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90 Minuten BlackoutLahmgelegt – was die Stadt Burg aus einem Stromausfall im Sommer gelernt hat

17. November 2022, 18:23 Uhr

Es war ein Fehler im Umspannwerk, der am 7. Juli dieses Jahres in Burg nicht nur die Lichter ausgehen ließ. Für 90 Minuten befand sich die Stadt im Ausnahmezustand. Betroffen waren nicht nur 20.000 Haushalte – sondern auch Stadtverwaltung, Feuerwehr und Wasserverband. Nun werden Krisenpläne überarbeitet. Schließlich war die Gefahr großflächiger Stromausfälle schon mal geringer.

Als vor Jahren bei mir zu Hause plötzlich der Strom ausfiel, brauchte ich eine Weile, bis ich den Sicherungskasten gefunden hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine solche stromlose Situation erlebt. In meiner Kindheit, so erinnere ich mich, lagen auf dem Sicherungskasten immer ein Kerzenstummel sowie eine Schachtel Streichhölzer. Dass mal der Strom ausfiel, war zu DDR-Zeiten nicht so ungewöhnlich, allerdings war das Leben auch deutlich weniger elektrifiziert als heute.

Stromausfall trifft Alltag von allen

Von der Zahnbürste über den Rasierapparat bis hin zur Armbanduhr, dem Handy oder dem Hörgerät – die Menschen haben viele Geräte elektrifiziert, die ihren Alltag erleichtern. Allerdings trifft ein Stromausfall auch ganz zentrale Bereiche des persönlichen Lebens: etwa das Kochen, Heizen oder Wäschewaschen. Fahrstühle, die nicht mehr fahren; Radios, die stumm bleiben oder das Internet, das nicht erreichbar ist, kommen hinzu. Man kann sagen: Fällt der Strom aus, ist unser Alltag also in extremer Weise betroffen.

20.000 Haushalte in Burg betroffen

Was für Haushalte gilt, ist auch für Städte und Gemeinden relevant, denn dass zum Beispiel die Straßenbeleuchtung ausfällt, dürfte das eher kleinere Übel sein. Das zeigte sich am 7. Juli dieses Jahres exemplarisch in Burg im Jerichower Land, als am Nachmittag für die Länge eines Fußballspiels der Strom ausfiel. Rund 20.000 Haushalte waren davon betroffen, aber auch die Ampelanlagen in der Stadt, die Tankstellen und Supermärkte sowie das Telefonnetz.

Da stellte man fest, dass gewisse Sachen nicht funktionieren.

Philipp Stark | Bürgermeister von Burg

Kein Internet, keine Handys

Nicht nur viele Einwohner, auch die Stadtverwaltung, wurde von dem Stromausfall überrascht. Das räumt jetzt, wenige Monate später, Bürgermeister Philipp Stark ein: "Da stellte man fest, dass gewisse Sachen nicht funktionieren. Wir konnten beispielsweise nicht mit den Stadtwerken kommunizieren, weil die Handys nicht funktionierten. Wir hatten kein Internet mehr. Wir wussten also nicht, wie wir uns selber informieren konnten als Stadt. Und wir selbst konnten auch die Bürgerinnen und Bürger nicht informieren."

Krisenpläne in Burg werden nach Stromausfall angepasst

Die Menschen in Burg hatten Glück, dass der Stromausfall nicht am frühen Morgen alles lahmlegte – einer Zeit, in der die Nachfrage für gewöhnlich besonders hoch ist. Dennoch hat die Stadt aus dem Vorfall Lehren gezogen und eine Arbeitsgruppe gebildet, unter dem Stichwort "Kommunales Krisenmanagement". Bürgermeister Stark will vor allem die innerstädtische Zusammenarbeit verbessern: "Wir werden das breiter fächern und arbeiten deshalb mit der Feuerwehr, mit den Stadtwerken und auch dem Wasserverband zusammen. Außer einem Stromausfall kann es ja auch andere Havarie-Fälle geben, von einem Wasserrohrbruch in einer Kita bis hin zu gewissen Naturkatastrophen."

