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Eine wichtige Lektion: Wie mache ich Feuer ohne Feuerzeug oder Streichhölzer? René Golz weiß es und bringt es anderen bei. Bildrechte: Survivaltours

Survivaltraining im HarzRené Golz scheucht seine Gäste durch den Wald – und macht sie so glücklich

von MDR SACHSEN-ANHALT

Stand: 11. Mai 2022, 17:22 Uhr

Republikflüchtling, Fotograf, Dreher, Hausmeister, Survivaltrainer: Das Leben von René Golz war und ist abenteuerlich. Mittlerweile verdient er sein Geld damit, anderen Menschen ein Abenteuer zu organisieren. Im Harz bringt er seinen Kunden bei, wie man in der Natur überlebt – und auch noch Spaß dabei hat.

René Golz zu erreichen, ist gar nicht so einfach. Kein Wunder, ist der kräftige Mann mit dem markanten Kinnbart doch einen Großteil der Woche in der Natur unterwegs – oder bereitet gerade die nächste Tour in den Wald vor. Golz, Survivaltrainer im Harz mit eigener Firma, wartet aber weder wie sogenannte Prepper auf den Weltuntergang, noch will er mit militärischem Drill die nächste Generation Partisanen auf einen Guerilla-Kampf vorbereiten.

"Erde atmen, Hände schmutzig machen, glücklich sein"

Nein, Golz hilft Menschen aller Altersklasssen, sich einen Traum zu erfüllen: Raus aus dem Alltag, weg von den Verpflichtungen, einfach mal die Seele baumeln lassen – und dabei noch etwas über die Natur lernen. Bei ihm heißt das: "Erde atmen, Hände schmutzig machen, glücklich sein."

Im Wald am abendlichen Lagerfeuer zu sitzen, ist die willkommene Belohnung für einen harten Tag. Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister

All das ist möglich in einem Waldgrundstück bei Benneckenstein im Harz. Dort hat Golz auf 6,5 Hektar ein wildes Refugium für temporäre Aussteiger geschaffen. "Spaß und Abenteuer" sind garantiert, wenn seine Gäste – "90 Prozent sind Büroleute, Dachdecker kommen eher selten", lacht Golz – für ein paar Stunden oder Tage in eine andere Realität als ihre bisherige flüchten.

Begleiteter Ausbruch aus dem Alltag

Halteseil und Rettungsanker ist dabei immer Golz. Auf seiner Website heißt es zwar: "In unserem Waldgrundstück ist nichts gestellt oder vorbereitet. Ihr baut eure Unterkunft selber, macht Feuer selber usw. Also, ihr müsst sehen, wie ihr klarkommt." Doch die Beruhigung folgt auf dem Fuß: "Nein, keine Angst. Wir begleiten euch natürlich bei eurem Abenteuer."

Bei ihrem Abenteuer sind die Gäste nie auf sich allein gestellt und können von René Golz viel über die Natur lernen. Bildrechte: Survivaltours

Notunterkunft im Wald, Maden im Mund

Der 51-Jährige erklärt seinen Gästen Überlebens-Techniken, zeigt, welche Pflanzen, Käfer und Maden man essen kann und wie man sich eine Notunterkunft im Wald baut. Mit ihm entdecken die Outdoor-Urlauber die Natur auf ungewohnte Weise und probieren Neues aus – ob in einem achtstündigen Schnupperkurs oder einem zweitägigen Survival-Abenteuer.

Wenn der kleine Hunger kommt, muss schon mal ein Insekt als Snack dienen. Bildrechte: Survivaltours

Wenn sich am Feuer die Seele öffnet

Das kann so weit gehen, dass die abendlichen Gespräche am Lagerfeuer bis mitten in die Nacht dauern. Dann wird über Gott und die Welt diskutiert. "Die Leute können in der Situation einfach mal loslassen, müssen keine Rücksicht nehmen, sind keinen Zwängen unterworfen", so Golz. Und dann öffneten sich Geist und Seele, wie sie es im Büro eben nicht könnten. Für Golz ist das völlig logisch: "Die Leute treten für einen Moment aus ihrem Leben heraus. Das macht frei."

