Untersuchungsausschuss zum Magdeburg-Attentat Von 119 Hinweisen führen viele nach Sachsen-Anhalt
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13. Februar 2025, 14:58 Uhr
Am Donnerstag konstituiert sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt. Er soll die Geschehnisse rund um den Anschlag in Magdeburg aufarbeiten. Nach Recherchen von MDR Investigativ hat das Bundesinnenministerium seine Liste an Vorfällen, die Taleb A. betreffen, auf 119 Punkte erweitert. Das sind 14 mehr als bisher bekannt. Es handelt sich um dabei um Informationen, Aktivitäten und Taten, mit denen Taleb A. bei verschiedenen Behörden in ganz Deutschland in Erscheinung getreten ist.
- Wie viele Spuren führen nach Sachsen-Anhalt?
- Gefährderansprachen: Frühzeitige Warnungen oder zahnlose Maßnahmen?
- Terrorismus-Hinweise: Wurde eine Gefahr unterschätzt?
Das Bundesinnenministerium hat seine Liste an Vorfällen, die Taleb A. betreffen, auf 119 Punkte erweitert. Das ergaben Recherchen von MDR Investigativ. Von den 119 zusammengetragenen Hinweisen waren nach MDR-Recherchen sachsen-anhaltische Ermittlungsbehörden in mehr als 40 Fällen involviert. Während einige dieser Hinweise zu Ermittlungen führten, wurden andere nicht weiterverfolgt. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtages soll nun ab Donnerstag klären, ob diese Einschätzungen gerechtfertigt waren oder ob möglicherweise gefährliche Entwicklungen übersehen wurden.
Anzeigen gegen Taleb A. – Bedrohungen, Ermittlungen und Gefährderansprachen
Gegen den Attentäter von Magdeburg wurden über die Jahre hinweg mehrere Strafanzeigen erstattet, in einer Vielzahl waren Behörden in Sachsen-Anhalt involviert. Einige hat der Täter selbst gestellt. Unter anderem hat er mehrere Anzeigen gegen Mitglieder der "Säkularen Flüchtlingshilfe Deutschland e.V." gestellt.
In dem Zusammenhang verfügte die zuständige Staatsanwaltschaft Köln im September 2023 eine sogenannte Gefährderansprache. Dies ist eine Maßnahme, die sich gegen Personen richtet, die als Gefährder eingestuft werden, und die der Gefahrenabwehr dienen soll. Sie wird in der Regel durch die örtlich zuständigen Polizeien durchgeführt. Das zuständige Revier Salzlandkreis informierte sich im Vorfeld beim Staatsschutz und im LKA Sachsen-Anhalt, über Taleb A. Nach MDR-Recherchen gab es von Seiten des Staatsschutzes keine Bedenken, sodass die Gefährderansprache durchgeführt wurde.
Laut Unterlagen, die der MDR einsehen konnte, erfolgte danach eine Rückmeldung an die Behörden in Nordrhein-Westfalen. Eine Gefährdung durch Taleb A. sei derzeit ausgeschlossen. Unklar ist aber noch, wer diese Einschätzung getroffen hat.
Terrorismus-Hinweise: Wurde eine Gefahr unterschätzt?
Neben den Anzeigen gab es auch internationale Hinweise auf Taleb A., die laut der Unterlagen in Sachsen-Anhalt bekannt waren. Besonders schwerwiegend sind Meldungen zu seinen Social-Media-Äußerungen, in denen er Straftaten androhte. Unter anderem schrieb er: "Would you blame me if I randomly killed 20 Germans because of what Germany is doing against the Saudi opposition?" Sprich: "Würden Sie es mir verdenken, wenn ich wahllos 20 Deutsche töten würde, wegen dem, was Deutschland gegen die saudische Opposition unternimmt?"
Würden Sie es mir verdenken, wenn ich wahllos 20 Deutsche töten würde, wegen dem, was Deutschland gegen die saudische Opposition unternimmt?
