ort anzustecken und dann schlimmstenfalls das Virus mit nach Hause zu tragen?

Und zweitens, es fehlt nach Monaten der Krise schlicht das Geld. Das deckt sich mit unterschiedlichen anderen Erhebungen, wonach rund ein Fünftel der Menschen in Deutschland finanziell seit Beginn der Pandemie schlechter dasteht als vorher. Die Krise trifft Menschen eben sehr unterschiedlich.

Die genauen Antworten und weitere Erhebungen sehen Sie kommende Woche im MDR Fernsehen: "Umschau extra" sendet am Dienstag um 20:15 eine Spezialsendung zum Thema "Sommerurlaub 2021". Außerdem liegt zwischen dem Schreiben dieses Updates und seinem Aussand jeden Freitagnachmittag bzw. frühen -abend eine MDR-Livediskussion auf Facebook, YouTube und unserer Website. Zu dieser möchte ich Sie nochmal ausdrücklich einladen. Meine Kollegin Yara Hoffmann hofft auf Ihre Beiträge. Heute war die Sendung auch im (technisch bedingten Urlaub), aber achten Sie doch kommenden Freitag auf Ihre Geräte.

Außerdem haben wir noch einige andere Vorschläge für Kalendereinträge:

Was jetzt politisch wichtig wird

Am Wochenende halten die Jungen Liberalen ein Landestreffen ab. Die Jugendorganisation will ihre Kernforderungen verabschieden, die eine mögliche FDP getragene Koalition sich ins Pflichtenheft schreiben soll. Außerdem kandidiert der Neu-Abgeordnete Konstantin Pott für den Landesvorsitz. Der 23-Jährige hat es als einziger aus einer Reihe sehr junger Kandierender in den Landtag geschafft. Hier ist er jetzt mit Abstand der Jüngste. Mehr über Pott in der kommenden Woche.

Am Dienstag trifft sich zudem die verkleinerte Linksfraktion zu einer zweitägigen Sommerklausur in Dessau-Roßlau. Auf der Agenda: Blick nach vorne und Vorstand neu wählen. Den hat die Fraktion als einzige der sechs nämlich noch nicht wieder besetzt. Der Landesvorsitzende und Abgeordnete Stefan Gebhardt sagte der "MZ", das Gremium solle künftig ebenfalls kleiner werden. Er habe Eva von Angern, die Spitzenkandidatin und bisherige Ko-Vorsitzende, für den alleinigen Vorsitz vorgeschlagen.

Am Montag verkündet der Landeswahlausschuss in öffentlicher Sitzung das finale Ergebnis der Landtagswahl.

Und die Sondierungen werden uns beschäftigen. Montag geht's los. Die Parteien haben bereits ihre Teams zusammengestellt. Sechs Köpfe sind es bei jedem, die meisten sind erwartbare Kandidaten und Kandidatinnen aus Landesvorstand, Kabinett und/oder Fraktionsvorstand der Parteien. Kleinere Überraschungen gibt es allerdings auch: Für die CDU sitzt der Harzer Landrat Thomas Balcerowski mit am Tisch. Er soll die kommunalpolitische Ebene mit einbringen. Gabriele Brakebusch, langjährige Landtagspräsidentin, dürfte zudem mit ihrem ausgleichenden Naturell glänzen.

Zum Schluss

Nicht in die Opposition, aber in eine einwöchige Pause gehe ich. Nächste Woche schreibt und schickt Ihnen deshalb mein Kollege Marcel Roth dieses Update. Für den MDR macht er unter anderem den Podcast "Digital leben". Hören Sie doch mal rein. Seine Analysen werden auch gefragt sein, wenn die Themen Bildung, Digitalisierung und Breitbandausbau von den Parteien verhandelt werden.

Ob das in einer Woche schon der Fall sein wird, erfahren Sie dann. In diesem Sinne:

Bleiben Sie gesund und uns gewogen. Hoffentlich gesellt sich auch etwas Regen dazu. Genug Zeit für Eis an der Sonne bleibt eh.
Ihr Thomas Vorreyer

MDR SACHSEN-ANHALT/Thomas Vorreyer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. Juni 2021 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Erichs Rache am 19.06.2021

@Thommi Tulpe

Mich interessieren "Privilegierte" aber nicht, nicht die Bohne!

Mich interessieren die Menschen, die 1989 erst möglich gemacht haben ... und das war die übergroße MEHRHEIT der Ostdeutschen, die für sich und ihre Kinder eine NEUE ZUKUNFT haben wollten .... und eben nicht eine Handvoll von "Privilegierten"

Thommi Tulpe am 19.06.2021

Für "Otto Normalverbraucher" wird sich sicher nichts ändern, zumindest nicht zum Guten - für ohnehin schon Privilegierte ändert sich sicher immer ein wenig etwas!?

Erichs Rache am 19.06.2021

"Wer jetzt mit wem spricht – und wer nicht"

Es ist VOLLKOMMEN EGAL, wer mit wem spricht. Für die Menschen in Sachsen-Anhalt wird sich NICHTS ÄNDERN!

S. Mansfeld

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/mansfeld/leerstand-stadt-mansfeld100.html

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