Nach Nabu-Klage Unverständnis über Stopp von Totholz-Beräumung im Harz

17. November 2022, 15:21 Uhr

Nach den Waldbränden im Harz wird weiter über die Rolle des Totholzes gestritten. Eigentlich hatte der Abtransport bereits begonnen, dann klagte der Naturschutzbund und das Gericht stoppte daraufhin die Aktion, um einen Beschluss fassen zu können. Wie es jetzt weiter geht, ist noch unklar. Der Landkreis will auf jeden Fall an der Totholzentnahme festhalten.

Rund um Schierke werden vorerst keine abgestorbenen Bäume mehr aus Brandschutzgründen aus dem Wald im Nationalpark Harz geräumt. Das hat das Verwaltungsgericht Magdeburg im Eilverfahren durch einen sogenannten Zwischenerlass angeordnet.

Mit der vorläufigen Verfügung solle verhindert werden, dass vollendete Tatsachen geschaffen würden, sagte ein Gerichtssprecher MDR SACHSEN-ANHALT. Nun sollen beide Seiten gehört werden, damit das Gericht einen endgültigen Beschluss im Eilverfahren treffen kann.

Klage vom Nabu

Geklagt hatte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), aus dessen Sicht eine Beräumung den strengen Regeln im Naturschutzgebiet widerspricht. Nach Angaben des Nationalparks Harz ist mit dem nun gerichtlich verfügten Stopp aber noch nicht geklärt, ob das Totholz im Wald liegen bleiben muss. Parkleiter Roland Pietsch sagte, er habe Verständnis dafür, dass sich das Gericht erst ein Bild machen müsse. Er bedauere aber, dass keine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte.

Mediation als mögliche Lösung

Ob das Eilverfahren einen Beschluss des Verwaltungsgerichts nötig macht, ist bis jetzt nicht klar. Nabu-Anwalt Peter Krämer erklärte im Gespräch mit MDR AKTUELL, dass das Gericht ein Mediationsverfahren vorgeschlagen habe. Das würde ein gerichtliches Verfahren überflüssig machen. Der Nabu stimmt Krämer zufolge der Mediation zu.

Auch wenn es bis jetzt kein Angebot der Nationalparkverwaltung für eine Einigung gibt, ist sich Kärmer sicher, dass eine solche Einigung gefunden werden kann.

Reaktionen: Unverständnis und Abwarten

Vor Ort stößt die Anordnung auf Unverständnis. Mit der sogenannten "Wernigeröder Erklärung" hätten sich das Land, der Landkreis Harz sowie die Stadt Wernigerode unter anderem auf die ortsnahe Räumung von Totholz verständigt. Nach zahlreichen Waldbränden in der Harzregion in diesem Jahr soll so der Brandschutz verbessert werden.

Die Politik vor Ort will an der Maßnahme festhalten und zeigt sich unnachgiebig. Der Landrat des Harzkreises, Thomas Balcerowski ( CDU), zieht es jetzt sogar in Erwägung, das Nationalparkgesetz zu verändern, falls sich vor Gericht herausstellt, dass damit dauerhaft keine Entnahme von Totholz möglich ist. "Bei einem Klageerfolg des Nabu müssten das Gesetz und der Staatsvertrag geändert werden", teilte Balcerowski mit. Der Landkreis Harz und die Stadt Wernigerode könnten nicht in jeder Brandsaison einen Katastrophenfall stemmen – weder personell noch finanziell.

Wer einen Räumungsstopp von Totholz in der Nähe von Orten fordere, gefährde im Brandfall das Leben von Einwohnern und Rettungskräften, so der Landrat weiter. Außerdem habe sich die Lage im Harz seit Unterzeichnung des Staatsvertrages vor 16 Jahren geändert. Der Klimawandel habe die Harzer Wälder mit nie dagewesener Kraft und Geschwindigkeit geschädigt und großflächig vernichtet. Die Trockenheit habe die Brandgefahr deutlich erhöht.

Wernigerodes Oberbürgermeister, Tobias Kascha (SPD), sagte, dass die "Wernigeröder Erklärung" blockiert werde. Er hoffe aber, dass es kein endloses juristisches Tauziehen geben werde. Dem schließt sich auch die Ortsbürgermeisterin von Schierke an: Christiane Hopstock (CDU) fügt ihr Unverständnis darüber hinzu, dass ihrer Ansicht nach der Nabu den Naturschutz über den Schutz von Einwohnern und Feuerwehrleuten stelle. Dabei verweist sie auf jenen Kameraden, der sich während der Löscharbeiten schwere Verbrennungen zuzog.

Totholzberäumung gegen Waldbrände

Nach den Waldbränden im Sommer hatten der Nationalpark, der Landkreis Harz, das Land Sachsen-Anhalt und die Stadt Wernigerode beschlossen, das tote Holz aus dem Wald zu räumen. Damit sollen weitere schwere Feuer künftig verhindert werden. Auch Brandschneisen sollen angelegt werden, damit die Feuerwehren besser an die Brandstellen kommen und sich die Feuer nicht so schnell ausbreiten.

Totholz als Bestandteil des Ökosystems

Umweltschützer sehen Totholz dagegen als einen wichtigen Bestandteil im Ökosystem Wald. Mit der Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg ist aber noch nicht abschließend über den Antrag des Naturschutzverbandes entschieden worden.

MDR (Moritz Arand, Daniel Salpius) | Zuerst veröffentlicht am 15.11.2022

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. November 2022 | 18:00 Uhr

78 Kommentare

Ernie am 17.11.2022

Lieber MDR, der öffentlich rechtliche Rundfunk sollte in seiner Berichterstattung
objektiv und neutral sein. Unverständnis über die Entscheidung des VG kann ich nur bei einigen beratungsrestistenten Exemplaren erkennen. Zu einer guten Recherche gehört m.E. auch zu beleuchten, warum hat das VG dem Antrag des NABU stattgegeben hat ? War das aufgebauschte Totholz tatsächlich der Grund oder gab es andere Gründe ? Z.B. eine fehlerhafte oder gar nicht stattgefundene Abwägung und Ermessensentscheidung des Ministers ?
Im Rahmen einer unpolemischen Diskussion würde ich mir hier mehr journalistische Gründlichkeit anstelle von Populismus wünschen !

Kosso am 17.11.2022

Prima dann kann ja der verdammte Naturschutzbund die nächsten Brände alleine löschen wird lustig wie sie über dem ganzen Totholz kommen wollen mit Lösch Technik. Unglaublich was sich der NABU erlaubt.

ElBuffo am 17.11.2022

Der Landrat sollte dann nicht vergessen in Gesetz und Stastsvertrag auch gleich noch reinschreiben zu lassen, dass Trockenheit, Schädlingsbefall und vor Jahrzehnten angelegte Monokulturen ab sofort verboten sind. Damit dürfte das Problem dann gelöst sein. Und wenn sich der Wald dann nicht dran hält, ja dann muss eine Gesetzesänderung her.

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