Galerie Kunst-KontorSchönebeck: Galerie will mit "Kunst gegen rechts" Zeichen setzen
Sich gegen rechtsextreme Entwicklungen zu positionieren, ist für einen großen Teil der Kulturszene vor allem in den großen Städten nicht neu. Jetzt setzt eine kleine Galerie in Schönebeck ein "klares Zeichen": "Kunst gegen rechts" zeigen Susanne Kahlisch und Frank Pudel unweit vom Rathaus. 30 Kunstschaffende aus Magdeburg und Schönebeck nehmen teil an der Schau in der Kleinstadt in der Börde, wo man sich kennt und die AfD bei der Kommunalwahl im Juni stärkste Kraft im Stadtrat wurde.
- In Schönebeck bezieht eine kleine Galerie jetzt mit der Ausstellung "Kunst gegen rechts" Stellung.
- Galeristin Susanne Kalisch nennt als Motiv die Besorgnis über den Ausgang der jüngsten Wahlen und die weitere politische Entwicklung.
- 30 Kunstschaffende aus Magdeburg und der Börde-Stadt beteiligen sich an der Schau, die bis 1. Oktober zu sehen ist.
Die Galerie Kunst-Kontor gibt es seit zwei Jahren in Schönebeck. Es ist die einzige Galerie in der 30.000 Einwohner zählenden Börde-Stadt, sie befindet sich unweit des Rathauses. Zur Eröffnung der aktuellen Ausstellung ist es voll geworden, die Gäste stehen bis auf den Gehweg. Galeristin Susanne Kalisch ist froh, dass ihr Konzept aufgegangen ist.
Besorgnis über Wahlergebnisse auch in Sachsen-Anhalts Kommunen
Gemeinsam mit Frank Pudel leitet sie die Galerie, mit der aktuellen Ausstellung reagieren sie auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt: "In unserem eigenen privaten Umfeld haben sich plötzlich einige als Wähler entsprechender Parteien geoutet, teilweise sogar als Kandidat", berichtet Kalisch. Diese Erfahrung sei ein wesentlicher Grund für die Ausstellung gewesen.
Mut zu klarer Haltung
Schönebeck ist eine Kleinstadt. Man kennt sich, vor allem, wenn man die einzige Galerie in der Stadt betreibt. Susanne Kalisch ist gut vernetzt, hat Kontakte zur Lokalpolitik genauso wie zur Kulturszene. Doch dieses Leben in der Öffentlichkeit hat natürlich auch Folgen: "Meine Familie hat mir geraten, die Ausstellung nicht zu machen – ich habe sechs Kinder. Die Scheiben der Galerie könnten eingeschlagen werden."
Man darf sich nicht ins Bockshorn jagen lassen und im vorauseilenden Gehorsam kneifen.
Susanne Kalisch | Galeristin in Schönebeck
Doch gerade deshalb haben sich Susanne Kalisch und Frank Pudel entschieden, die Ausstellung mit einem eindeutigen Titel anzukündigen: "Kunst gegen rechts": "Man darf sich da nicht ins Bockshorn jagen lassen und im vorauseilenden Gehorsam kneifen", findet Kahlisch, sonder müsse ein "klares Zeichen" setzen.
Kein ideologisches Korsett für Künstler
Die Ausstellung hat zwar ein politisches Motto, doch die Arbeiten selbst sind sehr vielfältig. Neben dezidiert politischen Aussagen, wie etwa durch Karikaturen oder in gefühlvollen Porträts von Holocaust-Überlebenden, gibt es auch Landschaftsbilder, abstrakte Installationen oder Plastiken. Für Susanne Kalisch muss nicht der Inhalt das Statement sein: "Wir haben es für die Künstler bewusst offen gelassen. Man zeigt einfach mit seinem Namen, dass man sich für diese Aktion einsetzt. Auch wenn die Arbeit an sich keine Auseinandersetzung mit dem Thema darstellt", erklärt die Galeristin. Wohl auch deshalb sagte niemand der angesprochenen Künstlerinnen und Künstler ab. Schließlich lassen sich Kreative ungern in ein ideologisches Korsett pressen.
Wenn die AfD hier in Schönebeck an die Macht käme, dann hätten wir mit unserer Galerie nicht die Freiheit, solche Künstler wie bisher auszustellen.
Susanne Kalisch | Galeristin in Schönebeck
Zwei Welten: Demo zieht einmal in der Woche an Galerie vorbei
Die Galerie liegt auf der Route einer wöchentlichen "Friedensdemonstration" in Schönebeck. Später am Abend kommt der Zug dann an der Ausstellung vorbei. Deutschland- und blaue Friedensfahnen flattern, aus einem Megaphon schallen Vorwürfe: Wer von Brandmauern rede, bereite den dritten Weltkrieg vor. Man werde wegen seiner Meinungen ausgegrenzt. Seit dem Jahr 2020 begehe die Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist der allwöchentliche Wortschwall solcher Umzüge, der zwar scheinbar wenig Nachhall findet, aber eben auch keinen Widerspruch. Vor der Galerie stoppt der Zug jedoch nicht. Eine direkte Debatte scheint nicht möglich zu sein.
Es sind solche Erfahrungen, die viele der Galerie-Besucher zunehmend verunsichern. Der Riss in der Gesellschaft zeigt sich exemplarisch, als der Demonstrationszug vorbei läuft. Hier hilft auch keine hehre Kunst mehr. Ines Grimm-Hübner, in der Sozialarbeit in Schönebeck tätig, formuliert es stellvertretend für viele der Besucher so: "Alleine fühlt man sich eben manchmal so abseits. In so einer Gruppe ist das leichter, Haltung zu zeigen. Man weiß, dass man einen Ort hat, wo man hingehen kann und wo man Menschen trifft, die ähnlich denken." Selbstvergewisserung, Ermutigung, Standpunkt klären, das scheint mit Blick auf den politischen Alltag ein wichtiges Anliegen zu sein.
Schulklassen nehmen Einladung zur Debatte an
Dass die Ausstellung ein wichtiger Beitrag zur Debattenkultur in Schönebeck sein kann, zeigt das Interesse von Schulklassen, die sich zu einer Führung angemeldet haben. Doch eines ist zur Ausstellungseröffnung auch spürbar: das Fehlen einer gewissen Unbeschwertheit. Die Wahlergebnisse der letzten Monate haben auch außerhalb der Parlamente ihre Spuren hinterlassen. Sabine Kalisch formuliert es so: "Wenn die AfD hier in Schönebeck an die Macht käme, dann hätten wir mit unserer Galerie nicht die Freiheit, solche Künstler wie bisher auszustellen. Auch die Unterstützung der Stadt würde wegfallen", ist sie überzeugt. Allerdings ist die AfD im Stadtrat isoliert. Die Brandmauer hält also, derzeit jedenfalls.
Weitere Informationen zur Ausstellung
Kunst gegen rechts
30 Magdeburger und Schönebecker Kunstschaffende
bis 1. Oktober 2024
Galerie Kunst-Kontor
Steinstr. 37
39128 Schönebeck
Öffnungszeiten:
Do. + Fr. 8–12 Uhr und 14–18 Uhr
oder nach Vereinbarung
Quelle: MDR KULTUR (Uli Wittstock), redaktionelle Bearbeitung: ks
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 18. September 2024 | 12:29 Uhr