Auto rast in Weihnachtsmarkt Fragen und Antworten: Was über den Anschlag in Magdeburg bekannt ist
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22. Januar 2025, 14:19 Uhr
Am 20. Dezember 2024 ist in Magdeburg ein 50-Jähriger mit einem Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Bei dem Anschlag gab es sechs Tote und zahlreiche Verletzte. Viele Fragen sind noch offen, unter anderem die nach dem Motiv des Täters. Was bisher bekannt ist.
Wann war der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg?
Am Freitag, den 20. Dezember, raste Taleb A. um 19:02 Uhr mit einem geliehenen Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Er tötete dabei sechs Menschen, 299 wurden verletzt.
Er hatte mit einem SUV eine sechs Meter breite Lücke im Bereich der Betonblock-Sperre genutzt und war an der Fußgängerampel an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee/Breiter Weg rechts über einen Gehweg auf den Weihnachtsmarkt gefahren.
Der 50-Jährige wurde noch vor Ort festgenommen und sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Dresden.
Alle aktuellen Entwicklungen zum Fall haben wir hier für Sie gebündelt:
Wer waren die Opfer beim Anschlag von Magdeburg?
Beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt kamen sechs Menschen ums Leben, 299 Personen wurden verletzt. Das teilte das Innenministerium MDR SACHSEN-ANHALT mit.
Bei den Todesopfern handelt es sich laut der Staatsanwaltschaft Magdeburg um fünf Erwachsene zwischen 45 und 75 Jahren und um einen neunjährigen Jungen aus Niedersachsen. Weitere Informationen wurden zum Schutz der Familien nicht veröffentlicht.
Der Opferbeauftragte des Bundes, Roland Weber, beziffert die Zahl der Opfer höher. Er sprach gegenüber dem MDR SACHSEN-ANHALT von 531 Opfern. Dabei handelt es sich den Angaben nach allerdings nicht nur um Tote oder Verletzte, sondern auch zum Beispiel um deren Angehörige und traumatisierte Augenzeugen. Auch sie werden offiziell als Opfer gewertet. Laut Weber gehören alle Menschen dazu, die sich selbst als betroffen bezeichnen, auch die, "die an der Psyche verletzt wurden, die sich einfach nicht gut fühlen". Auch wer wirtschaftliche Einbußen erlitten habe, werde als Betroffener gesehen.
Wo wird an die Opfer erinnert?
Schon am Tag nach dem Anschlag war am Westportal der Johanniskirche ein zentraler Gedenkort entstanden. Dort wurden Kuscheltiere, Kerzen, geschriebene Botschaften und unzählige Blumen abgelegt. Zweieinhalb Wochen nach der Tat wurde der Gedenkort von der Stadt verkleinert, Blumen wurden zum Westfriedhof gebracht. Bis auf Weiteres soll das Gedenken an der Johanniskirche aber bestehen bleiben und gepflegt werden.
Die Stadt Magdeburg hat mittlerweile einen weiteren Gedenkort eingerichtet. Im Saal der Partnerstädte im Rathaus wurde ein Erinnerungsort mit Blick auf den Alten Markt geschaffen. Dort kann montags bis freitags zwischen 8 und 18 Uhr sowie sonnabends zwischen 10 und 13 Uhr der Opfer gedacht werden. Besucher können in einem Kondolenzbuch ihre Trauer und Anteilnahme ausdrücken. Am Alten Markt hatte sich der Anschlag am 20. Dezember ereignet.
Wer war der Täter beim Anschlag von Magdeburg?
Bei dem Attentäter von Magdeburg handelt es sich um Taleb A., einen 50-Jährigen aus Saudi-Arabien. Er lebt bereits seit 2006 in Deutschland und erhielt 2016 Asyl als politisch Verfolgter. Nach Angaben von Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) verfügt er über einen unbefristeten Aufenthaltstitel.
Der 50-Jährige arbeitete als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der Salus-Klinik in Bernburg im Salzlandkreis. Seit 2020 war er im Maßregelvollzug für Suchtkranke beschäftigt. Zuletzt war er aber arbeitsunfähig gemeldet. Nach Angaben von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hat die Salus gGmbH ihm drei Tage nach dem Anschlag fristlos gekündigt. Die Approbation des Täters ruht demnach zudem seit Anfang Januar. Nach seiner Verurteilung könnte sie endgültig aberkannt werden.
Welches Motiv hatte der Täter?
Das Motiv des Täters steht noch nicht endgültig fest. Allerdings erklärte der Leiter der Magdeburger Staatsanwaltschaft, Horst Walter Nopens, bereits am Nachmittag nach der Tat, "Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen" könne der Auslöser der Tat gewesen sein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am 21. Dezember bei einem Besuch in Magdeburg, sie könne nur gesichert sagen, "dass der Täter offensichtlich islamophob war".
Mehr Informationen finden Sie in unserem FAQ zum Attentäter von Magdeburg.
Gab es Versäumnisse im Vorfeld des Anschlags?
Die Untersuchungen dauern noch an, aber schon zwei Tage nach der Tat kritisierte der Experte Christian Schneider die Absicherung des Weihnachtsmarktes im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT. Er sagte, der Zufahrtsschutz für den Weihnachtsmarkt in Magdeburg habe nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen: "Die Regelung sieht so aus, dass alle offenen Stellen, also alle möglichen Angriffsrouten, so geschützt werden müssen, dass eine unautorisierte Einfahrt gar nicht möglich ist."
Nach Informationen der Bildzeitung sah das Sicherheitskonzept in Magdeburg vor, dass ein Fahrzeug der Polizei im Breiten Weg hätte quer stehen sollen. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen.
Die Volksstimme berichtete am 30. Dezember, das Problem fehlender mobiler Polizeisperren an den Hauptzugängen des Weihnachtsmarktes sei bereits drei Wochen vor dem Anschlag bekannt gewesen. Der Zeitung zufolge hatte der Veranstalter des Weihnachtsmarktes das Polizeirevier Magdeburg bereits am 29. November in einer E-Mail über die Sicherheitslücke informiert.
Auch Taleb A. war den Behörden schon vor der Tat bekannt. Deutsche Sicherheitsbehörden hatten im Vorfeld mehr als 100 Vorfälle mit Taleb A. registriert. Das geht aus einem Bericht hervor, um den es am 16. Januar auch im Innenausschuss des Bundes ging.
Das Polizeirevier Dessau-Roßlau habe im Dezember 2023 ein Ermittlungsverfahren wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten eingeleitet. Das teilte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) im Innenausschuss des Landtags mit. Auf Twitter hatte Taleb A. unter anderem auf Englisch gedroht: "Etwas Großes wird in Deutschland passieren."
Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde eingeleitet und es habe es fünf Versuche einer Gefährderansprache gegeben. Schließlich sei das Strafverfahren aber eingestellt worden, da der Sachverhalt keinen Straftatbestand erfülle.
Die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Anschlag sollen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geklärt werden. Zudem soll es einen Sonderausschuss des Stadtrates in Magdeburg geben.
MDR (Theresa Lang, Fabienne von der Eltz, Luca Deutschländer, Engin Haupt, Marcel Roth, Kalina Bunk, Lars Frohmüller)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 11. Januar 2025 | 06:00 Uhr