Die Gespräche am Feuer ziehen sich oft bis in die Nacht. Bildrechte: Survivaltours

Golz – "seit 33 Jahren glücklich nicht verheiratet" mit seiner Alexandra, zwei erwachsene Töchter – wurde 1970 in Halle geboren. Nach einer missglückten Republikflucht im Jahr 1988 wurde er eingesperrt und kam am 3. Februar 1989 durch einem Häftlingsfreikauf nach Osnabrück. Dort lebte er bis 1998, um sich dann viele Jahre in Spanien als Hausmeister – "Fliesen legen, Wände verputzen und so" – durchzuschlagen. 2014 hat er dann seine Zelte im Harz aufgeschlagen. Dass er in der DDR Dreher und in der BRD Fotograf gelernt hat, ist dabei nur eine Randnotiz – passt aber zu seiner Umtriebigkeit.

Auf dem Balkon statt im Federbett schlafen

Seit 1989 Zeit begleitet ihn das Thema "Natur und Survival", erst als Hobby, später als Beruf. "Seitdem ich in der DDR im Gefängnis saß, ertrage ich keine kleinen Räume mehr", erzählt Golz. Das manifestierte sich unter anderem darin, dass er in der Wohnung in Osnabrück oft auf dem Balkon schlief, weil er sich sonst eingeengt fühlte. Auch die DDR-Sozialisation mit elterlichen Camping-Urlauben und später reaktiviertem Wissen aus Wehrunterricht und Zivilverteidigung habe zu seinem Interesse beigetragen.

Enger Gürtel während der Corona-Pandemie

Und so baute er sich über die Jahre sein Wissen auf. Er las Bücher des Abenteurers Rüdiger Nehberg, unterhielt sich mit ehemaligen Fremdenlegionären über Überlebenstechniken, probierte selber viel aus. Die schwerste Zeit seien die Pandemie-Jahre gewesen. Viele Monate durfte er nicht arbeiten, als Corona-Überbrückungshilfe gab es 500 Euro brutto pro Monat: "Da mussten wir den Gürtel richtig eng schnallen." Heute spricht er von einem "faktischen Berufsverbot" und klingt zum ersten und einzigen Mal im Gespräch nicht wie der nette, lustige Naturbursche von nebenan, sondern ärgerlich, gar wütend.

Nach Corona läuft der Laden wieder

Zum Glück halfen ihm seine Kenntnisse und Fähigkeiten weiter. Schließlich habe er über eine lange Zeit anderen Menschen beigebracht, wie man mit Krisen umgeht und sie bewältigt, so Golz. Jetzt galt es auch für ihn: Vorräte anlegen, haushalten, den Konsum zurückfahren. "Ich habe das umgesetzt, was ich auch im Wald immer den Gästen gegenüber propagiere", so Golz. Und das erfolgreich: Das Geschäft brummt wieder.

Spaß und Abenteuer im 24-Stunden-Takt

Das Ziel von Golz ist es, "dass die Leute am nächsten Morgen mit leuchtenden Augen und glücklich" aus dem Wald kommen. Denn wie gesagt: "Spaß und Abenteuer" außerhalb enger Räume stehen über allem. Dass er als Survival-Trainer gleichzeitig Menschen die Natur nahe bringen kann, seinem Faible für die Weite des Waldes und der Landschaft frönen kann und sogar Geld damit verdient, macht ihn selber auch glücklich. Sagt er – und bricht wieder auf. Im Anschluss an das Gespräch stehen zwei 24-Stunden-Touren hintereinander an.

