Ehrenamtliche machen Träume wahr Mit dem "Wünschewagen" auf die Rennstrecke in Oschersleben
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Der Arbeiter-Samariter-Bund erfüllt schwerkranken Menschen Träume, die sie sich anders nicht mehr erfüllen können. Das Projekt "Wünschewagen" brachte jetzt den schwerkranken Kevin auf die Rennstrecke in Oschersleben: Er wollte unbedingt mit einem schnellen Sportwagen über eine Rennstrecke rasen.

Es mag für manch einen schwer erträglich sein, über den Tod nachzudenken. Für viele Schwerkranke, die wissen, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt, ist es aber wichtig. Sie wollen ihre noch zur Verfügung stehende Zeit richtig auskosten, schöne Erlebnisse mit ihren Angehörigen und Liebsten haben und bis zum Schluss das Leben – wenn auch mit Einschränkungen – genießen.
Dabei hilft das Projekt "Wünschewagen" des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). Seit drei Jahren gibt es einen für lange Ausflüge speziell umgebauten Krankentransporter in Sachsen-Anhalt. Ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ASB ermöglichten seitdem mehr als 100 Wunschfahrten zu ganz unterschiedlichen Sehnsuchtsorten schwerkranker Menschen, gemeinsam mit deren Angehörigen.
Mit Muskeldystrophie auf die Rennstrecke
Für Kevin P. wurde so sein größter Wunsch wahr: Er wollte unbedingt einmal mit einem schnellen Sportwagen über eine Rennstrecke rasen. Und so ging es mit dem Wünschewagen auf zu einem rasanten und aufregenden Ausflug.
Kevin P. hat Muskeldystrophie Typ Duchenne. Er war fünf, als das festgestellt wurde. Die Diagnose war hart für die Familie, erzählt seine Oma Simone P.: "Man informiert sich ja dann und bekommt gesagt, wie der Werdegang ist. Wie das weitergeht, dass die Muskeln abgebaut werden. Und der Körper besteht ja hauptsächlich aus Muskeln. Herz und Lungen – das sind alles Muskeln, die alle mit abgebaut werden."
Das ist der Wünschewagen
Der Wünschewagen wird vom Arbeiter-Samariter-Bund Sachsen-Anhalt betrieben. 91 Menschen arbeiten ehrenamtlich als "Wunscherfüller" für das Projekt. Bisher haben sie es in mehr als 6.000 Stunden ehrenamtlich möglich gemacht, dass schwerkranken Menschen ein letzter Wunsch erfüllt werden konnte. Der Wünschewagen wird durch Spenden finanziert.
Simone P. ist eine starke Frau und für ihren Enkel, der bei ihr aufgewachsen ist, macht sie so gut wie alles möglich. Gemeinsam mit der behandelnden Ärztin hatte sie sich mit Kevins Wunsch an das Team des Wünschewagens gewandt. Denn noch schafft der 18-Jährige so einen Ausflug, aber irgendwann wird er zu schwach dafür sein.
Kevin lässt sich von seiner Krankheit nicht groß beeindrucken. Mit speziellem Sporttraining versucht er, dem fortschreitenden Muskelabbau etwas entgegenzusetzen. Gerade hat er die Realschule abgeschlossen, demnächst beginnt er mit einem berufsvorbereitenden Jahr, um dann Kaufmann für Büromanagement zu werden.
Die eigene Gesundheit wertschätzen
Doch bevor es auf die Rennbahn geht, gibt es noch einem Abstecher zur Baumschwebebahn in Bad Harzburg. Der Blick ins Tal flößt dem Jugendlichen ein bisschen Respekt ein. Mit Jens Hamel, der ehrenamtlich für den ASB an diesem Tag den Ausflug begleitet, hält ihn ein starker Mann ruhig und fest im Tandemsitz. Dann geht es auch schon los: sieben Minuten schweben, knapp einen Kilometer hinab durch die Baumwipfel. Kevin ist beeindruckt.
Das Grinsen und das Leuchten in seinen Augen, das ist die Entschädigung, die man kriegt, dass man den Tag Urlaub dafür opfert.
Jens Hamel ist Sachbearbeiter, aber ehrenamtliches Engagement gehört schon immer zu seinem Leben dazu. Einfach weil es ihm gut geht und er weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Beim Projekt "Wünschewagen" war er einer der ersten von mittlerweile mehr als 90 Menschen in Sachsen-Anhalt, die dieses Angebot möglich machen.
"Das geht so richtig ab!"
Seit mehreren Stunden ist Kevin P. mit dem Wünschewagen und seiner Familie unterwegs. Im Wagen kann er liegen und sich etwas ausruhen, bevor es zum großen Höhepunkt des Tages geht. Denn am Abend ist die Rennstrecke in der Motorsport Arena Oschersleben nur für ihn reserviert. Mit dem Medical Car, einem PS-starken Wagen, geht es auf die Piste. Die Fliehkräfte in einem richtigen Rennwagen würde Kevin nicht mehr aushalten können. Der Motor dreht auf und Kevin wird in den Sitz gedrückt, er ist überwältigt.
Boah, hätte ich nie gedacht, dass das so abgeht, aber das geht richtig ab.
Mächtig beeindruckt und mit leuchtenden Augen kommt er zurück in die Boxengasse. Ziemlich müde und erschöpft machen sich Kevin und seine Familie auf den Heimweg – glücklich und voller Eindrücke nach diesem Abenteuer.
MDR/Andrea Seifert, Max Schörm
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 29. August 2021 | 19:00 Uhr
geradeaus vor 38 Wochen
Ne Supertolle Aktion. Überhaupt das ganze Projekt "Wünschewagen" mit all den Haupt- und Ehrenamtlichen Mitarbeitern (Frauen und Männer) ist eine schöne Sache. Ich werde das weiter verfolgen.
Das Video war schön. Ich wünsche der ganzen Familie von Kevin, und natürlich ihm selbst auch, alles Gute.