300. GeburtstagErster Literaturstar der Welt: Dichter Klopstock in sieben Minuten wiederentdecken
Friedrich Gottlieb Klopstock war der erste Literaturstar überhaupt – und wird heute nur noch selten gelesen. Um das zu ändern, haben Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg anlässlich seines 300. Geburtstags ein interaktives Format entwickelt: "Klopstock in sieben Minuten" lädt dazu ein, das Geburtshaus des Dichters in Quedlinburg in sieben Etappen zu durchlaufen und dabei Klopstock und seine Texte wiederzuentdecken.
- Der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) wird heute kaum noch gelesen, war aber zu Lebzeiten ein Star.
- Anlässlich seines 300. Geburtstags haben Studierende der Universität Halle die Aktion "Klopstock in sieben Minuten" entwickelt.
- Dabei werden im Klopstockhaus in Quedlinburg an sieben Stationen Gedichte zum Hören präsentiert.
Der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock gilt als Wegbereiter des Sturm und Drang und als Begründer der Erlebnisdichtung und der Empfindsamkeit. Er wurde 1724 in Quedlinburg geboren – in einem Haus, welches sein Leben und Werk seit mittlerweile 50 Jahren als Museum würdigt. Anlässlich des 300. Geburtstags des Dichters finden um das sogenannte Klopstockhaus zahlreiche Veranstaltungen statt. Eine davon heißt "Glückwunsch, Klopstock! Klopstock in sieben Minuten" und ist im Rahmen eines Seminars an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.
Ein interaktives Erlebnis im Klopstockhaus
Für die Aktion "Klopstock in sieben Minuten" haben sich Studierende mit dem Dichter auseinandergesetzt und versucht, die alten Texte wieder greifbarer zu machen. Ergebnis des Seminars sind sieben Stationen mit siebenminütigen Inhalten, die ab dem Wochenende im Klopstockhaus gehört werden können. Sie umfassen die Themen Sommerparty, Frühlingsgefühle, Wasserschlacht, Flirt, Revolution, Waldeinsamkeit und Jenseits.
Die Germanistin Christiane Holm hat das Projekt an der Universität betreut und erklärt: "Die Studierenden bespielen das Haus quasi vom Keller bis zum Dachboden." Besucherinnen und Besucher bekommen eine Art Wanderkarte auf den Weg, können aber auch selbst entscheiden, ob sie alle sieben Stationen nacheinander passieren wollen. Man könne auch kreuz und quer durch das Haus wandern und die Themen individuell erschließen.
Wie Klopstock die deutsche Dichtung revolutionierte
Die Direktorin des Gleimhauses und Vorstandsmitglied des Klopstock Vereins Ute Pott ist froh, dass sich junge Menschen mit den Texten Klopstocks beschäftigen. Schließlich sei er als junger Mann der erste Literaturstar überhaupt gewesen. Er habe sich unglaublich gut vermarktet und dafür gesorgt, dass alle über ihn redeten. Speziell die Generation nach Goethe feierte Klopstock als großen Meister, erzählt Pott.
Das habe vor allem auch an den neuen Themen gelegen, die er aufgriff. Dazu kamen das neue Versmaß und ein neuer Ton, der zu einer veränderten Wahrnehmung der deutschen Sprache führte. "Das heißt, er hat wirklich emotional gerührt mit seiner Dichtung. Und das ist natürlich das Erfolgsrezept gewesen", so Pott weiter. Sie sei sicher, dass man durch eine intensive Beschäftigung mit dem Dichter besser auf die Texte zugreifen könne - denn der Spaß komme in dem Moment, wo man viel über die Person und die Zeit wisse.
Klopstock war [...] der erste Literaturstar überhaupt.
Ute Pott, Direktorin des Gleimhauses
Natürlich seien die Texte heute durchaus herausfordernd. Pott ist sich jedoch sicher: "Es gibt auch Texte von Klopstock, die, sei es in der Vertonung oder sei es auch als Gedicht, gut zu verstehen sind."
