Spatenstich für "Sonnenhaus" Dieses Haus in Wernigerode soll ganz ohne Gas auskommen

Wernigerode bekommt ein "Sonnenhaus". Die Idee: Es kommt ganz ohne Gas aus – und wird vorrangig mit Sonnenenergie beheizt. 15 Wohnungen auf drei Etagen sollen entstehen – und einen Beitrag leisten zum Klimaschutz.

Visualisierung eines Gebäudes, dessen Dach komplett mit Photovoltaik-Anlagen bestückt ist.
In Wernigerode wird bis Sommer 2024 ein "Sonnenhaus" gebaut. Es soll ohne Gas auskommen. Bildrechte: Copyright Kreativagentur Polyluchs

Offizieller Termin im Wernigeröder Pappelweg: Sechs mit blitzenden Spaten bewaffnete Herren lächeln in die Kameras. Soweit, so alltäglich für einen Baustart. Doch hier beginnt eine neue Zeitrechnung für die Harzstadt. So formuliert es Christian Zeigermann, der Geschäftsführer der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode (GWW).

Denn das "Sonnenhaus", das die GWW hier bauen lässt, kommt ganz ohne Gas aus. Es wird mit Solarthermie und Photovoltaik beheizt, im Winter gleichen Holzpellets die fehlende Sonnenenergie aus. Mit der Sonne habe die GWW einen starken Partner an der Seite, so der GWW Chef. Die schickte dann auch freundlich ein paar Strahlen auf die Baustelle am Pappelweg.

Neubau für den Klimaschutz

Auf einem Plakat sind die Grundrisse mehrerer Etagen eines Neubaus zu sehen.
Die Zickzack-Fassade sticht auch auf dem Grundriss ins Auge. Bildrechte: MDR/Elke Kürschner

Wernigerodes Oberbürgermeister Tobias Kascha hat ein paar Jahre in dieser Ecke der Stadt gelebt und so freut es ihn besonders, dass der Neubau dort entsteht. Das Viertel werde dadurch aufgewertet, der Bau sei klimagerecht und das kommt am Ende auch den künftigen Mieterinnen und Mietern zugute. Mitten im Wohngebiet "Seigerhüttenweg" zwischen Häusern, die um 1930 entstanden, wächst in den nächsten Monaten der Neubau in die Höhe. 15 Wohnungen von 50 bis 120 Quadratmetern auf außergewöhnlichen Grundrissen und mit Zickzack-Fassade als Blickfang.

Mutig findet das Immo Kramer, GWW Aufsichtsratsvorsitzender und Wernigerodes Baudezernent: "Städtebaulich ist das etwas, was diese geraden Linien hier im Quartier etwas auflockert und es ist auch mutig, solche Grundrisse am Markt zu platzieren. Gerade und einfach kann jeder. Und dann haben wir natürlich auch die energetische Qualität, die, glaube ich, nicht nur unserer Stadt Wernigerode gut zu Gesicht steht, sondern auch ein Zeichen der Zeit ist. Und es ist mutig, mit neuen Technologien an den Start zu gehen."

Gerade und einfach kann jeder.

Immo Kramer Baudezernent von Wernigerode
Ein Mann lächelt auf einer Baustelle, im Hintergrund sind mehrere Häuser zu sehen.
Stadtratspräsident Uwe-Friedrich Albrecht hofft, dass keine weiteren Richtlinien den Bau verzögern. Bildrechte: MDR/Elke Kürschner

Wobei dieses Haus die Planer an den Rand der Verzweiflung brachte: Das Genehmigungsverfahren wurde zum Marathon, immer wieder musste nachjustiert werden, weil Richtlinien und Vorgaben verändert wurden. Das beklagte Stadtratspräsident Uwe-Friedrich Albrecht, drängte zur Eile beim Baustart und scherzte: dass nicht schon wieder eine neue Richtlinie kommt und den ersten Spatenstich stoppt. Ein bisschen Humor gehört dazu. Doch im Moment sind Bauvorhaben ganz besonders schwer umzusetzen.  

"Sonnenhaus" kostet rund sechs Millionen Euro

Die Kosten für das Sonnenhaus belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro. Die investiert die GWW allein, ohne Fördermittel von Bund und Land. Überhaupt, so der Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalts, Jens Zillmann: Es sei besonders lobens- und erwähnenswert, dass die GWW die Kraft und die Finanzen finde, dieses Vorhaben umzusetzen. Die Bundesregierung dagegen habe ihr Wohnungsbauziel von 400.000 Neubauwohnungen mehr als verfehlt.

Scharf kritisierte Zillmann die Wohnungspolitik der Bundesregierung: "Wir erwarten dieses Jahr einen Rückgang der Neubauziele um fast 50 Prozent in ganz Deutschland. Wir haben vielleicht knapp 200.000 Wohnungen gebaut. Wir in Sachsen-Anhalt mit über 30.000 leerstehenden Wohnungen bräuchten nicht zwingend diese Neubau-Förderung, die Berlin so vor sich herträgt. Wir brauchen Investitionen im Bestand."

Energie wird nachhaltig erzeugt

Das "Sonnenhaus" erzeugt Energie nachhaltig. Das Wasser wird mit Solarthermie aufbereitet, der Strom per Photovoltaik produziert, geheizt wird mit Holz-Pellets – die Gebäudewirtschaft Wernigerode GWW setzt damit neue Maßstäbe.

Im Sommer 2024 soll das "Sonnenhaus" bezugsfertig sein. Schon Anfang Dezember, genau zum Nikolaustag kann die erste Musterwohnung besichtigt werden. Der Termin steht, so GWW Chef Zeigermann. Und die Nachfrage sei da. Mehr als die Hälfte der Wohnungen habe bereits Interessenten gefunden.

MDR (Elke Kürschner, Luca Deutschländer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Januar 2023 | 17:00 Uhr

5 Kommentare

wrngrde vor 18 Wochen

Pellets sind Klimaschädlicher als Gas...
Gegenüber Gas als Energieträger wird 3 x soviel co2 ausgestoßen.
Kleine Info:
https://www.ndr.de/ratgeber/Pelletheizung-Schlecht-fuer-Wald-und-Klima,pelletheizungen100.html

Nur über PV erzeugter Strom ist klimaneutral. Dafür würde die Fläche nict reichen...
Das sogenannte Sonnenhaus ist Greenwashing.

elbcom vor 18 Wochen

Über dass Aussehen mag man sich streiten, meins ist es auch nicht. Aber hoffen wir mal, dass es als Machbarkeitsstudie viele Erkenntnisse bringt, was technisch und wirtschaftlich so machbar ist für nachhaltiges Wohnen.

Shantuma vor 18 Wochen

Das Wohnungsbauziel müsste genauer definiert werden.

Denn Wohnungen kann man gerne bauen, doch fehlen Sozialwohnungen, oder Wohnungen für finanzschwache Haushalte.
Dieses Problem hat aber nicht nur diese Regierung, sondern die Regierungen seit ... 30-40 Jahren?

Der Fokus bei Sanierungen sollte dabei auf Speicherung und Eigenerzeugung liegen.
Wichtig ist ebenso, dass Stromnetz zukunftssicher zu machen. Die heutigen Stromnetzplanungen, so scheint es mir, sind auf heute abgestimmt und nicht auf 2035 oder 2050.

Dabei würde ich ein Stromnetz der dezentralen Erzeugung bevorzugen, welches aber immense Investitionskosten mit sich bringen und natürlich gegen die Interessen von Lobbyisten spricht.

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