Das Ende einer Survival-Tour: "mit leuchtenden Augen und glücklich". Bildrechte: Survivaltours

MDR-Reporter Marc Burgemeister hat mit Survival-Trainer René Golz zum Auftakt der neuen Sendung "MDR #hinReisend" 24 Stunden in der Natur verbracht – nur mit Schlafsack, Isomatte, Taschenlampe und Messer. Die Sendung startet am 11. Mai um 18 Uhr auf Youtube und wird am 14. Mai um 18:15 Uhr im MDR Fernsehen gesendet. 

Unterwegs in Sachsen-Anhalt: Survival-Abenteuer im Harz | 14.05.2022 Impressionen vom Dreh

MDR-Moderator Marc Burgemeister wagt sich ins Survival-Abenteuer 24 Stunden im Harzer Wald. Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
Auf dem Parkplatz in Hohegeiß machen MDR-Reporter Marc Burgemeister und Survival-Guide René Golz den Rucksack-Check. Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
Deutlicher Größenunterschied: die Rucksäcke von René Golz und Marc Burgemeister Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
Marc Burgemeister beim Selbstversuch Feuer zu entzünden Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
René Golz und Marc Burgemeister auf der Suche nach Insektennahrung Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
Marc Burgemeister hält die Made eines Bockkäfers. Ob er sich traut diese zu essen? Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister
(von links nach rechts) Survival-Gruppe Gianni Fois, Marc Burgemeister, René Golz, Lucy Boxan und Sven Gillmann Bildrechte: MDR/ Susann Häfke-Rook, Marc Burgemeister

Abenteuer, Spaß und Bildung: Das sind weitere Angebote im Harz – Eine Auswahl

Natur-Erlebnispfade im Nationalpark

Vom Löwenzahn-Entdeckerpfad über den Urwaldstieg bis zum WaldWandelWeg: Der Nationalpark Harz bietet eine große Vielzahl sogenannter Themenpfade an. Zum Teil nur auf schmalen Wegen und Bohlenstegen erreichbar und mit Erlebnisinseln und Infotafeln ausgerüstet, verbinden sie Naturgenuss mit Information und Spaß für jedes Alter. Mehr Informationen hier.

Mit Rangern durch die Natur

Mit einem echten Nationalpark-Ranger durch die Harzer Hochlagen, über Moore, Klippen und Bäche, zu blühenden Bergwiesen, rund um die Brockenkippe oder durch den Urwald von morgen? Kein Problem. Auf zahlreichen Touren können Interessierte mithilfe der Profis die Natur des Harzes entdecken. Die Ranger bieten sowohl Themenführungen als auch individuelle Ausflüge an. Mehr Informationen hier.

Auf den Spuren der Kräuter

Sachsen-Anhalt kann als einer Kräutergärten Deutschlands bezeichnet werden. Das Land gehört zu den bedeutenden Anbaugebieten von Arznei- und Gewürzpflanzen. Einen großen Anteil daran hat das Harzvorland im Raum Aschersleben. Dort finden sich 90 Prozent der deutschen Anbauflächen mit Majoran, Thymian und Kümmel. Aber auch Wildkräuter gilt es zu entdecken. Mehr Informationen hier, hier oder hier.

Mit einem "Ziesel" quer über den Offroadpark

Das Ziesel ist allgemein als eine putzige Gattung der Erdhörnchen bekannt. Im Offroadpark "Crude" in Stiege ist ein Ziesel jedoch ein "elektrisch betriebenes Fahrzeug mit Raupenantrieb". Mit dieser Mischung aus Rollstuhl und Panzer können die Gäste entweder zu geführten Touren oder einem Ritt über diverse Hindernisse im Offroadpark aufbrechen. Für die kleinen Gäste sind E-Buggys im Angebot, die auf einem extra Gelände ausprobiert werden können. Mehr Informationen hier.

