MobilitätSo könnte Tourismus im Harz mit E-Autos aussehen
HarzForumZukunft – das ist eine regelmäßig stattfindende Veranstaltungsreihe für Wirtschafts- und Tourismusfachleute im Harz. Länderübergreifend sollen dort Ideen und Pläne diskutiert werden. Dieses Mal ging es in Braunlage um Elektromobilität, speziell darum, ob die Tourismuswirtschaft darauf eingestellt ist, wenn künftig mehr Gäste per E-Auto anreisen.
- Vor allem in den Städten im Harz ist die Ladeinfrastruktur für E-Autos gut ausgebaut.
- Allerdings merken viele Anbieter auch, dass die Nachfrage im Moment noch eher gering ist.
- Prognosen zeigen aber, dass das Interesse an E-Autos zunehmen wird und darauf wollen sich die Touristenorte einstellen.
Die kleine Gaststätte im Westharzer Braunlage ist nur halb gefüllt. An diesem Donnerstagnachmittag sind weniger gekommen als üblich. Gut 30 Personen treffen sich zur 22. Veranstaltung der Reihe HarzForumZukunft. Es geht darum, ob der Harz gut aufgestellt ist, wenn Gäste die Mobilitätswende wirklich vollziehen, wenn künftig viel mehr als heute mit elektrisch betriebenen Pkw anreisen.
Mehr als acht Millionen Übernachtungen um Harz
Im vergangenen Jahr wurden 8,1 Millionen Übernachtungen im Harz gezählt. Der Tourismus ist in dem Mittelgebirge ein echter Wirtschaftsfaktor. Soll das auch künftig so sein, müssen die Angebote stimmen, dürfen keine Trends verschlafen werden.
"Wir haben eine gute Ladeinfrastruktur, und bauen diese auch sukzessive aus", sagt Frank Uhlenhaut, Geschäftsführer der EIN HARZ GmbH. Diese ist aus der Ein-Harz-Initiative hervorgegangen, einem Bündnis Harzer Kommunen, Institutionen und Unternehmen, das es sich auf die Fahnen geschrieben hat, länderübergreifend Projekte voranzubringen.
Ausreichend Ladesäulen in Städten
Vor allem in den Städten ist die Ladeinfrastruktur gar nicht so schlecht. Wer zum Beispiel im Internet eines der Verzeichnisse von Ladestellen öffnet, findet in Wernigerode 25 Standorte mit 71 Ladepunkten.
Die Stadt reagiere auf den steigenden Bedarf und habe dabei besonders auch die vielen Touristen in der Stadt im Blick, erklärt Andreas Meling, der Geschäftsführer der städtischen Wernigerode Tourismus GmbH. Erst in diesem Jahr seien einige Ladepunkte dazu gekommen, zum Beispiel am Bürgerpark.
Doch der Ausbauprozess dauere, so Meling. Es gebe immer wieder mal Probleme mit der zur Verfügung stehenden Menge Strom. Besonders in den Ortsteilen, eingemeindeten kleinen Orten wie beispielweise Schierke sei das ein Problem. Da bestehe seiner Meinung nach Handlungsbedarf.
Harz-Orte wollen mehr Lademöglichkeiten schaffen
In anderen Städten ist man noch nicht soweit. In Thale gibt es acht Standorte mit 16 Ladepunkten. Doch man will sich verbessern, hat die Stadt doch auf ihre Einwohnerzahl bezogen, weit mehr Übernachtungen als die meisten anderen Städte im Harz. Thales Tourismuschef Ronny Große ist deshalb zum Forum angereist. Man wolle einfach Voraussetzungen schaffen, dass Touristen mit Elektroautos vielleicht mit dem Argument vorhandener Lademöglichkeiten seine Stadt bevorzugt ansteuern.
So denken auch viele Hotelbetreiber, die schon Ladeeinrichtungen installiert haben. René Maksimcev zum Beispiel hat vor zwei Jahren zwei Ladesäulen vor seinem "Harzhotel" in Güntersberge aufgestellt. Seiner Erfahrungen jedoch sind, im Moment jedenfalls, eher ernüchternd. Die Nachfrage sei eher verhalten, so der Hotelier.
Nachfrage nach E-Autos und Ladepunkten gering
Eine geringe Nachfrage hat auch Kerstin Nagy in Wernigerode registriert. Sie hat an ihrem Hotel Am Anger noch keine Ladesäulen installieren lassen. Das sei immer auch eine wirtschaftliche Kalkulation, so Nagy. Es sei aber ein Thema für sie. Wenn in der Nachbarschaft demnächst gebaut wird, überlegt sie, die Gelegenheit zu nutzen.
Auch im Schlosshotel in Blankenburg hat man ähnliche Erfahrungen gemacht. Doch das Hotel ist auch ein GreenSign Hotel, ist als nachhaltiges Hotel zertifiziert. Eine Ladesäule für elektrisch betrieben Fahrzeuge vorzuhalten, ist hier auch irgendwie Ehrensache. Obendrein hat Hoteldirektor Andreas Cyriax eine steigende Nachfrage nach Lademöglichkeiten bei Zimmerreservierungen registriert. Eine steigende Nachfrage heißt allerdings konkret, dass fünf bis sechs Autos pro Woche an der hoteleigenen Ladesäule stehen.
Prognose: Bedarf an Lademöglichkeiten steigt
Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Umfrage des Dehoga-Bundesverbandes, der vor einiger Zeit 1.500 Hotelbetriebe nach Lademöglichkeiten für Gäste befragte. Knapp die Hälfte der befragten Hotels gab an, keine Lademöglichkeiten anzubieten. Als wichtigste Gründe wurden hohe Kosten und fehlende Nachfrage angegeben.
Das werde sich auf jeden Fall ändern, glaubt man Umfragen und Analysen, zum Beispiel des ADAC. Der hat vor zwei Jahren die Ladeinfrastruktur in Touristenorten untersucht. Der Fremdenverkehr beflügele in Tourismusorten noch einmal den Bedarf an Lademöglichkeiten. Alexandra Kruse, Sprecherin des ADAC Niedersachsen-Sachsen-Anhalt, sagt, die Prognosen für 2025 und 2030 hätten ergeben, dass etliche Tourismusorte dann unterversorgt sein werden, jedenfalls wenn der E-Auto-Anteil massiv zunehme. In Wernigerode und anderen Städten im Harz würde es beispielsweise in sechs Jahren 64-mal mehr Ladevorgänge geben als heute, zeigen die Prognosen.
Touristiker für Mobilitätswende wappnen
Dafür sollte man gewappnet sein, finden die Akteure des HarzForumZukunft. "Ich glaube, man muss sich da jetzt auf den Weg machen, das wird immer mehr werden", sagt Frank Uhlenhaut von Ein-Harz. Damit der Tourismus im Harz auch eine verlässliche Einnahmequelle bleibt, wenn der Bestand an Elektroautos weiter steigen sollte. Und was die Hotels angehe, so Andreas Meling in Wernigerode: "Ich glaube, das ist nur eine Sache der Zeit, bis einfach vorausgesetzt wird, dass man sein Fahrzeug am Hotel laden kann."
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MDR (Carsten Reuß, Fabienne von der Eltz)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 09. November 2024 | 13:40 Uhr
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