Gedichte über das Hören begreifen
Und dort greift das Seminar der Universität Halle. Denn die Germanistin Christiane Holm hat sich den Texten Klopstocks im Seminar konsequent über das Gesprochene genähert. Ihr Motto: "Einfach hören, dann kommt man über den Sound auch an diese poetische Qualität." Das sei vergleichsweise intuitiv. Sie sei selbst überrascht gewesen, wie gut das mit den Studierenden funktioniert habe. Dabei geholfen habe auch, dass das Jubiläum nicht nur im Hinblick auf die Museen, sondern auch auf die Forschung Effekte habe. Mittlerweile gebe es ein sehr gutes Klopstock-Handbuch sowie eine neue Biografie, mit denen der Zugriff auf die Texte erleichtert sei.
Darin kann man unter anderem auch etwas zu Klopstock als Sport-Enthusiast erfahren. Denn dieser Aspekt seines Lebens ist prägend, weiß auch Ute Pott: "Er war in der Tat körperbetont und er war natürlich wirklich einer unserer sportlichsten Dichter aus der Zeit." Er habe sehr viel für die Dichtung aus der eigenen erfahrenen körperlichen Bewegung geschöpft. Das habe Christiane Holm im Seminar versucht an ihre Studierenden weiterzugeben: "Es läuft alles über Rhythmus. Und Rhythmus hat viel zu tun mit Atmung, mit Puls, mit Bewegung."
Ein Einblick in die Siebenminüter zu Klopstock
Eine der Studentinnen, die sich in ihrem Siebenminüter mit Klopstocks Ode "Mein Wäldchen" beschäftigt hat, sagt: "Da entstehen ganz starke Bilder im Kopf." Durch das Lesen des Texts sei sie nicht nur emotional berührt, sie könne auch einen Schimmer vorm inneren Auge sehen und die Kühlung auf der Haut spüren. Es sei ein Lyrikerlebnis, das man mit einem heutigen Lyrikerlebnis gleichsetzen könne. Denn viele Gedichte seien zeitlos. Hören Sie hier einen ersten Eindruck aus den Proben:
Andere Studierende haben sich mit der Ode "Die Frühlingsfeier" beschäftigt. Darin geht es um die Bewunderung der Natur, die mit der Bewunderung für Gott und seine Schöpfung gleichzusetzen sei, erklärt ein Student. Im zweiten Teil des Gedichts zieht ein Gewitter auf, welches besonders durch den Rhythmus und die Metrik Klopstocks spürbar sei. Eine Referenz zu diesem Gedicht befindet sich auch in Goethes "Die Leiden des jungen Werther", in der Lotte beim Ausklingen eines Gewitters im Ballhaus am Fenster sitzt und nur "Klopstock!" ausruft. Hören Sie hier einen ersten Eindruck aus den Proben:
Besonders spannend sei auch Klopstocks Liebesbeziehung mit Margareta Moller (von ihm Meta genannt), finden die Studierenden, die sich mit ihren Briefen auseinandergesetzt haben. Sie habe beim Lesen oft lachen müssen, erzählt eine Studentin. Es seien unterhaltsame Briefe, die man auch heute noch gut lesen könne. Für Direktorin Ute Pott eignen sich diese Briefe für einen Einstieg in Klopstocks Texte: "Man bekommt mit, dass da sich zwei Menschen treffen, die eine neue Sprache der Liebe ausprobieren." Hören Sie hier einen ersten Eindruck aus den Proben:
Jubiläumswoche voller Höhepunkte
In der Jubiläumswoche haben Ute Pott und ihr Team viel vor. Neben der Aktion "Klopstock in sieben Minuten" können sich Besucherinnen und Besucher über einen Festakt mit einer szenischen Lesung, eine neue Stadtführung und die Vorstellung einer neuen Klopstock-Biographie freuen. Pott freut sich natürlich, wenn Menschen kommen, die sich für Klopstock interessieren. Besonders freut sie sich jedoch auf die, die nichts von Klopstock wissen und dann etwas Interessantes für sich mitnehmen können.
Quelle: MDR (Katrin Schumacher)
Redaktionelle Bearbeitung: as
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 25. Juni 2024 | 22:00 Uhr