16. Januar Keine rechtsextreme Großdemo zum Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs angekündigt

14. Januar 2023, 06:47 Uhr

Jedes Jahr am 16. Januar erinnert Magdeburg an seine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Seit 1996 nutzen Rechtsextreme das Datum für "Trauermärsche" und Mahnwachen, die neonazistisch geprägt sind. Rechtsextremismusexperte David Begrich geht jedoch davon aus, dass es dieses Jahr keine rechtsextreme Großdemonstration geben wird. Gründe dafür seien ein Zerfall der Organisationsstrukturen und ein neuer Fokus der Szene auf aktuellere Themen.

Rund um den Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs am 16. Januar wird in diesem Jahr wohl keine rechtsextreme Großdemonstration in Magdeburg stattfinden. Davon geht der Rechtsextremismusexperte David Begrich von "Miteinander e.V." aus, der die Gedenkveranstaltungen seit Jahren beobachtet.

Laut dem "Bündnis gegen Rechts Magdeburg" (BgR) haben Rechtsextreme das Datum seit 1996 jährlich genutzt, um "die Opfer der Bombardierung zu Märtyrern zu verklären und ein Totengedenken im Sinne des Nationalsozialismus zu inszenieren". Noch vor sieben Jahren waren nach Angaben von David Begrich in der Woche des Jahrestages mehr als 1.000 Neonazis durch die Stadt marschiert.

Logo MDR 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min

MDR FERNSEHEN Do 12.01.2023 09:36Uhr 01:12 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/magdeburg/audio-sechzehnter-januar-keine-demo-rechtsextreme100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Zerfallende Strukturen sind ausschlaggebend für den Ausfall

Dass es dieses Jahr anders kommt, liegt laut Begrich unter anderem daran, dass die bisherigen Organisatoren deutlich an Einfluss verloren hätten. "Die zentrale Struktur, die das bisher in Magdeburg organisiert hat, war im Wesentlichen getragen durch die 'Kameradschaft Festungsstadt' und die NPD. Die 'Kameradschaft Festungsstadt' ist nicht mehr existent und die NPD spielt im Gesamtkonzert Rechtsextremismus keine tragende Rolle mehr."

Zudem sei es für rechtsextreme Gruppierungen schwieriger geworden, mit vergangenheitspolitischen Themen zu punkten. So sei es für die rechtsextreme Szene schwer geworden, genug Menschen für eine Großdemonstration zu mobiliserien.

Auch die Blockaden von Gegendemonstranten aus den letzten Jahren und die unattraktive Routenführung der Demos aus dem rechtsextremen Umfeld entlang von Kleingärten und Industriegebieten hätten zu dieser Entwicklung beigetragen, ebenso wie der Wegfall von Zeitzeugen aus der NS-Tätergeneration, so Begrich.

Begrich geht davon aus, dass es deshalb auch in den nächsten Jahren wohl keine rechtsextremen Aufmärsche um den 16. Januar geben wird.

Rechtsextreme Szene besetzt vermehrt andere Themen

Statt der Großdemo erwartet David Begrich daher nur kleine, symbolische Aktionen wie Fackeln oder Kerzen aufstellen oder Plakataktionen aus der Neonazi-Szene. Diese entfalteten ihre Reichweite vor allem über Social-Media-Kanäle. Diese Entwicklung sei auch in den nächsten Jahren zu erwarten. Dies bedeute aber keineswegs, dass es keine Neonazis mehr gebe. Diese beschäftigten sich nun aber lieber mit aktuellen Themen wie Corona oder Migration, während vergangenheitspolitische Themen weniger attraktiv geworden seien.

Den Ausfall der Großdemonstration bezeichnete Begrich als Atempause für die Stadt Magdeburg. Nun habe die Stadtgesellschaft neue Möglichkeiten, an die Bombardierung zu erinnern und daraus Lehren zu ziehen, wie man die Stadt heute gestalten wolle. Dies sei auch angesichts des Krieges, den Russland in der Ukraine führe, wichtig. Entscheidend sei, dass die Stadtgesellschaft die Verbindung zwischen dem erinnernden Gedenken auf der einen Seite und gelebter Demokratie auf der anderen Seite herstelle.

Magdeburg erinnert mit Aktionswoche an Zerstörung und ruft zu Frieden auf

In Magdeburg ist unter dem Titel "Eine Stadt für alle" wie schon die letzten Jahre eine Aktionswoche rund um den 16. Januar geplant. Koordiniert wird das Ganze von der "Initiative Weltoffenes Magdeburg", die sich nach eigenen Angaben für eine vielfältige, demokratische Stadtgesellschaft, Weltoffenheit und Toleranz engagieren.

Im Rahmen der Aktionswoche finden Konzerte, Gebete, Mahnwachen, Stadtführungen, Stolpersteinputzaktionen, Aufführungen und zahlreiche weitere Aktionen statt. Mit ihnen sollen an die Bombardierung erinnert und gleichzeitig Impulse für eine friedliche Zukunft gesetzt werden. Auftakt zur Aktionswoche ist das "Singen für eine weltoffene Stadt" am 16. Januar um 18 Uhr auf dem alten Markt, das von Oberbürgermeisterin Simone Borris eröffnet wird.

MDR (Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. Januar 2023 | 17:00 Uhr

54 Kommentare

nicht vergessen am 14.01.2023

Wer sich hier über Hass und Hetze auslässt ,ist ein Befürworter der der Angriffe auf Mitglieder demokratisch legitimiert Parteien.
Ein kleiner Schritt und wir erleben den dritten sozialistischen Staat auf deutschen Boden. Und wieder sind die Medien unschuldig.

MDR-Team am 14.01.2023

Liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren, bitte achten Sie darauf, dass sich die Diskussion in den Kommentaren auf das Thema des Artikels beziehen muss. Kommentare, die sich nicht auf den Artikel beziehen, können wir leider nicht zulassen. Viele Grüße

MDR-Team am 14.01.2023

Liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren, bitte achteten Sie darauf, dass sich die Diskussion in den Kommentaren auf das Thema des Artikels beziehen muss. Kommentare, die sich nicht auf den Artikel beziehen, können wir leider nicht zulassen. Viele Grüße

Mehr aus Magdeburg, Börde, Salzland und Harz

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Eine Collage aus Björn Höcke (AfD) und Bernd Wiegand 2 min
Bildrechte: dpa / MDR
2 min 18.04.2024 | 18:00 Uhr

Höcke vor Gericht, Wiegand verurteilt, Vergleich für Lehrerin: Drei Prozess-Themen vom 18. April aus Sachsen-Anhalt kurz und knapp. Präsentiert von MDR-Redakteurin Mara Wunderlich.

MDR S-ANHALT Do 18.04.2024 18:00Uhr 01:53 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/video-nachrichten-aktuell-achtzehnter-april-102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video