Harz So sehen die Schutzmaßnahmen der Harzer Schmalspurbahnen gegen Waldbrände aus

22. September 2022, 14:07 Uhr

Waldbrände im Harz sind oft in der Nähe der Bahnstrecke der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) ausgebrochen. Den Betreibern wird nun vorgeworfen, eine Mitschuld an den Waldbränden zu haben. Die HSB weist die Kritik jedoch zurück. Sie empfindet ihre Brandschutzmaßnahmen als sicher. Die Bahn sieht Fahrgäste als mögliche Schuldige.

In der alten Werkstatt der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) stehen rotschwarze Dampf- und auch Dieselloks. Es rumpelt und quietscht an allen Ecken. Das Bild erinnert an Zeiten vor 100 Jahren. Genau diesen historischen Charme, der durch die alten Eisenbahnen ausgestrahlt wird, sieht der Pressesprecher der HSB, Dirk Bahnsen, als Tourismusmagneten.

Die Dampflok fährt mit Feuer, es wird Kohle verbrannt, aber es ist ein geschlossenes System. Es ist in einer Feuerbüchse. Das Feuer kommt nicht nach draußen.

Dirk Bahnsen Pressesprecher Harzer Schmalspurbahnen

Doch die Dampfloks stehen aufgrund der verheerenden Waldbrände der vergangenen Wochen in der Kritik. Grund dafür ist, dass es Brandherde entlang der Schienenstrecke gab. Bahnsen erklärt: "Die Dampflok fährt mit Feuer, es wird Kohle verbrannt, aber es ist ein geschlossenes System. Es ist in einer Feuerbüchse. Das Feuer kommt nicht nach draußen." Laut Bahnsen ist das Abwälzen der Schuld auf die HSB eine einfache Lösung. Doch in den vergangenen 31 Jahren, die die HSB zum Brocken fährt, sei nicht einmal die Bahn als Brandursache festgestellt worden.

Dem gegenüber stehen Karten aus dem Nationalpark Harz, die auch MDR SACHSEN-ANHALT vorliegen, die zeigen: Seit 1994 häufen sich Brände entlang der Strecke der HSB. An mindestens vier Stellen häufen sich die Feuer seit fast 20 Jahren. Nach Aussage der Feuerwehr im Harz sind es oft größere und kleinere Brände, nicht immer in den Ausmaßen der Waldbrände der letzten Monate, jedoch häufig entlang der Strecke der HSB. Die Bahn sieht hier jedoch keinen Zusammenhang. Es wurde nie eine Ursache mit Blick auf die Dampfloks ermittelt.

Das sind Schutzmaßnahmen gegen Waldbrände

Obwohl sie sich nicht in der Schuld sehen, ergreifen die HSB Maßnahmen, um Waldbrände zu verhindern. Eine der Schutzmaßnahmen ist, dass die Werkstattmechaniker die Loks täglich warten, erklärt Bahnsen. Bei Waldbrandgefahr werden sie von unterschiedlichen Fachkräften doppelt überprüft.

Öffnet man die Klappe vorne an der Lok, zeigt sich die Rauchkammer. Dort befinden sich drei Schutzelemente. Eines davon ist der Funkenfänger. Das Besondere daran: Statt den vorgeschriebenen vier mal vier Millimetergittern sind die Gittermaschen hier einen Millimeter kleiner. Bahnsen erklärt, dass durch das engmaschigen Gitter kaum ein Funke durchkommen kann. Noch kleinere Maschen seien nicht möglich.

Direkt hinter dem Gitter sitzt ein Prallblech, auf das der Rauch stößt. Dadurch werde der Weg des Rauchs verlängert, erklärt Bahnsen. Direkt an der Öffnung gibt es zudem noch eine Rauchkammerspritze in Form einer Querstange. Sie hat die Funktion, die Rauchgase in der Kammer abzulöschen.

Nur bereits kalte Schlacke im Gleis

Fest verbaut sind dazu der sogenannte Aschkasten und die Tenderbrause. Beide sind während der Fahrt dicht, sodass nichts raus kann, so Bahnsen. Hinzu komme, dass sowohl die verbrannte Schlacke im Aschkasten als auch die Kohle in der Tenderbrause mit Wasser besprüht werden.

