Brücke am Wasserfall Gesetz sagt Sachbeschädigung – Fanhilfe verteidigt illegale FCM-Graffiti trotzdem
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18. Juli 2024, 17:29 Uhr
Sie wurde für mehr als drei Millionen Euro saniert und ist nun bereits beschmiert: Illegale Graffiti mit Bezug zum 1. FC Magdeburg an der Brücke am Wasserfall sorgen in Magdeburg für Unmut. Die Stadt hat Anzeige wegen Sachbeschädigung gestellt. Die Fanhilfe sieht kein Problem – sondern den Ausdruck von Lokalpatriotismus. Laut Strafgesetzbuch liegt hier allerdings eindeutig Sachbeschädigung vor.
Die Fanhilfe Magdeburg hat die illegalen Graffiti mit Bezug zum 1. FC Magdeburg an der Brücke am Wasserfall am Stadtpark verteidigt. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT sagte Oliver Wiebe von der Fanhilfe, solche Graffiti und auch Aufkleber seien "einfach nur ein Ausdruck von Lokalpatriotismus".
"Graffiti sind Teil einer Subkultur"
Der Fan-Vertreter erklärte: "Das ist Teil einer Subkultur. Wir sehen es am Stadion, wo Flächen bemalt sind, die Toilettenhäuschen zum Beispiel. Da werden etliche Selfies vor gemacht." Außerdem würde die sportliche Entwicklung des 1. FC Magdeburg, der in der 2. Bundesliga spielt, auch damit zusammenhängen: "Wir sind im Osten wieder wer und das kommt dann eben auch mit Graffiti oder Aufklebern zum Ausdruck", sagte Wiebe.
Fanhilfe Magdeburg: "Wo besteht die Sachbeschädigung?"
Laut Stadtverwaltung wurden bereits am Silvestertag 2023 Schmierereien am Holz der Brücke im Osten Magdeburgs festgestellt. Wenige Tage später folgte demnach ein großflächiges blau-weißes Graffiti. Seit einigen Wochen sei nun auch ein illegaler Schriftzug an der Wetterschutzschale zu sehen. Zudem seien weitere Schriftzüge in verschiedenen Farben sichtbar. Die Landeshauptstadt hat die Sachbeschädigungen nach eigenen Angaben bei der Polizei angezeigt.
Oliver Wiebe von der Fanhilfe Magdeburg sagte dazu: "Wir müssen ganz kritisch hinterfragen, wo bei dieser Brücke die eigentliche Sachbeschädigung besteht. Diese Brücke ist funktionstüchtig."
Die Verbundenheit zum Fußball-Club kann man anders als mit illegalen Schmierereien und Aufklebern ausdrücken.
Das ist Sachbeschädigung: Strafgesetzbuch ist da eindeutig
Die Gesetzeslage ist hier allerdings sehr eindeutig. Im Strafgesetzbuch greift hier nämlich der Paragraph 304 unter dem Namen "Gemeinschädliche Sachbeschädigung". In Absatz 1 heißt es somit: "Wer rechtswidrig [...] Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Zu den "Gegenständen des öffentlichen Nutzens" zählen dann auch Brücken.
Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
Nun wird beim Graffiti allerdings kein Gegenstand – in erster Linie – zerstört sondern hauchdünn besprüht. Doch auch ist die Rechtslage eindeutig und es greift Absatz 2 des Paragraphen. Der lautet: "Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert."
In diesem Fall gilt wohl: Unkenntnis des Gesetzes schützt nicht vor Strafe. Die Graffiti an der Brücke sind – anders als Wiebe meint – somit eine Sachbeschädigung.
Brücke am Wasserfall: für drei Millionen Euro saniert
Immer wieder würden sich Magdeburgerinnen und Magdeburger jedoch an den illegalen Graffiti stören, erklärte Oberbürgermeisterin Simone Borris in einer Pressemitteilung. "Die Verursacher haben jeglichen Respekt vor fremdem Eigentum verloren und schaden mit ihren Straftaten den Besitzern und damit der Allgemeinheit, weil die Beseitigungskosten an öffentlichen Bauwerken der Steuerzahler trägt. Hinzu kommen die optischen Beeinträchtigungen."
