Bierstammtisch Magdeburg Ein Gespräch über das komplexeste Getränk der Welt

10. November 2021, 13:04 Uhr

Einmal im Monat trifft sich in Magdeburg der Bierstammtisch. Dabei geht es nicht darum, sich zu betrinken. Hobbybrauer stellen dort ihre selbstgebrauten Kreationen vor.

Fabian Frenzel
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Michael Wenske und Patrick Hellwig sitzen in einer Kneipe in Magdeburg. An einem rustikalen Holztisch unterhalten sie sich – über Bier. Das machen die beiden zwar schon zum Spaß, aber nicht einfach so. Sie sind Mitglieder des sogenannten Bierstammtisches. Dem einzigen in Magdeburg. Ein Gespräch über Hopfen, Malz, Glühweinkocher und das Hauptzollamt.

MDR SACHSEN-ANHALT: Was ist eigentlich ein Bierstammtisch?

Michael Wenske: Das ist ein Hobbybrauer-Stammtisch, bei dem wir uns einmal im Monat treffen und unsere selbst gebrauten Biere mitbringen, verkosten und gegenseitig bewerten. Wir unterhalten uns generell über das Thema Brauen und Bier und geben uns gegenseitig Tipps.

Patrick Hellwig: Das ist wie jeder andere Stammtisch auch. Wir tauschen uns über unser Hobby aus. Gerade neue Mitglieder profitieren davon. Es muss nicht jeder alles neu erfinden, sondern andere von uns haben vieles schon mal ausprobiert. Wenn ich zum Beispiel ein Kirschbier machen möchte, hat das auf jeden Fall schon einer von uns gemacht. Den kann ich dann fragen, wie viele Kirschen er verwendet hat. Dann brauch man selber nicht so viel rumprobieren.

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Wie kommt man auf die Idee, zu Hause im Wohnzimmer oder der Garage Bier zu brauen?

Hellwig: Man kann dann Biere brauen, die man nicht kaufen kann. Wenn man ein bisschen Routine drin hat, kann man ein Bier genau dahin bekommen, wo man es haben möchte. Man kann kreativ sein. Zum Beispiel hat ein anderer Hobbybrauer aus unserer Runde gerade Quitten im Garten. Da machen wir jetzt jeder ein Quitten-Bier und vergleichen die miteinander, wie jeweils die Quitte zur Geltung kommt.

Wenske: Ich koche gerne und interessiere mich für Rezepte. Ich habe mich gefragt, wie aus den Zutaten Malz, Hopfen, Hefe und Wasser Bier wird. Ich habe dazu Rezepte aus dem Internet gelesen und für mich interpretiert. Und dann auch irgendwann eigene entwickelt. Als Hobbybrauer muss man sich auch nicht ans Reinheitsgebot halten. Da ist man völlig frei und kann im Prinzip "panschen" wie man möchte.

Wie läuft das denn dann ab?

Wenske: Ich habe Wohnzimmer und Küche in einem Raum und mir dazwischen die Kessel aufgebaut. Das sind am Anfang einfache Glühweinkocher, die man dafür nutzt.

Stört da aber nicht der Geruch in der Wohnung?

Wenske (lacht): Ach naja, es riecht ja nur am Brautag selber danach. Und es ist kein unangenehmer Geruch.

Und über das alles sprecht ihr dann beim Stammtisch? Und bewertet, wer das beste Quitten-Bier gebraut hat?

Wenske: Es wird kein Gewinner gekürt oder so. Wir wollen einfach wissen, wie jeder sein Bier in seine Richtung gebracht hat. Der eine mag es eher malzig, der andere eher hopfig oder möchte die Fruchtnoten mehr hervorbringen. Und dann besprechen wir, wie uns das alles gefällt und woran es vielleicht liegen kann, dass es vielleicht nicht so geworden ist, wie man es gern hätte. Am Ende ist es Nerdy-Talk über Bier und Brauprozesse.

Man kann Bier nach Kaffee schmecken lassen, ohne das Kaffee drin ist.

Patrick Hellwig | Hobbybrauer

Was fasziniert euch denn an Bier?

Hellwig: Die Vielfältigkeit. Bier ist ja nicht umsonst das komplexeste Getränk der Welt. Es gibt zum Beispiel Wein-Bier-Hybride. Man kann Bier unendlich kombinieren. Man kann Bier nach Kaffee schmecken lassen, ohne das Kaffee drin ist. Man kann es fruchtig schmecken lassen. Es gibt Biere, die schmecken zum Beispiel wie Punica, da sind aber gar keine Früchte drin. Es ist Wahnsinn, was da mittlerweile möglich ist.

Für die meisten Leute ist Bier ein Pils. Was auch okay ist. Aber bei der Wertschätzung von Bier als Genussmittel, das nicht nur zum Besaufen da ist, ist noch ein bisschen Arbeit zu tun in Magdeburg.

Was sagt ihr denn zu den Leuten, die sagen, dass ihr euch doch eigentlich nur zum Saufen trefft?

Hellwig: Das kann schon mal passieren, dass es ein Bier zu viel wird. Gerade wenn es ein leckeres Bier ist. Ich habe zum Beispiel ein Bier gebraut, das 10,5 Prozent hat. Das schmeckt man aber nicht, sondern merkt es nur am Ende. Aber im Endeffekt geht es uns um den fachlichen Austausch. Natürlich kann man es nicht verneinen, dass das unter dem Einfluss von Alkohol dann irgendwann an so einem Abend leiden kann.

Ich habe hier aber auch Leute kennengelernt, die ich so nicht kennen würde. Wir haben Leute dabei, die sind über 60 Jahre alt. Mit denen wäre ich sonst nicht zusammengekommen, wenn ich ehrlich bin. Wir treffen uns auch so mal und tauschen uns auch über andere Sachen aus. Am Stammtisch habe ich richtige Freunde kennengelernt.

Wie viel Bier bekommt man denn eigentlich so raus aus einem Brauvorgang?

Hellwig: Das ist völlig frei. Standard ist aber bei den meisten so 20 Liter. Damit fängt eigentlich jeder an, weil er sich einen Glühweinkocher holt. Die haben etwa 30 Liter. Mit Verlusten bekommt man da dann so 20 Liter Bier raus. Wenn man es denn richtig macht.

Zum Experimentieren machen manche auch nur vier Liter. Aber da ist den meisten der Aufwand zu groß, weil der Zeitaufwand ungefähr gleich ist – egal, wie viele Liter ich herstelle.

Kann ich denn einfach so zu Hause 300 Liter Bier brauen oder gibt es da irgendwelche gesetzlichen Regelungen?

Hellwig: Bevor man zu Hause braut, muss man sich beim Hauptzollamt melden, damit man dort registriert ist. Egal, wie viel Liter man produziert. Das geht aber relativ einfach per E-Mail.

Dann darf man gesetzlich 200 Liter pro Jahr im eigenen Haus für den eigenen Verbrauch herstellen. Will man das verkaufen oder ein Schaubrauen machen, muss man das aber separat anmelden.

Wann, wie und wo Der Bierstammtisch findet jeden dritten Donnerstag im Monat um 19 Uhr im Brauhaus Brewckau statt. Interessierte können einfach vorbeikommen.

Die Fragen stellte Fabian Frenzel.

MDR/Fabian Frenzel

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 08. November 2021 | 08:30 Uhr

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