HarzvorlandWie Osterwieck sein Tourismuspotenzial wecken will
Der Harz ist ein Touristenmagnet. Doch nicht alle Orte profitieren dort davon. In Osterwieck etwa gibt es viel zu sehen, Touristen bleiben dennoch meist aus. Ein Zustand, der sich – wenn es nach den Bewohnerinnen und Bewohnern des Ortes geht – ändern soll. Sie wünschen sich dort mehr Leben. Der Bürgermeister ist optimistisch, dass das gelingt.
- Osterwieck im Harz hat einiges zu bieten, etwa ein gewaltiges Fachwerkensemble. Touristen bleiben bislang trotzdem aus.
- Dies soll sich in Zukunft ändern. Mehr Übernachtungsmöglichkeiten sind erwünscht, die Jugend soll mit in die Entwicklung einbezogen werden.
- Eine Chance, sich zu zeigen, hat die Stadt beim Harzfest, das vom 14. bis 16. Juni gefeiert wird.
Die "Straße der Romanik" sowie die "Deutsche Fachwerkstraße" führen beide durch – und somit aus zwei Richtungen nach Osterwieck. Neuerdings gibt es in Schäfers Hof sogar einen Stempelkasten der Harzer Wandernadel. Und dann ist da noch das gewaltige Fachwerkensemble der Altstadt – dieser Reichtum an Baudenkmälern sucht weit und breit seinesgleichen. Mehr als 400 historische Häuser reihen sich in der Altstadt aneinander und zeigen ein Gesicht prachtvoller Schnitzereien, bunter Ornamente, jahrhundertealter Inschriften.
Die Fachwerkhäuser zählen zu den wertvollsten im gesamten Osten, eine Augenweide. Nicht umsonst sehen Kenner in Osterwieck die Fachwerkperle Sachsen-Anhalts. Klingt, als wäre Osterwieck der Nabel der Touristenwelt. Doch dem ist bei Weitem nicht so.
Touristen bevorzugen Goslar, Wernigerode und Quedlinburg
Touristen haben doch eher Goslar, Wernigerode und Quedlinburg auf dem Zettel. Fernab vom Schuss, das sei historisch so gewachsen, meint Gästeführer Gerhard Schmuck. Wohl wegen der Nähe zur damaligen innerdeutschen Grenze sei Osterwieck schon zu DDR-Zeiten kein Urlaubsort gewesen. "Deswegen haben wir auch keine FDGB-Urlauberheime bekommen und ganz wenig Bettenkapazitäten, woran wir heute noch knabbern."
Das bestätigt auch Philipp Jesse. Er leitet den "Braunen Hirsch", das einzige Hotel der Stadt. Monteure oder Geschäftsreisende fänden hier ein Dach über dem Kopf. "Damit füllen wir unser Hotel, Tourismus ist hier leider nicht viel", bedauert der Hotelier und meint: "Es müsste mehr Werbung für die Stadt gemacht werden." Es werde sich mehr darauf ausgeruht, was Osterwieck zu bieten habe und "nichts Neues in Angriff genommen".
Jugend aus Osterwieck will mitbestimmen
In Sachen Stadtentwicklung will künftig auch die Jugend mitmischen. Am Fallstein-Gymnasium gründen Schüler der 9. Klasse gerade ein Jugendparlament mit dem Ziel, die Sicht und Ideen der Jugend in den Stadtrat einbringen zu können. Schülerin Greta etwa meint: "Wir Jugendliche wissen genau, was wir wollen. Das weiß der Bürgermeister aber nicht." Ihr Mitschüler Maddox fügt hinzu: "Man möchte natürlich, dass die Leute in Deutschland über diese Fachwerkstadt Bescheid wissen. So muss man natürlich erstmal was darüber lernen. Dann kann man das auch anderen Leuten mitteilen und die Stadt ein bisschen bekannter machen und auch die Schönheit der Stadt zeigen."
Stück für Stück mehr Tourismus
"Ein bisschen mehr sanfter Tourismus würde der Stadt guttun", sagt etwa Renate Fink. Sie lebt ihren Fachwerktraum in einem 450 Jahre alten Haus. Hier hat sie auch ihre kleine Manufaktur für Geigen- und Gambenbau eingerichtet. Doch mit Blick auf die leeren Straßen wünscht sich Renate Fink "so viele Touristen, dass sich wenigstens ein kleines Café in der Altstadt halten könnte."
Ein Mosaiksteinchen dafür könnten vielleicht Finks Nachbarn sein. Denn die Beyers betreiben mit der Hafenbar neuerdings eine kleine Pension für Motorrad- und Radfahrer. Und ein weiteres Steinchen wird gerade an Schäfers Hof geschliffen. In Osterwieck, an der europäischen Kulturroute "Via Romea Germanica" – von Rom nach Stade – soll ein Pilgerzentrum mit Herberge entstehen. "Vier einfache Zimmer mit Dusche, Waschmaschine und Teeküche" plant Thomas Hellmuth vom Förderverein Schäfers Hof. Er könne sich auch "Lesungen und kleine Konzerte für bis zu 50 Leute" vorstellen.
Harzfest 20241050 Jahre Osterwieck werden gefeiert mit dem diesjährigen Harzfest, drei Tage lang vom 14. bis 16. Juni. Medienpartner ist MDR SACHSEN-ANHALT. Es gibt Live-Musik, eine Jobmeile, Kulinarisches, einen Festumzug sowie Gaukler und Artisten auf den Straßen.
Bürgermeister Dirk Heinemann (SPD) jedenfalls guckt ganz optimistisch in die Zukunft einer lebenswerten Stadt mit Tourismuspotenzial. Seinen Worten nach erzählt man sich in Osterwieck, im 1050. Jahr der Stadtgeschichte sei man fünf Minuten vor dem Wachküssen aus dem Dornröschenschlaf. Und dieser "Kuss" könnte das bevorstehende Harzfest sein, das vom 14. bis 16. Juni gefeiert wird.
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MDR (Swen Wudtke, Sebastian Gall)
Dieses Thema im Programm:Der Osten – Entdecke, wo du lebst | 18. Juni 2024 | 21:00 Uhr
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