Hoher Krankenstand Corona: Quedlinburg schließt Kreißsaal
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Die fünfte Welle der Corona-Pandemie hat das Harz-Klinikum in Quedlinburg voll erwischt. Davon ist auch die Geburtenstation betroffen. Der Kreißsaal ist seit Dienstag geschlossen. Von Hebammen gibt es Kritik.

Das Harz-Klinikum hat die Schließung des Kreißsaals in Quedlinburg verteidigt. Der Sprecher des Klinikums, Tom Koch, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Schließung sei gänzlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. "Wir haben aktuell einen so hohen Krankenstand und Ausfall wegen Quarantänevorschriften wie noch nie in der Pandemie. Wir mussten Stationen schließen, planbare OPs verschieben. Wir haben den Reinigungsdienst reduziert, haben die betrieblichen Transportdienste reduziert, unsere Pathologie und Labor arbeiten unter allergrößten Anstrengungen", so Koch weiter.
Auch in unserer Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gibt es einen großen Krankenstand.
Ohnehin sei die Schließung des Standorts Quedlinburg bereits seit Ende 2020 geplant gewesen. Damals habe der Aufsichtsrat beschlossen, die Geburtshilfe in Wernigerode zu konzentrieren. Dazu sollte der Standort dort entsprechend ausgebaut werden. Der Ausbau kam jedoch durch die Corona-Pandemie und die gestiegenen Bau- und Materialkosten bisher nicht zustande.
Bisher sei man bestrebt gewesen, sowohl den Kreißsaal in Quedlinburg als auch die Station in Wernigerode zu betreiben. Durch die Personalausfälle sei dies jetzt nicht mehr möglich. Die Kritik mehrerer Hebammen, dass es bereits vor der Pandemie zu wenig Personal gegeben hätte, wies Koch zurück. Man habe zwanzig Hebammen im Haus und zudem ständig die Ärzteschaft in der Geburtenhilfe und der Kinderheilkunde verstärkt.
Kritik von Hebammen
Am Dienstag war der Kreißsaal in Quedlinburg geschlossen worden. In einem offenen Brief hatten daraufhin mehrere Hebammen der Klinik Versäumnisse in der Personalpolitik vorgeworfen. Unter anderem sei nicht die Pandemie Auslöser der prekären Personalsituation. Zudem sei die Schließung in Quedlinburg schlecht kommuniziert worden. Eine sehr gut funktionierende Geburtshilfe in schönen vorhandenen Räumlichkeiten sei vorzeitig beendet, hieß es.
MDR (Thomas Tasler, Dennis Blatt, Mario Köhne)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. April 2022 | 16:30 Uhr
Aerztlicher_Mitarbeiter vor 49 Wochen
Nach dem Vorbild der privaten Konkurrenz Ameos in Haldensleben und Schönebeck wurden nun auch hier die Geburtshilfe und die Kinderklinik nach Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit dem Erdboden gleichgemacht. Nirgends kann man in der Medizin effektiver Geld sparen als eben diese Bereiche abzuwickeln. Begriffe wie Straffung oder Konzentration mögen für werdende Mütter die nun 40 oder 50 Kilometer zum nächsten Kreißsaal zurücklegen müssen wie Hohn klingen. Schließung der Kinderklinik in Quedlinburg durften der Großteil der Mitarbeiter aus der Presse erfahren, die Schließung des Kreißsaals aus dem Intranet. Ein kurzer Anruf, ein persönliches Gespräch? Gibt es im Harzklinikum nur noch nach vorheriger Terminvereinbarung via email. Und wer allen Ernstes die Mär von Coronabedingten Verzögerungen glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Aber so etwas wie Planungsfehler, unzureichende Ausschreibungen - all das gibt es ja unter der jetzigen Leitung des Harzklinikums nicht.
Aerztlicher_Mitarbeiter vor 49 Wochen
Es ist unfassbar traurig wie Halbwahrheiten, Tendenziöses und verklausulierte Lügen ihren Weg in die Presse finden und damit Teil einer vermeintlichen Wahrheit werden - denn: „Es ist ja in den öffentlich rechtlichen Medien nachzulesen“. Wurden die Behauptungen von Herrn Koch auch nur ansatzweise überprüft? Was hat die Pathologie mit der Schließung des Kreißsaales zu tun?
Natürlich gab es in den letzten 2 Jahren Coronafälle in den Kreißsälen Wernigerode und Quedlinburg - war einer der Kreißsäle deswegen auch nur einen Tag geschlossen? Nein! Seit Monaten fehlt eine Hebamme wegen Schwangerschaft, wurde hier ernsthaft für Ersatz gesucht? Mit wirklich allen Mitteln? 1 von 7 Hebammen, das ist 15% Arbeitskraft. Nun ist die 2. Hebamme schwanger geworden, damit sind noch 5 übrig - mit 5 Mitarbeitern ein Drei-Schicht-System aufrechterhalten - unmöglich. Von Landrat Balcerowski, über den Oberbürgermeister bis hin zu unserer Klinikleitung knallen jetzt die Sektkorken.
Geburtshelfer vor 49 Wochen
Konzentration ist für hochspezialisierte Eingriffe und Behandlung im Gesundheitswesen unabdingbar. Geht es jedoch um die Grundversorgung (wie auch bei Feuerwehr und Polizei; ich rechne das Entbinden mal dazu) sind dem Grenzen gesetzt, die letztlich für kommunale Häuser politisch festgelegt werden (sollten).
Leider waren bzw. sind die Entscheidungsfindung und Kommunikation am Harzklinikum eine einseitige Angelegenheit.