Dem Pressesprecher zufolge ist die Glut auf dem Verbrannten dadurch abgelöscht und die Kohle verursacht in der Folge weniger Staub. "Ja, es liegt hin und wieder Schlacke im Gleis – aber das sind kalte Stücke, die rausfallen, die abends bei der Reinigung liegen bleiben und am nächsten Tag durch Erschütterungen während des Fahrens ins Gleis fallen", erklärt Bahnsen. Außerdem würden die Dampfloks alle vier Wochen ausgewaschen, um Verkalkungen vorzubeugen.

Ja, es liegt Schlacke im Gleis hin und wieder – aber das sind kalte Stücke, die rausfallen, die abends bei der Reinigung liegen bleiben und am nächsten Tag durch Erschütterungen während des Fahrens ins Gleis fallen.

Dirk Bahnsen Pressesprecher Harzer Schmalspurbahnen

Mögliche Brandursache: Zigarettenstummel von Fahrgästen

Mögliche Auslöser für Waldbrände könnten aus Sicht der HSB dagegen beispielsweise weggeworfene Zigaretten sein. Es würden regelmäßig Durchsagen zum Rauchverbot gemacht und an den Wänden hängen Rauchsverbotsschilder. Jedoch sei es nicht möglich, das Verhalten aller Fahrgäste zu überprüfen.

Bei Waldbrandstufe 5 Diesel- statt Dampfloks

Aktuell verfügt die HBS über neun Dieselloks, jedoch sind nur drei für Passagiere geeignet. Daher sind sie laut Pressesprecher Bahnsen aktuell keine Alternative. Es müssten mehr Dieselloks angeschafft werden oder alte Dieselloks aufwendig reaktiviert werden. Außerdem würden einige Touristen die Dampfloks bevorzugen und deswegen die Fahrt mit der HSB antreten.

Um bei hoher Waldbrandgefahr vorsorglich zu handeln, fahren ab Waldbrandstufe 5 schon jetzt nur noch Dieselloks – bei Stufe 4 wird gesondert entschieden, welche Bahnen fahren. Auch wenn die Harzer Schmalspurbahnen aktuell keine neuen Schutzmaßnahmen plant, steht sie Verbesserungsvorschlägen offen gegenüber, so Bahnsen.

Beim Waldbrand im Nationalpark Harz im September galt nur Waldbrandstufe 3 – Dampfloks sind also auf den Brocken gefahren. Die Waldbrandstufe war Mitte August gesenkt worden, Fahrten unter Dampf waren somit erlaubt.

MDR (Kevin Poweska, Martin Paul) | Erstmals veröffentlicht am 21.09.2022

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 21. September 2022 | 19:00 Uhr

5 Kommentare

Basstian am 22.09.2022

Man liest nichts mehr über die Brandursache. Das Feuer soll an mehreren Stellen gleichzeitig ausgebrochen sein, was nach Brandstiftung riecht. Muß die Brockenbahn jetzt als Bauernopfer herhalten? Gegen Zündler oder Leute, die Scherben in den Wald schmeißen, helfen Dieselloks oder die feuersichersten Dampfloks nicht.

Bernd_wb am 22.09.2022

Ich habe in den letzten Jahren die Bahn genutzt um in den Urlaub zu fahren inclusive Schmalspurbahn. Sofern Sie nicht den Urlaub verbieten wollen... Ich denke es ist eine Attraktion und eine technische Erinnerung. Und bei der Zittauer Schmalspurbahn gibt es ein Pilotprojekt bei dem die Lokomotiven mit Leichtoel angetrieben werden was 40% CO2 Reduzierung bringen soll. Eventuell wird das dann etwas was auch andere Bahnen anwenden??

pwsksk am 22.09.2022

Ich rege mal an. Ist es überhaupt noch sinnvoll, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, wenn wir damit Vergnügen. Ob es alle Schmalspurbahnen in Deutschland sind, ob es die Formel 1 ist, ob es E-Autorennen sind. Oder ist das Geschäft auch für den Staat zu rentabel? Mir reicht das doppelzüngige grüne Geschrei jedenfalls.

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