Diese Äußerungen lösten zwar nach MDR-Recherchen polizeiliche Ermittlungen in Sachsen-Anhalt aus – doch gleich zwei Mal wurden in diesem Verfahren Anträge auf eine Durchsuchung seiner Wohnung abgelehnt. Aus Unterlagen, die der MDR einsehen konnte, geht hervor, dass drei Mal versucht wurde, eine Gefährderansprache durchzuführen. Taleb A. konnte aber nie angetroffen werden. Zuständig war hier offenbar die Polizeiinspektion Magdeburg. Nach deren Abschlussbericht wurde das Verfahren schließlich im März 2024 eingestellt.
Stimmen aus dem Magdeburger Landtag
Guido Kosmehl, Landtagsabgeordneter und Obmann der FDP im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, fragt sich, ob die Behörden den vielen Hinweisen nicht mit der nötigen Akribie nachgegangen sind: "Ich denke da zum Beispiel auch an die Vielzahl von Verfahren, die eingestellt worden sind", so der Abgeordnete, "da müssten aus meiner Sicht Alarmglocken angehen." Sebastian Striegel von den Grünen sieht im Untersuchungsausschuss jetzt eine Bringepflicht der Regierungsparteien, zur Aufklärung beizutragen: "Hier wird sich dann zeigen, ob wir durch die Beweisanträge und die Zeugenvernehmungen in dem Ausschuss wirklich in die Tiefe gehen oder ob nur an der Oberfläche gekratzt wird."
Im Oktober 2024 wurde erneut eine Gefährderansprache an seiner Arbeitsstelle durchgeführt. Hintergrund waren Drohungen, die Taleb A. gegen seinen ehemaligen Anwalt geäußert hatte. Nach weiteren Ermittlungen war er dann im November zu einer Beschuldigten-Vernehmung in die Polizeiinspektion Magdeburg vorgeladen worden. Er erschien nicht und legte stattdessen eine Krankmeldung vor.
Am selben Tag, am 14. November 2024, wurde der Vorgang von der Polizeiinspektion Magdeburg an die Staatsanwaltschaft Magdeburg abgegeben. 36 Tage später raste Taleb A. über den Magdeburger Weihnachtsmarkt.
MDR (Lars Frohmüller, Nadja Malak, Jana Merkel, Edgar Lopez), zuerst veröffentlicht am 12.02.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 12. Februar 2025 | 17:00 Uhr
pwsksk vor 5 Wochen
@TT, sie schreiben mir nur nach dem Mund aber mein Geschriebenes interessiert sie nicht. Gehen sie bitte ihres Weges, der mich schon gar nicht (mehr) tangiert.
Thommi Tulpe vor 5 Wochen
Wie Sie wissen, tangiert es mich nicht, ob Sie Richtiges oder Falsches schreiben. Wir beide wissen doch sehr genau, dass "richtig" und "falsch" Sachen des Standpunktes sind, in welchem wir beide immer unterschiedlicher Meinungen sind. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Sachsen-Anhalt Regierenden auch nicht meinem damaligen Wählerwillen entsprechen.
Ich weiß, dass einige Menschen aus dem arabischen Raum auch in einer DDR studierten oder einen Beruf erlernten. Zwei Algerier lernte ich damals kennen - keinen Saudi. Dennoch halte ich es für schwer denkbar, dass diese Menschen in einer DDR dauerhaft sesshaft wurden. Auch jene Menschen lockten eher die D-Mark und andere Freiheiten.
Wenn heute Zahnärzte fehlen: Eine DDR plante im Voraus, wie viele Leute in den Berufen zukünftig gebraucht werden. Das hatte aber auch zur Folge, dass z. B. nicht jeder Zahnarzt werden konnte, der Zahnarzt werden wollte. Zumindest aber scheint Planwirtschaft nicht grundsätzlich verkehrt gewesen zu sein!?
schwester65 vor 5 Wochen
Auch zu DDR-Zeiten gab es viele ausländische Auszubildende und Studenten im Land. Das Prinzip war einfach, sie wurden ausgebildet, um dann in ihren Heimatländern die Fachkräftesituation nachhaltig zu verbessern.
Wer sich allerdings von diesen Leuten nicht zu benehmen wusste oder straffällig wurde, der wurde sofort nach Hause geschickt und zwar ohne lange Diskussion.