Bis Dezember 2023 wurden laut Stadt etwas mehr als drei Millionen Euro in die Sanierung der Brücke am Wasserfall investiert. "Leider verging nicht mal ein Monat, bis die ersten illegalen Graffiti aufgetragen wurden", so Borris.
Borris: Zeugen sollen sich bei Polizei melden
Die Oberbürgermeisterin, bekennende Anhängerin des FCM, erklärte: "Auch mein Herz schlägt seit Jahrzehnten für den 1. FC Magdeburg. Die Verbundenheit mit dem Fußball-Club kann man aber auch anders als mit illegalen Schmierereien und Aufklebern ausdrücken."
Täter sollten über das eigene Handeln und die verursachten Schäden nachdenken, so die Oberbürgermeisterin. Und: "Magdeburgerinnen und Magdeburger, die Zeugen solcher Straftaten werden, sollten im Interesse der Allgemeinheit umgehend die Polizei informieren. Nur wenn die Täter bekannt sind, können wir Schadenersatzforderungen geltend machen."
Zu teuer: keine Beseitigung der Graffiti
Die Stadtverwaltung habe wegen zunehmender Beschwerden über illegale Graffiti und Aufkleber auch Kontakt zum 1. FC Magdeburg und der Fan-Betreuung aufgenommen. Außerdem habe es Gespräche mit "Block U", der Ultragruppierung des Fußball-Zweitligisten gegeben.
Eine Beseitigung der Graffiti auf der Brücke am Wasserfall sei aufgrund der Haushaltssituation derzeit nicht geplant. Die Kosten dafür würden etwa 20.000 Euro betragen. Die Brücke müsste dafür eine Woche lang voll gesperrt werden.
MDR (Sören Thümler, Daniel George, Maximilian Fürstenberg) | Erstmals veröffentlicht am 17.07.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Juli 2024 | 13:00 Uhr
Magdeburgfan vor 43 Wochen
Ich bin vor Kurzem von Berlin nach Magdeburg gezogen und war erstaunt und erfreut, wie vieles hier freundlicher und weniger aggressiv ist als in der "Grossstadt": der gepflegte Stadtpark, Blumenbeete, die immer neu bepflanzt und gegossen werden, Menschen, die freundlich über den Zaun grüssen oder einen vom Fahrrad aus anlächeln. Was ich an Grossstadt nicht vermisse sind Dreck, Verwahrlosung und Rücksichtslosigkeit. Und Sprüherei, die mühsam Restauriertes gleich wieder beschmutzt, wie ich es an unserem Haus der ehemaligen "Stalinallee" immer wieder erlebt habe. Das hat nichts mit Kunst, das hat nichts mit Sub"Kultur" zu tun. Von einem Bansky (Ausstellung läuft) sind 1.FCM-Schmierereien Lichtjahre entfernt. Möglich, dass Menschen mit geringem Selbstbewusstsein so sich selbst und ihre Gruppenzugehörigkeit zum Ausdruck bringen wollen. Dann geht doch in Tattoo-Studios, benutzt Eure eigene Haut und lasst unsere Brücke in Ruhe! Die gehört definitiv nicht Euch alleine - Eure Haut schon!!!
bonex vor 43 Wochen
Sicher das es angestiftet wurde oder das sich dein Kind vielleicht auch für diese Subkultur interessiert? Insbesondere bei Aufklebern verstehe ich nicht das Problem, so lange sie nur an den Rohrpfosten von Schildern angebracht werden. Grau/silberne Rohrpfosten, Laternen und co sind sehr Öde. Sticker bringen Farbe rein und es ist interessant, was für Subkulturen und Menschen an einem Ort schon zusammen gekommen sind.
bonex vor 43 Wochen
Der Job der Fanhilfe ist es die eigenen Fans zu schützen. Intern werden sicherlich Themen anders angesprochen, aber öffentliches an den Pranger stellen würde zu Vertrauensverlust führen und die Fanhilfe nutzlos machen