Motivation Zufriedenheit und Wertschätzung: Wie eine Firma aus Magdeburg sich um ihre Arbeitskräfte kümmert
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18. November 2024, 12:02 Uhr
Noch immer wandern in Sachsen-Anhalt junge Menschen ab, um anderswo zu arbeiten. Ein Grund dafür sind die Gehaltsunterschiede zwischen Ost und West. Aber auch die Unternehmenskultur ist in vielen Firmen hierzulande nicht gerade einladend. In unfreundlicher Atmosphäre arbeitet niemand gern. Doch wer Fachkräfte sucht, muss sich auf den veränderten Arbeitsmarkt einstellen.
- Das Unternehmen Hasomed setzt für den eigenen Erfolg auf Wertschätzung und Investitionen in die eigenen Mitarbeiter.
- Personalberaterin Sybille Heinemann sieht mehr Empathie und Flexibilität in Unternehmen als Schlüssel für die Mitarbeiterbindung.
- Nicht allein das Geld sei wichtig für das Wohlbefinden der Mitarbeiter.
Ein klassisches Betriebsgelände braucht die Magdeburger Firma Hasomed nicht. Dort, wo in anderen Unternehmen Material gelagert wird oder der Fuhrpark steht, befindet sich ein Volleyballfeld. Hasomed ist im Wesentlichen ein Softwareunternehmen und vor allem in der Medizinsparte tätig. Inzwischen hat Hasomed rund zweihundert Beschäftigte mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren. Schon im Eingangsbereich wird schnell deutlich, dass man hier eine besondere Firmenkultur lebt.
Betriebseigene Kita und eigene Küche
Es kann durchaus passieren, dass plötzlich Kinder über den Flur laufen, denn Hasomed hat einen eigenen Betriebskindergarten. Essen gibt es im Firmencafé mit Müslibar und angeschlossener Küche. Antje Weber ist zuständig für das sogenannte "Inhousemangement" bei Hasomed und organisiert die Angebote für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: "Die Köchinnen kochen selber, jeden Tag frisch. Sie lassen es sich auch nicht nehmen, die Kartoffeln selbst zu schälen." Das Essen werde subventioniert. Es gebe Sportangebote und ein betriebliches Gesundheitsmanagement – einen Tischtennisraum und Duschen, denn die Belegschaft kann ein Fitnessstudio im Firmennähe besuchen.
Wertschätzung als Firmenphilosophie
Nun ist Hasomed allerdings keine Kureinrichtung, sondern ein gewinnorientiertes Unternehmen, das im Wettbewerb steht. Das heißt konkret, dass die Angestellten tatsächlich auch arbeiten. Allerdings sind die Büroräume offen gestaltet: Dazu gehört, dass es keine festen Sitzplätze gibt. Man kann sowohl am klassischen Schreibtisch arbeiten, wie auch flätzend auf einem Sitzsack oder auf einer Art Hometrainer, also ein Bürostuhl mit Pedalen, um sitzend in Bewegung zu bleiben.
Die Firma organisiert regelmäßig After-Work-Partys. Weber sagt: "Wir haben ein Familienfest im Sommer, und natürlich die Weihnachtsfeier im Winter. Und das alles trägt dazu bei, dass man sich schnell kennenlernt, auch bereichsübergreifend. Und demzufolge werden aus Kollegen eben auch Freunde, und das macht das ganze Umfeld herzlich und warm."
Erfolg durch engagierte Mitarbeiter
Lange Zeit konnten sich in Sachsen-Anhalt Firmen ihre Mitarbeiter auswählen und nahmen kaum Rücksicht auf die Belange ihrer Beschäftigten. Bei zweistelligen Arbeitslosenraten war der Begriff "work life balance" praktisch unbekannt. Hasomed-Geschäftsführer Matthias Weber ist seit 2016 im Amt und hat frühzeitig umgesteuert, natürlich nicht uneigennützig. "Für mich ist die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen unwahrscheinlich wichtig. Die Mitarbeiter verbringen hier den ganzen Tag viel Zeit. Es ist wichtig, dass sie auch mental einen ganzen Tag hier sind. Und dafür haben wir hier eine Arbeitsatmosphäre geschaffen, die das unterstützt." Hasomed sei deshalb ein so erfolgreiches Unternehmen, erklärt Matthias Weber.
Umdenken in Chefsesseln nötig
Seit 25 Jahren ist Sybille Heinemann Personalberaterin in Magdeburg und kennt die Probleme der Firmen im Land sehr gut. Aus ihrer Sicht wird sich in den nächsten Jahren zeigen, welche Firmen im Kampf um Fachkräfte erfolgreich sind: "Die Unternehmer müssen sich Gedanken machen und über flexible Arbeitszeitmodelle nachdenken. Und sie müssen besser zuhören und die Sorgen und Ängste der Mitarbeitenden ernst nehmen." Das seien wichtige Faktoren für die Mitarbeiterbindung, so Sybille Heinemann. Hinzu kommt, dass viele Bereiche der Arbeitswelt sich ändern, neue Technologien bringen neue Anforderungen im Job. Für Sabine Heinemann liegt da ein weiteres Problem: "Wir haben schnellere Reaktionszeiten in den Unternehmen und die Probleme sind vielfältiger geworden. Das führt zu hoher Arbeitsbelastung und mehr Stress." Die Folgen zeigten sich auch in den anhaltend hohen Krankenständen, so Heinemann.