Freibäder, Waldbäder, Badeteiche

In vielen Orten im Harz gibt es malerisch gelegene Freibäder. Sie kombinieren das Naturerlebnis mit Komfort wie Duschen und Toiletten, Umkleidekabinen und Gastronomie. In einigen Orten sind die Badestellen direkt am Ufer der Teiche und Seen gelegen. Anderswo wurden Schwimmbecken errichtet, die häufig durch Harzer Quellwasser gespeist werden. Die Bäder im Harz haben übrigens eine lange Tradition und werden teilweise schon mehr als 100 Jahre betrieben. Mehr Informationen hier.

Geocaching: Schatzsuche mit GPS

Geocaching ist ein weltumspannendes Spiel, das immer mehr Anhänger gewinnt. Es geht darum, mit Hilfe von GPS-Koordinaten Orte zu finden, an denen andere sogenannte Caches versteckt haben. Allen Caches gemein ist der Gedanke, den Suchenden einen besonderen Ort zu zeigen. Auch im Nationalpark Harz warten zahlreiche Caches darauf, entdeckt zu werden. Allerdings ist die Naturverträglichkeit beim Geocaching in einem sensiblen Schutzgebiet wie dem Nationalpark oberstes Gebot. Mehr Informationen hier.

Mit "Bobmusik" den Hang herunter

In der Erlebniswelt der Seilbahnen Thale sind eine ganze Menge Erlebnismöglichkeiten für Jung und Alt versammelt. Bekannt dürften vor allem die Kabinenbahn und der Sessellift sein, mit denen man mehr oder minder komfortabel über die grandiose Landschaft schweben kann. Ein weiteres Highlight ist sicher die Rodelbahn "Harzbob", die auf 1.000 Metern Bahnlänge Höchstgeschwindigkeiten bis zu 40 km/h erreicht. Mehr Informationen hier.

Staunen über den Blauen See

Ein "Blaues Naturwunder" ist fast jährlich bei Hüttenrode zu beobachten. Das hier durch Kalksteinabbau entstandene Tagebaurestloch füllt sich im Frühjahr mit Schmelz- und Quellwasser. Das durch Calcium übersättigte Wasser führt anschließend zu einer hellen Blaufärbung. Mit der Zunahme von Schwebstoffen und Algen färbt sich der See später grünlich. Mehr Informationen hier.

Flucht aus dem Raum – und der Wirklichkeit

Wenn das Wetter nicht mitspielt, aber dennoch ein Ausflug in den Harz geplant ist, können sich Abenteuerlustige auch auf ein ganz spezielles Spiel einlassen: Escape Rooms. Dabei müssen die Spieler innerhalb einer bestimmten Zeit Aufgaben lösen, um aus einem Raum zu entkommen, in den sie eingesperrt sind. In Wernigerode gibt es gleich zwei solcher Angebote, nämlich hier und hier.

Deutscher Rekord: Die längste Hängeseilbrücke

120 Tonnen schwer, 459 Meter lang und 100 Meter über der Rappbode: Nach dreieinhalbjähriger Planungsphase und zehn Monaten Bauzeit ist im Jahr 2017 die deutschlandweit längste Hängeseilhängebrücke eingeweiht worden. Die Titan-RT des Betreibers Harzdrenalin in Rübeland bietet einen "atemberaubenden Nervenkitzel in luftiger Höhe" – und einen sagenhaften Blick in die Landschaft. Mehr Informationen hier.

Tierisches Vergnügen von Kaninchen bis Braunbären

Im Harz einem Auerhuhn oder gar Luchs in freier Wildbahn zu begegnen, ist ziemlich unwahrscheinlich. Zum Glück gibt es in der Region einige Tiergärten und Wildparks, so auf dem Hexentanzplatz, zwischen Blankenburg und Quedlinburg in Westerhausen, im Christianental südöstlich von Wernigerode und in Halberstadt. Dort können nicht nur viele Arten der heimischen Tierwelt bewundert werden, denn neben Luchsen, Rehen oder Wildschweinen werden auch exotische Tiere wie Affen präsentiert.

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MDR (Gero Hirschelmann)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN/MDR S-ANHALT | 14. Mai 2022 | 18:15 Uhr

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