Aufforstung geht voranWaldumbau im Harz: 3,5 Millionen Bäume pro Jahr
Im Harz geht der Waldumbau nach Trocken-Jahren, Sturm und Borkenkäfer weiter. Jährlich werden 3,5 Millionen Bäume gepflanzt, vor allem Laubbäume und widerstandsfähigere Nadelbäume. Birken und Weiden schützen zusätzlich den Boden. Simulationsmodelle sollen helfen, den Wald der Zukunft besser zu verstehen. Der Forstbetrieb ist zuversichtlich, dass in etwa fünf Jahren die Hälfte der zerstörten Flächen wieder aufgeforstet sein wird.
- Nach Dürrejahren und Sturmschäden im Harz sind viele junge Bäume vertrocknet, doch an einigen Stellen zeigt sich neuer Wuchs.
- Der Forstbetrieb Oberharz pflanzt nach eigenen Angaben jährlich 3,5 Millionen Bäume, vor allem Laub- und widerstandsfähigere Nadelbäume.
- In etwa fünf Jahren könnte die Hälfte der zerstörten Flächen wieder bepflanzt sein.
Wenn man auf Straßen in den Harzer Bergen unterwegs ist, fallen zwei Dinge auf: Es gibt seit vier, fünf Jahren bis dahin ungeahnte Sichtachsen. Und Holz-Laster, die Totholz und das, was in Wirtschaftswäldern zu retten war, abtransportiert haben, sind deutlich weniger geworden. Wie geht es also dem Waldumbau nach Dürrejahren, Stürmen und Borkenkäfern?
Wenig Regen im Winter
Der Leiter des Forstbetriebs Oberharz, Eberhard Reckleben, zieht die Überreste einer kleinen Douglasie aus dem Boden. Ein brauner, trostloser Stengel, der es nicht mal auf eine Größe von einem halben Meter geschafft hat. Hier an der Lange – zwischen Tanne und Trautenstein – waren vor ziemlich genau drei Jahren Douglasien mit einer Pflanzmaschine in den Boden gebracht worden – alle mit einem sogenannten Container, also einem Erd- und Nährstoff-Ballen um die Wurzel. Genützt hat es an dieser Stelle nichts, resümiert Reckleben.
Augenscheinlich sei die Douglasie nicht erfroren, sondern schlicht vertrocknet. "Es hat über den Winter wenig Niederschläge gegeben. Und irgendwann ist dieser Ballen leer gesaugt und der empfindliche Setzling vertrocknet." Eintausend Douglasien hatte die Pflanzmaschine an ihre vermeintlichen Stammplätze gebracht. Überlebt hat hier bisweilen nur ein Bruchteil.
Grün-Schimmer in der Ferne
Auf anderen Kahlflächen sieht es anders aus – wenn auch nicht auf den ersten Blick. Man muss schon ganz genau hinschauen, um aus der Ferne einen zarten Grün-Schimmer zu entdecken. "Das sind viele junge Bäume, die an vielen Stellen oben aus dem Gras rausgucken", erklärt Reckleben.
3,5 Millionen Bäumchen pflanzt der Forstbetrieb Oberharz jedes Jahr. Das seien Laubgehölze wie Erle oder Ahorn. Und bei Nadelbäumen wird auf Douglasie oder Lärche gesetzt – keine heimischen Arten, aber mit den klimatischen Bedingungen im Oberharz sollten sie gut zurechtkommen. Reckleben spricht von einer Aufforstungs-Quote von etwa 80 Prozent, mit der er "absolut zufrieden" sei.
Birke, Eberesche, Weide als Schirm für den Waldboden
Und der Forstdirektor setzt auch auf das, was die Natur von alleine macht. Da kommen Arten wie Birke, Eberesche, Weide nach, auch wenn er in einem Wirtschaftswald wenig damit anfangen könne. "Diese Arten wachsen wenig und binden wenig CO2". Aber eine solche Sukzession habe den Vorteil, dass sie "den Boden beschirmt und wir später unter diesem Schirm beispielsweise Buche oder Tanne anpflanzen können".
Aufpassen müsse man bei der Naturverjüngung auf die Fichte, erklärt Eberhard Reckleben. "Wenn mal eine dazwischen ist und sie nicht überhandnimmt", sei das kein Problem. "Wir müssen das genau beobachten, denn flächendeckend die Fichte wollen wir ja nicht." Zu vermeiden seien Monokulturen ohnehin, das "haben wir aus der Fichten-Katastrophe gelernt". Und Reckleben ergänzt mit Blick auf Wirtschaftswälder, dass mit Mischkulturen das Risiko eines Totalverlustes erheblich verringert würde.
Simulationsmodelle für den Wald der Zukunft
Bei all der Wald-Dramatik ist auch viel Experimentierfreude im Spiel. Und das am Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg angesiedelte Fachinstitut für Waldschutz fährt auf perspektivischer Schiene. Mit den Erfahrungen aus der Forstwirtschaft spricht Henrik Hartmann von Simulationsmodellen, um etwa Strukturen oder ein Waldinnenklima besser zu verstehen zu können und "welche möglichen Vorteile sich daraus für den Wald der Zukunft ableiten lassen".
Die klimatische Entwicklung nicht vorhersagen zu können, dass bereite dem Forstwissenschaftler Kopfzerbrechen, insbesondere, "wenn wir bis ans Ende des Jahrhunderts denken". Im Hier und Jetzt und an der Lange bei Trautenstein freut sich Henrik Hartmann jedenfalls über die ersten kleinen Früchte des Waldumbaus im Harz. "Die Lärchen hier sind schon höher als wir", schmunzelt er. Da sehe man klar, dass die Natur sich ihren Lebensraum zurückhole.
Auch im Forstbetrieb Oberharz verfolgt man das Geschehen mit optimistischen Blicken. "In etwa fünf Jahren werden wir die Hälfte der Katastrophen-Flächen bepflanzt haben", meint Eberhard Reckleben. Nach diesem relativ feuchten Sommer sei er zuversichtlich, dass nach der Fichten-Katastrophe der Waldumbau mit einem breiten Baumarten-Spektrum gelingen könne – vorausgesetzt, es regne regelmäßig und Spätfröste hielten sich in Grenzen. Recklebens Vision: "Mittelfristig werden wir hier einen bunteren Wald kriegen, als wir ihn hatten."
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MDR (Swen Wudtke, Moritz Arand), zuerst veröffentlicht am 23.09.2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. September 2024 | 19:00 Uhr
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