Pünktlich zum ersten Adventswochenende sind die ersten Schneeflocken im Oberharz gefallen
Angesichts der Energiekrise ist die Unsicherheit im Harz groß. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Die Videomanufaktur

Kunstschnee und Eislauf adé? Wie Harzer Wintersportanbieter auf die Energiekrise reagieren

22. Oktober 2022, 15:58 Uhr

Wintertouristen wollen Eis und Schnee. Im Harz hat man deshalb in den vergangenen Jahren aufgerüstet. In Schierke entstand eine neue Kunsteis-Arena, und im benachbarten Braunlage wurde das Skigebiet mit Schneekanonen ausgestattet. Doch das alles braucht viel Energie. Ein Problem angesichts der steigenden Preise für Strom und Gas.

Mann mit grauen haaren und roten Fleece-Pullover macht ein Selfie vor einem Fachwerkhaus mit MDR-Logo
Bildrechte: MDR/Carsten Reuß

Still ist es derzeit auf den Skihängen am Wurmberg. Sieben Liftanlagen und mehr als 13 Kilometer Abfahrten warten hier im Winter auf Skifahrer. Es herrscht Ruhe – Ruhe vor dem Sturm, könnte man meinen. Handwerker erledigen Reparaturarbeiten, zwei schrauben gerade am Hexenrittlift. Normale Saisonvorbereitung, könnte man meinen.

Über 100 Schneekanonen und sogenannte Schneelanzen stehen bereit. Sobald es frostig wird, werden diese angeworfen, und beginnen Kunstschnee zu erzeugen. So war es in den letzten Jahren immer seit das Skigebiet im Jahr 2013 für zwölf Millionen Euro ausgebaut wurde. Doch in diesem Winter ist alles anders. Ob die Schneekanonen genutzt werden, ist fraglich, denn diese Wintersaison wird wohl richtig teuer.

Fabian Brockschmidt, Betriebsleiter der Wurmbergseibahn GmbH rechnet vor: Letztes Jahr hätte er rund acht Cent je Kilowattstunde bezahlt, jetzt lägen die Kosten bei knapp 49 Cent. Die Stromkosten für den Betrieb von Seilbahn, Liften und Schneekanonen haben sich damit versechsfacht. Sein Stromlieferant habe obendrein angekündigt, dass die Preise wohl weiter nach oben gehen werden.

Braunlage: Keine Einschränkungen

Der Skiliftbetreiber wird deshalb wahrscheinlich nicht wie üblich alle Pisten, sondern nur ein sehr kleines Gebiet beschneien. "Am Hexenritt werden wir in kleinem Umfang Skifahren und Rodeln anbieten", so Brockschmidt, der aber auch versichert, dass bei ausreichend natürlichem Schnee das gesamte Gebiet präpariert werden würde.

Die Stadt Braunlage, wo sich der Einstieg ins Skigebiet befindet, will selbst keine Einschränkungen vornehmen. Bürgermeister Wolfgang Langer versichert, dass Eishalle und Schwimmhalle in der Wintersaison betrieben würden. Die Loipen würden gespurt und Winterwanderwege beräumt werden. Der Hang, auf dem das beliebte Nachtrodeln angeboten wird, werde auf LED-Lampen umgerüstet, so Langer. Der Tourismus sei die wichtigste Einnahmequelle in Braunlage und im Oberharz überhaupt. "Wir sind davon abhängig. Deshalb sollen die Gäste so wenig wie möglich Einschränkungen erleben", begründet das der Bürgermeister.

Saison der Feuerstein-Arena in Schieke verkürzt

Auch auf sachsen-anhaltischer Seite in Schierke am Brocken macht man sich Gedanken und Sorgen um hohe Energiekosten. Die Loipen sollen auch hier gespurt werden. Doch das erste vor fünf Jahren eröffnete neue Eisstadion, die Schierker Feuerstein-Arena, wird wohl nur eine verkürzte Saison erleben.

Die mobile Eismaschine ist schon startbereit. "Wir könnten sofort loslegen", sagt Torsten Friedrich, der zuständige Amtsleiter der Stadt Wernigerode. Am 26. November soll hier der Startschuss fallen. Mit einer Eisdisco soll dann die Saison eröffnet werden. Doch die Energiekrise würde für rund 12.000 Euro an Mehrkosten sorgen, rechnet Friedrich vor. Deshalb soll die Saison statt Ende März schon am 20. Februar enden. Am 19. Februar ist in Sachsen-Anhalt der letzte Winterferientag. Danach ist Schluss, sechs Wochen früher als üblich. Damit sollen die Mehrkosten für Energie kompensiert werden.

Weniger Gäste befürchtet

Doch beschneite Skipisten und Kunsteisflächen sind sehr wichtige touristische Angebote im Winter. Viele Übernachtungsgäste kommen deswegen im Winter in den Harz. Viele Vermieter sehen die Einsparungen deshalb mit gemischten Gefühlen. Doch die meisten scheinen auch froh zu sein, dass nicht ganz abgestellt wird. Es habe bis jetzt keine Beschwerden wegen der Beschlüsse gegeben, heißt es im Rathaus der Stadt Wernigerode auf Anfrage.

Claude Nikola Ciccolella zum Beispiel, der in Schierke ein Restaurant und Ferienhäuser vermarktet, gibt sich optimistisch. Er plädiert für eine bessere Bewerbung der Alternativen. Natürlich verschwinde mit der früheren Schließung der Feuerstein-Arena ein Angebot eher, aber der Harz habe auch viele Alternativen zu bieten, so der Gastronomie- und Tourismusmanager. Er sehe die nächsten Monate nicht so negativ und verbissen.

Und dann ist da noch ein weiterer großer Unsicherheitsfaktor. Wieviele Gäste werden in den Harz kommen? Wieviele werden sich eine Übernachtung oder ein Ticket für Skifahren leisten, wenn alles teurer wird und viele ihr Geld zusammenhalten werden.

MDR (Carsten Reuß, Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 21. Oktober 2022 | 17:10 Uhr

5 Kommentare

Basstian am 23.10.2022

Zu Weihnachten bis zur Waldgrenze hinauf schneefreie Berge und tiefgelegene Schigebiete, die im März schließen, sind in Österreich inzwischen keine Seltenheit mehr. Und ich werds wohl noch erleben, daß auf dem Brockengipfel Bäume wachsen. Die Lärche schaffts in den Walliser Alpen inzwischen bis in Höhen von über 2600 m hinauf. Das waren früher froststarrende Höhen.

ElBuffo am 23.10.2022

Dann sind 20% Einsparung ja doch noch erreichbar, wenn Dinge abgeschaltet werden, die den Klimawandel noch beschleunigen, weshalb dann immer mehr energieintensiver Kunstwinter produziert werden musste. Ein Teufelskreis und sicher hoch subventioniert vom Steuerzahler. Das sind ja sicher energieintensive Betriebe.

Matthi am 23.10.2022

Ich glaube Schneekanonen sind schon vor der Energiekrise der falche Weg gewesen für einem Nachhaltigen Tourismus. Ob im Thüringer Wald oder Harz sollten die Verantwortlichen endlich erkennen das wir nicht mehr die Winter wie früher haben, ein breiteres Touristisches Angebot was nicht nur auf Wintersportler setzt bringt langfristig mehr für die Regionen.

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