Auto und Radfahrer unterwegs auf einer Fahrradstraße in Magdeburg
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Rad-Entscheid Magdeburger Stadtrat beschließt ambitioniertes Radverkehrsprogramm

14. Juni 2022, 12:46 Uhr

Magdeburgs Stadtrat hat auf Forderungen des Rad-Entscheides reagiert und die Rad-Verkehrs-Förderung in der Landeshauptstadt auf ein neues Level gehoben. 15 Euro pro Bürger sollen jährlich in die Rad-Infrastruktur fließen, 15 Kilometer Radwege neu gebaut oder saniert werden. Harsche Kritik kommt von Verwaltung, CDU und AfD.

Es ist der Durchbruch für die Bürgerinitiative rund um den Magdeburger Rad-Entscheid: Der Stadtrat hat am Montagabend nach hitziger Debatte ein teures und äußerst ambitioniertes Programm zur Verbesserung des Radverkehrs in der Landeshauptstadt auf den Weg gebracht. Der Antrag der Fraktionen Grüne/future!, SPD, Die Linke und Burkhard Moll (FDP/Tierschutzpartei) erhielt am Ende 23 Jastimmen. Mit Nein stimmten 16 Mandatsträger.

Mit dem Beschluss sollen unter anderem ab 2023 pro Einwohner 15 Euro für Investitionen in den Radverkehr in den Haushalt eingestellt werden. Darüber hinaus muss die Stadt laut Antrag jedes Jahr 15 Kilometer Radwege sanieren oder neu errichten. Jährlich sollen außerdem 500 zusätzliche Rad-Abstell-Anlagen aufgebaut sowie 150 Bordstein-Absenkungen angepasst werden. Außerdem soll ein Fuß- und Radverkehr-Beauftragter eingesetzt werden, der sich um die Umsetzung der Beschlüsse kümmert.

Bürgerentscheid wäre möglich

Forciert worden war der Fraktionen übergreifende Antrag durch den Magdeburger Rad-Entscheid – eine Bürgerbewegung, deren Ziel es ist, den Rad- und Fußverkehr in Magdeburg attraktiver und vor allem sicherer zu gestalten. Mehr als 8.000 Magdeburgerinnen und Magdeburger hatten das mit einer Unterschrift unterstützt. Das sind so viele, dass das Anliegen in Form eines Bürgerentscheids zur Abstimmung gebracht werden könnte.

Aufgrund der hohen Zustimmung hatten mehrere Stadtratsfraktionen entschieden, die Forderungen in einen Beschluss-Antrag zu gießen und diesen in den Stadtrat einzubringen – wie nun feststeht mit Erfolg.

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Trümper: "In dem Umfang nicht umsetzbar"

Vor der Abstimmung hatte es jedoch auch harsche Kritik gegeben, unter anderem von Magdeburgs scheidendem Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Jährlich 15 Kilometer neue Radwege würden vor allem mehr Baustellen und Verkehrschaos nach sich ziehen. "Meiner Meinung nach ist das in dem Umfang nicht umsetzbar", unterstrich Trümper, dass das die Verwaltung nicht leisten könne.

Sein Baudezernent Jörg Rehbaum bestätigte diese Sichtweise. "Die personellen und finanziellen Voraussetzungen dafür sind nicht gegeben. Das übersteigt die Kapazitäten im Tiefbauamt."

Die Redner von CDU und AfD bemängelten überdies, dass der Antrag zuvor nicht in den entsprechenden Fachausschüssen besprochen wurde. Frank Pasemann (AfD) warf den Befürwortern des Antrags vor, den demokratischen Prozess zu beschädigen, da der Beschluss direkt mit Mehrheit durchgedrückt werde. Mit Blick auf die 8.000 Unterschriften sprach Pasemann von einer "winzig kleinen Minderheit".

Ausschüsse unnötig?

Madeleine Linke (Grüne/future!) lobte den Beschluss, hinter dem mehr als die Hälfte des Stadtrats stehe. "Lassen Sie uns damit zeigen, dass wir das Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden, ernst nehmen", warb sie vor der Abstimmung für den Antrag.

Gegen die Kritik von Verwaltung, CDU und AfD stellte sich René Hempel. Eine Befassung mit dem Thema in Ausschüssen sei unnötig gewesen, da der Beschluss das Ergebnis aller Diskussionen darstelle, die in den vergangenen Jahren geführt worden seien. "Es geht um sichere Radwege und dafür ist es sinnvoll, den Antrag zu beschließen."

Falko Grube (SPD) erkannte zwar an, dass es nicht realistisch sei, die Ziele, wie sie im Beschluss-Text formuliert sind, eins zu eins umzusetzen. "Aber ich werte unseren Antrag als Grundsatzbeschluss." Er gebe die Richtung vor, dass für den Radverkehr etwas getan werden müsse.

Benjamin Gehne, der den Rad-Entscheid vor eineinhalb Jahren ins Leben gerufen hatte, freut sich über den Ausgang der Abstimmung. Er hatte es bereits Mitte Mai im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT begrüßt, dass die Fraktionen das Thema aufgegriffen haben und sprach davon, dass dieser Weg durch die konkreten Maßnahmen des Stadtrates sogar besser sei, als der Weg über einen Bürgerentscheid. Es sei zudem ein klares Signal, dass die Stimme der 8.000 Menschen gehört werde.

MDR (Daniel Salpius, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Juni 2022 | 06:30 Uhr

15 Kommentare

AlexLeipzig am 15.06.2022

Stimmt. Und gerade Städte wie Potsdam, das ich sehr gut kenne, haben ein Problem mit zuvielen Autos. Ich habe vor 20 Jahren dort gewohnt, und es war damals eine fahrradfreundliche, "luftige" Stadt. Hier in Leipzig ist das sicher genau wie in Magdeburg, Potsdam und quasi überall auch so ein Wandel in den letzten Jahrzehnten zu zuviel Autoverkehr, das geht auf Dauer nicht nur auf die Gesundheit der Radfahrer, hier muß gegengesteuert werden.

pwsksk am 15.06.2022

Ob das wirklich Volkes Wille war?
Mir reicht es schon, wenn ich Magdeburg mal besuche und die Fußgängerzone vor dem Karstadt betreten muß. Da besteht durch Fliegende Holländer generell Gefahr für Leib und Leben.

pwsksk am 15.06.2022

Wir sind Besucher Potsdams. Dort wurde eine Fahrradspur eingerichtet, zu Lasten der Autofahrer. Die haben jetzt eine Spur weniger. Ergebnis: Rasende Radfahrer durch Wolken von Abgasen stehender Autokolonnen. Ob das so gesund ist. Ich meine nur, das alles muß mit sehr viel Augenmaß gemacht werden.

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