Prämonstratenserberg Magdeburg beschließt Bau eines neuen Altstadtviertels – genaue Umsetzung umstritten

15. Juli 2021, 20:33 Uhr

Der Stadtrat von Magdeburg hat einen Grundsatzbeschluss für das neue Viertel in der Magdeburger Altstadt getroffen. Trotz des positiven Beschlusses gab es auch Kritik am Vorhaben. Die Bauherren werden nun unter Einbezug von Gutachtern und der Bevölkerung einen Bebauungsplan ausarbeiten und dem Stadtrat wieder vorlegen müssen.

Leonard Schubert
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Mit großer Mehrheit hat der Magdeburger Stadtrat heute einen Grundsatzbeschluss zum Bauvorhaben am Prämonstratenserberg gefasst. Dieser bedeutet, dass das Gelände des Prämonstratenserberges in der Magdeburger Altstadt generell bebaut werden soll. Jetzt ist es an den beiden Bauherren, der Wobau Magdeburg und der Upwind Holding, im Austausch mit Experten sowie Bürgerinnen und Bürgern aus den Entwürfen konkrete Bebauungspläne auszuarbeiten. Diese werden dann erneut dem Stadtrat vorgelegt und müssen dort bestätigt werden, bevor es mit einer Bebauung losgehen könnte.

Die ersten Entwürfe sehen den Bau von Häusern als Wohnraum und zur gewerblichen Nutzung vor. Dabei sollen auch historische Fassaden an die Gebäude angebracht und historische Straßenzüge berücksichtigt werden.

Bürgerinnen und Bürgen üben Kritik am Bauprojekt

Der Abstimmung ging Kritik voraus. Bürgerinnen und Bürger hatten dem Stadtrat eine Petition überreicht, in der sie einerseits eine direktere Beteiligung an der Planung und andererseits einen Ausgleich zum Verlust der Grünflächen forderten. Franka Kretschmer und Bärbel Vetter hatten die Petition organisiert. Sie kritisierten die Bebauung als unnötig und nannten sie eine "katastrophale Entscheidung in Bezug auf Klimaschutz". Sie kündigten an, sich gegen das Vorhaben organisieren zu wollen.

Beide befürchten, dass nach dem Grundsatzbeschluss des Stadtrates die Bürger de facto nur noch unzureichendes Mitspracherecht bekämen. Sie sagten, die Stadt hätte genug Wohnraum und Gewerbeflächen. Statt neu zu bauen müsse dringend mehr für den Klimaschutz getan werden. Bärbel Vetter, die auch die Stadtratssitzung mitverfolgte und dort das Gespräch suchte, beklagte, sich nicht ernst genommen zu fühlen. Obwohl sich ihre Bedenken vor Allem auf den Klimaschutz bezögen, sei sie als "Anwohnerin, die keine Gebäude vor der Nase haben will" abgestempelt worden. Dies sei aber gar nicht der entscheidende Punkt für sie.

Auch die bei einer zufälligen Umfrage befragten Bürgerinnen und Bürger am Prämonstratenserberg äußerten sich fast durchweg kritisch über das Bauprojekt.

Positiver fällt hingegen das Urteil der nicht-repräsentativen MDR–Umfrage aus. Dort gaben 70% an, dass sie im Stadtrat mit "Ja" oder "tendenziell mit Ja" gestimmt hätten, wenn sie entscheiden dürften. Nur 30% waren entweder tendenziell oder ganz gegen das Bauvorhaben.

Kontroverse Debatte im Stadtrat

Im Stadtrat selbst gab es eine lange, kontroverse Debatte vor der Abstimmung. Die Fraktion Grüne/Future stellte gemeinsam mit der Fraktion Die Linke einen Antrag, die Abstimmung zu vertagen, um mehr Zeit zu haben, über Bürgerbeteiligung und offene Fragen zu sprechen. Dieser wurde abgelehnt.

Ebenfalls abgelehnt wurde ein Änderungsantrag der AfD, der vorsah, nicht nur einzelne Gebäude mit historischen Fassaden zu versehen, sondern alle Gebäude nach historischem Vorbild zu verkleiden.

Die Sitzung des Stadtrates kann hier nachgeschaut werden. Die Debatte um den Prämonstratenserberg beginnt circa. nach einer Stunde und zwanzig Minuten.


Ein Änderungsantrag der Fraktion Grüne/Future wurde mit knapper Mehrheit angenommen. In diesem wird unter anderem gefordert, dass bei der Ausarbeitung der Bebauungspläne den archäologischen Untersuchungen genug Zeit eingeräumt werden soll oder dass zum Ausgleich des Verlusts der Grünfläche Baumpflanzungen und Fassadenbegrünung vorgenommen werden sollen.

Trotz verschiedener Wünsche große Mehrheit im Stadtrat für Bebauung

Die lange Debatte demonstrierte, dass im weiteren Verlauf der Planungen und Bebauungspläne für das Areal noch lange Kontroversen über die konkrete Umsetzung folgen werden. Trotz der Meinungsverschiedenheiten und teilweiser Kritik bezüglich der möglichen Umsetzung des Projektes stimmten aber alle Fraktionen bis auf die Linke einer Bebauung des Areals grundsätzlich zu. Besonders SPD und CDU betonten, dass das Projekt sehr gut für die Stadt sei und einzelne Punkte an anderer Stelle diskutiert und entschieden werden könnten.

Nur die Linke kritisierte das Bauvorhaben insgesamt. René Hempel (Die Linke) sagte, dass Areal solle am besten als Grünfläche belassen werden. Er kritisierte außerdem die Wobau und sagte, die Aufgabe sei es, günstigen Wohnraum zu bauen und nicht noch mehr Gewerbefläche oder teure Gebäude mit historischen Fassaden zu errichten.

MDR/Leonard Schubert

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 16. Juli 2021 | 09:30 Uhr

2 Kommentare

Durchblick 2.0 am 16.07.2021

Jaja, die arme Grünfläche, wo sich alle Bürger tummeln. Ich lach mich kaputt. Da ist überhaupt nichts, gar nichts los. Einfach nur besorgte Bürger, welche von ihrem Balkon nicht mehr direkt auf die Elbe gucken können. Würde es nach diesen Leuten gehen, wäre die Innenstadt immer noch eine große Wiese vom Bahnhof bis zur Elbe.
Eine Innenstadt lebt von Urbanität.
Die tun ja so, als würde da sonst was passieren.
Ich freu mich.

PS: ich könnte innerhalb eines Tages das Vierfache an pro Stimmen sammeln, was die 2 Damen da an Nein gesammelt haben.

Machdeburjer am 16.07.2021

Sehr sehr gut Entscheidung!! Gefällt mir und eigentlich allen meiner Freunde und Bekannten auch.
Dass das den paar Leuten ein Dorn im
Auge ist, welche dort die Welle bewohnen, ist doch logisch.
Haben die echt gedacht, dass dieses große Filet Stück unbebaut bleibt?
Einfach mal das fertige Bild anschauen, tun ja gerade so, als würde da sonst was verschwinden. Und dann den Klimaschutz vorzuschieben = lächerlich.
10 Minuten (!) zu Fuß, sind sie auf dem Werder und somit gleich im riesen großen Stadtpark.

Danke Stadtrat, andere Städte sind mit solchen Projekten sehr gut gefahren.
Weiter so, für Magdeburg, für die Zukunft.

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