Guter Schutz vor Hochwasser

Beim Thema Hochwasser sind Sachsen-Anhalts Städte und Gemeinden, aber auch die Landkreise inzwischen gut vorbereitet, weil in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt die Flüsse über die Ufer getreten waren. In anderen Bereichen gibt es hingegen offenbar Nachholbedarf.

Telefone krisenfest machen

Als größtes Problem erwies sich beim Burger Stromausfall im Sommer der Zusammenbruch aller Kommunikationsnetze. Wenn weder Handy, noch Telefon oder auch die Internetverbindungen funktionieren, dann ist es schwer, Entscheidungen zu treffen, ohne über das Ausmaß oder die Ursache des Stromausfalls Bescheid zu wissen. Deshalb soll in Burg zunächst die Kommunikationsstruktur krisenfest gemacht werden, nicht mit Brieftauben oder einem Rauchzeichengenerator, sondern mit einer sogenannten Netzersatzanlage.

Krisenvorsorge wird deutlich teurer

Mit Batterien und Notstrom soll es so in Zukunft möglich sein, auch ohne Stromnetz zu kommunizieren, erklärt der Burger Bürgermeister: "Das haben wir mit dem Wasserverband und den Stadtwerken so vereinbart, dass jeder ein Drittel der Kosten übernimmt, zur Sicherung der kritischen Infrastruktur." Rund 20.000 Euro kostet eine solche Anlage. Eine sinnvolle Investition, so Philipp Stark. Allerdings wird die Krisenvorsorge für die Stadt deutlich teurer werden, denn nicht nur die Kommunikation muss in Burg ertüchtigt werden.

Erst kein Strom – dann kein Wasser

Nicht nur das private Leben, auch die öffentliche Infrastruktur ist inzwischen stark elektrifiziert. Niemand holt mehr Wasser von der Handpumpe, auch gibt es keine Plumpsklos mehr. Das allerdings setzt voraus, dass Pumpen und Hebeeinrichtungen die Trink- und Abwasser in Bewegung halten. Fällt der Strom aus, kann das auch Folgen für die Toilettenspülung haben.

Zwar liegt die Stadt Burg im Vergleich zum Klärwerk relativ hoch, so dass in vielen Stadtteilen das Abwasser ohne Strom fließen kann. Doch das gilt nicht für die gesamte Stadt. Deshalb müsse auch hier jetzt nachgerüstet werden, erklärt Bürgermeister Stark: "Bei den Hebestationen müssen wir jetzt Lösungen finden, gemeinsam mit dem Wasserverband, also entweder auf batteriebetriebene Lösungen setzen, oder auf Notstromaggregate."

Blackout eher unwahrscheinlich

Dass in Deutschland ein flächendeckender und langanhaltender Stromausfall droht, also ein sogenannter Blackout, wird unter Experten sehr kontrovers debattiert. Für den Burger Bürgermeister ist das eine überwiegend theoretische Debatte, denn die Möglichkeiten der Stadt, sich auf so eine Krise vorzubereiten, seien sehr begrenzt. In einem solchen Fall würden ohnehin nur bundesweite Notfallpläne greifen.

Schon ein dreitägiger Stromausfall wäre eine echte Herausforderung: "Das ist dann ein echter Katastrophenfall und da ist dann auch definitiv der Landkreis mit im Boot. Und dann muss man natürlich auch mit der Landesebene sprechen, wie man hier gemeinsam eine solche Thematik angeht."

Das ist dann ein echter Katastrophenfall und da ist dann auch definitiv der Landkreis mit im Boot.

Philipp Stark, Bürgermeister von Burg | über einen Stromausfall, der drei Tage andauert

Auf Notfall besser vorbereitet sein

Philipp Stark hält nichts davon, durch Dramatisierungen die Bevölkerung zusätzlich zu verunsichern, räumt aber ein, dass die Notfallvorbereitungen verbesserungswürdig sind: "Ich finde es wichtig, über gewisse Krisenthemen nachzudenken und sich mit den Risiken auseinanderzusetzen. Auch in Kooperationen mit dem Landkreis und der Landesverwaltung. Man sollte solche Pläne in der Schublade haben."

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MDR (Uli Wittstock, Luca Deutschländer)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 13. November 2022 | 19:00 Uhr

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