Logistiklösung Noch an unsichtbarer Leine: Uni Magdeburg stellt autonomes Lastenrad vor

08. Juni 2023, 18:06 Uhr

Forscher der Universität Magdeburg wollen Lastenrädern das eigenständige Fahren beibringen. Dabei geht es um autonome Fahrzeuge für Logistiklösungen. Das große Ziel der Wissenschaftler ist die Entwicklung eines Rads, das Pakete allein durch die Stadt fährt. Eine Technik, die jedoch noch in den Kinderschuhen steckt.

MDR San Mitarbeiter Lars Frohmüller
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt


Das Lastenfahrrad der Entwickler von AuRa Projekt sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normales Lastenrad mit einem großen Metallkoffer vor dem Lenker. Geht der Deckel jedoch auf, sieht es aus wie in einem Rechenzentrum: Mehrere große Computer, ein Akku, viele Kabel, Kameras und Sensoren sorgen dafür, dass das Lastenrad seine Umwelt wahrnimmt. Bereits 2021 haben die Wissenschaftler ihr Projekt vorgestellt. Damals war die große Vision: autonome Räder durch Magdeburg zu schicken. Das erste Testfahrrad war in Magdeburg unterwegs. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt lassen die Wissenschaftler nun jedoch kleine Brötchen backen.

Lastenrad als treuer Begleiter an einer unsichtbaren Leine

Der neue Anlauf der Forscher geht nun mit seinem Besitzer wie ein Hund Gassi: Das Rad erkennt ein Gerät am Gürtel, welches klar macht, das Rad gehört zu ihm und umgekehrt. Der Radführer muss sich mit dem Gerät am Gürtel vor dem Lastenrad positionieren und dann folgt das Gefährt auf drei Rädern in einem Sicherheitsabstand. Bis Paketboten das System nutzen können, muss alles noch deutlich kompakter werden. Die aktuell verbaute Technik füllt den gesamten "Kofferraum" aus, sodass nur ein Schuhkarton Platz hätte. Tom Assmann, Leiter der Forschungsgruppe, verspricht aber: Am Ende werde die Technik zusammen mit dem Akku Flach verstaut werden können.

Projektleiter Tom Assmann und Staatsekretär Thomas Wünsch (SPD) aus den Wirtschaftsministerium stellen gemeinsam den aktuellen Forschungsstand zum autonomen Lastenfahrrad vor.
Um den Gürtel geschnallt hat Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD) aus dem Wirtschaftsministerium ein Gerät, mit dem das Lastenrad erkennt, das es ihm folgen darf. Bildrechte: Lars Frohmüller, MDR SACHSEN-ANHALT

Kein Abschied vom autonomen Fahren

Nachdem die ersten Tests eines komplett autonom fahrenden Rades nicht erfolgreich waren, hatten sich die Forscher für die "Follow Up"-Variante entschieden. Doch der Traum eines Lastenrades, welches überall allein hinfahren kann, um Pakete auszuliefern, ist nicht zu Ende. Auch Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD) aus dem Wissenschaftsministerium gefällt die Idee, wie er im MDR-SACHSEN-ANHALT-Interview sagte: "Ich kann mir diese Technik insbesondere für Regionen in Sachsen-Anhalt vorstellen, wo es sich für einen Postzusteller nicht lohnen würde, jeden Tag vorbei zu fahren. Hier könnten autonome Lastenräder zu Einsatz kommen." Aus diesem Grund unterstützt das Ministerium die Wissenschaftler auch mit 500.000 Euro. Die Forscher sind schon mit Postzustellern im Gespräch, die bereits Lastenräder zur Auslieferung im Betrieb haben. Erste Testläufe könne sich Tom Assmann jedoch erst in einigen Jahren vorstellen. Der Fokus liegt aktuell auf dem "Follow Up"-Projekt.

Rechtliche Hürden

Nicht nur zuverlässig, sondern auch erlaubt muss die Technik der Magdeburger sein. Einfach ein Rad allein durch die Stadt fahren lassen: Selbst große Automobilhersteller wie Tesla scheitern da an der aktuellen Rechtsprechung. Trotzdem ist Assmann zuversichtlich. Die Wissenschaftler stehen auch in Kontakt mit Juristen, um für einen späteren Betrieb die Möglichkeiten zu prüfen. Aber auch dann muss eines sichergestellt sein: Die Lastenräder müssen sicher im Straßenverkehr unterwegs sein. Assmann verspricht: "Fußgänger haben immer Vorfahrt vor dem Lastenrad."

Projektleiter Tom Assmann und Staatsekretär Thomas Wünsch (SPD) aus den Wirtschaftsministerium stellen gemeinsam den aktuellen Forschungsstand zum autonomen Lastenfahrrad vor.
Projektleiter Tom Assmann und Staatsekretär Thomas Wünsch (SPD) aus dem Wissenschaftsministerium stellen gemeinsam den aktuellen Forschungsstand zum autonomen Lastenfahrrad vor. Bildrechte: MDR/Lars Frohmüller

6 Kommentare

DanielSBK vor 45 Wochen

Die Chinesen waren zum Anfang des letzten Jahrhunderts wenigstens noch so schlau, von BMW die R75 raubzukopieren. Eine wirklich tolle Maschine und Gespann - damit haben die ihre halbe Republik mobil & unabhängig gemacht!! (Pekin-Express....) Das war wenigstens noch Fortschritt! Und was machen wir Deutschen??? Wir dürfen dann selber in die Pedale treten...

DanielSBK vor 45 Wochen

Ganz erhlich: ich möchte nicht irgendwann mal von so einem schweren Ungetüm bei einem Unfall angefahren werden - wenn so ein Monstrum ein Kind oder kleinen Hund erwischt - was ist dann???

Masse mal Beschleunigung ... gell

Und wann kommt dann endlich auch die (Haft)Versicherungspflicht + Kennzeichen für solche Ungetüme ????

Maria A. vor 45 Wochen

Interessant. Es gibt trotz jahrzehntelanger Bemühungen relativ wenige selbstfahrende Fahrzeuge. Nun kommt man mit selbstfahrenden Lastenrädern um die Ecke. In der Erstversion geht der Mensch voran, und das Lastenrad folgt ihm. Warum nicht gleich als Hänger? Fakt ist, dass die meisten Postzusteller "Trab laufen", um ihr Pensum zu bewältigen. Unserer schafft es selbst mit Auto nicht vor Spätnachmittag hierher. Keine Ahnung, wann er loslaufen müsste, um seine Arbeit zu bewältigen, ehe Mitternacht heran ist mit einem ihm folgenden Lastenrad. Aber da der Trend zum Analphabetentum geht, wenn man die Berichte über mangelnde Schulbildung verfolgt, kann sich, wenn diese Produkte marktreif sind, ja Briefzustellung fast erledigt haben. Wie sollte man aber ohne menschliches Zutun Pakete an Empfänger bringen bei der völlig ausgereiften Methode, dem autonomen Transport? Per Sender? Was würde das kosten. Zudem käme es natürlich auch zu Schwundgefahr. Visionen sind das eine, Praxis was anderes...

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