Die Unternehmer müssen sich Gedanken machen und über flexible Arbeitszeitmodelle nachdenken. Und sie müssen besser zuhören und die Sorgen und Ängste der Mitarbeitenden ernst nehmen.
Es geht nicht nur ums Geld
Hasomed ist sicherlich ein Unternehmen, von denen es nicht viele in Sachsen-Anhalt gibt, denn so eine mitarbeiterorientierte Betriebskultur muss man sich auch leisten können. Noch immer verdient jeder vierte Beschäftigte in Sachsen-Anhalt Mindestlohn. Das weiß auch Sybille Heinemann. Doch Wertschätzung habe nicht immer etwas mit Geld zu tun, sagt die Personalberaterin: "Man kann es mit einem besseren Betriebsklima schaffen, also mit mehr Wertschätzung durch die Führungsebene. So erreicht man eine höhere Zufriedenheit der Leute. Man kann Menschen eben nicht nur mit Geld motivieren."
Hasomed-Geschäftsführer Matthias Weber sieht sich in Sachsen-Anhalt durchaus als Vorreiter beim Kampf gegen den Fachkräftemangel. Aus seiner Sicht gibt es keine Alternative zu einem wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitern: "Es lohnt sich, in die Mitarbeiter zu investieren. Das, was wir erreicht haben, ist ein wesentlich höheres Engagement, ein geringerer Krankenstand und insgesamt eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre. Mein persönliches Motto ist: Spaß bei der Arbeit muss sein."
Im Übrigen trifft das Problem nicht nur die freie Wirtschaft, denn auch in Sachsen-Anhalts Behörden, von den Ministerien bis hin zur Gemeindeverwaltung herrscht mitunter ein Führungsstil, der alles andere als wertschätzend ist.
MDR (Uli Wittstock, Anne Gehn-Zeller) | Erstmals veröffentlicht am: 15.11.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. November 2024 | 17:00 Uhr
Posleen vor 2 Wochen
Wenn man aus der Branche kommt und das Unternehmen und einige deren Mitarbeiter kennt, dann wundert man sich über diesen Werbebeitrag des MDR. Hier wurden einfach stumpf die Werbeslogans des Unternehmens wiederholt, ohne zu recherchieren, wie es in der Realität aussieht. Man holt die Wohnzimmer Atmosphäre ins Büro und deklariert es als Teil des Lohnes, aber man verschweigt, das dies nur zum Großteil die Führungskräfte und Entwickler nutzen können, aber nicht die Support Mitarbeiter, denn die haben dafür gar keine Zeit. Und das alles für ein Einkommen, dass weit unterhalb des Branchendurchschnitts liegt. Es ist nicht Immer Gold, was glänzt. Ich bin übrigens kein ehemaliger Mitarbeiter. Aber ich arbeite in dieser Branche. Kann der MDR auch für uns vielleicht kostenlos Werbung machen?
Tom0815 vor 2 Wochen
@pwsksk
Auch ein IT-Unternehmen wie Hasomed ist Teil der Leistungsgesellschaft/Wirtschaft.
Die völlig überholte Vorstellung, dass dies lediglich auf Jobs zutrifft, bei denen man sich "dreckig macht" ist genau das: überholt. In Deutschland arbeiten mittlerweile über 75% im Dienstleistungssektor und davon ein Großteil im Büro.
Und in Zeiten/Branchen in denen man sich um seine Belegschaft kümmern "muss", weil diese nicht ohne weiteres austauschbar sind und/oder Bewerber reihenweise Schlange stehen, sind derartige Benefits mittlerweile oft Standard. Und dies oft mit einem positiven Effekt für Mitarbeiter und Unternehmen (siehe z.b. diesen Artikel).
Und ich persönlich bin sehr froh ebenfalls in einem Unternehmen zu arbeiten, wo man auf das Mit- und Füreinander Wert legt. Da lockt mich auch mehr Geld nicht so leicht weg und ich bin froh nicht den Großteil meiner Zeit mit möglicherweise frustrierten Dauermeckerern verbringen zu müssen.
pwsksk vor 2 Wochen
Es geht in dieser Firma ums Thema "Psycho" und "praxisorientierte Abrechnungssoftware" dafür. Also ein Bereich aus dem Gesundheitswesen.
Finde ich gut, wenns den Mitarbeitern und Familien dort gut geht.
Dieses Modell ist aber auf eine Leistungsgesellschaft/Wirtschaft nicht übertragbar und ist typisch für die heutige "worklive balance". Das Geld dafür kommt aus den Krankenkassen. Sagt für mich alles.