Hund, Katze, Kaninchen: MDR-„exactly“ über Haustier-Boom in Corona-Zeiten Die Petfluencer Tobias und Helen mit Katze Malia
Die FindUs-App soll Haustier und Mensch ähnlich wie bei der Dating-Plattform Tinder matchen und zusammenbringen. Bildrechte: MDR/Alexander Frederici

Corona und Haustierboom App der Uni Magdeburg soll gegen überfüllte Tierheime helfen

28. März 2022, 08:22 Uhr

Die Corona-Pandemie mit Homeoffice, Kurzarbeit und Lockdowns hat so manchen in Sachsen-Anhalt einsam werden lassen. Die Lösung dagegen scheinen oft Haustiere zu sein. Doch die damit verbundene Arbeit wird oftmals unterschätzt. Die Folge: Die Tiere landen in Tierheimen, die sich mehr und mehr füllen. Eine App aus Magdeburg will dieses Problem lösen und Haustiere schneller und präziser vermitteln.

Wer ein Haustier aus einem Tierheim retten will, soll das künftig durch die App FindUs machen können – und das in nicht länger als fünf Minuten. Entwickelt wurde die App an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg von einem Team aus Wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden.

Das ist aktuell das Problem, dass viele Tiere wieder zurückwandern ins Tierheim. Da wollen wir ansetzen, da wollen wir mithelfen.

Sebastian Ries Entwickler FindUs

Tiere aus dem Tierheim holen ist zeitaufwendig

Will ein Tierheim ein Haustier und einen Menschen zusammenbringen, ist das mit Arbeit verbunden: Tiersuchende müssen Selbstauskunftsbögen ausfüllen und abgeben, Tierheime die Tiere fotografieren und mit Steckbriefen auf deren Homepages ausfüllen. Durch die müssen sich dann die Interessenten durchklicken – all das ist zeitaufwendig und nicht immer passen Tier und Suchender oder Suchende zusammen.

So funktioniert die FindUs-App

Die App soll genau das verhindern, sagt Entwickler Sebastian Ries. Der Informatikstudent erklärt die App im Interview mit dem MDR so: Tiersuchende beantworten Fragen zu ihrer Lebenssituation, anschließend werden diese Informationen mit einem Tier gematcht.

Laut Ries wird anschließend geschaut, welches der gematchten Tiere zum Suchenden passt – schließlich soll vermieden werden, dass Hund, Katze und Co. am Ende zurück im Tierheim landen.

Zahl der Haustiere wächst durch die Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie löste einen Haustierboom aus. Homeoffice, Kurzarbeit und eingeschränkte Reisemöglichkeiten führten vor allem zu Beginn der Pandemie zu einem wahren Run auf Hunde, Katzen und Kleintiere.

Der Tierschutzbund spricht von einer Zunahme von einer Millionen Katzen im Jahr 2020 bundesweit. In Sachsen-Anhalt liegt der Anstieg an Katzen bei 35 Prozent – in Thüringen und Sachsen bei 27,5 und 18 Prozent.  

Allein von Ende 2019 bis Ende 2020 stieg die Zahl der in Sachsen-Anhalt registrierten Hunde um mehr als zehn Prozent – von 131.000 auf knapp 145.000.

Unterschätzter Aufwand

Allerdings haben viele Menschen den Zeitaufwand und die Kosten, die mit Haustieren verbunden sind, unterschätzt. Das sieht auch Nadine Liebert so, die seit 17 Jahren Hundetrainerin in der Börde und spezialisiert auf junge Problem-Hunde ist. Liebert erklärt, dass bei ihr regelmäßig Anrufe eingehen, in denen Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer um schnelle Hilfe bitten.

Ich musste sehr viele Kriseninterventionsgespräche führen und Notfallmanagementmaßnahmen am Telefon besprechen, weil ich gar nicht so viel Training anbieten konnte, wie nötig und gebraucht waren.

Nadine Liebert Hundetrainerin

Sie erklärt, dass die Wartezeiten vor Corona bei ihr zwischen drei und vier Wochen für Einzelcoachings lagen. Durch den Haustierboom liegen die Wartezeiten nun bei sechs bis acht Wochen, so Liebert weiter.

Besonders verhaltensauffällige Tiere durch die Pandemie

Wegen der hohen Nachfrage muss sie inzwischen sehr stark filtern und genau schauen, für welchen Hund sie sich die Zeit nehmen muss. Liebert zufolge wird es eine Welle an "verhaltensauffälligen Pandemieprojekten" geben. Die Hundetrainerin erklärt, dass der Mehrbedarf nicht mehr durch seriöse Züchterinnen und Züchter gedeckt wird, sondern durch "Hundevermehrerfabriken".

FindUs-App: Nachfrage bei Tierheimen groß

Eine Folge: Nicht wenige bringen ihre Tiere ins Heim oder setzen sie einfach aus. Sebastian Ries, Entwickler der FindUs-App, hat erkannt, dass viele Menschen erst bemerken, wie viel Aufwand ein Tier macht, wenn es schon da ist. Deshalb will das Team von FindUs mit der App auch über die Vermittlung hinaus helfen.

Wir wollen eigentlich diesen ganzen Tier-Lebenszyklus mit in der App abbilden. Das heißt, wir wollen auch Features reinbringen, die den Tierbesitzenden unterstützen. Das Problem ist häufig, dass die Tierhalter überfordert sind oder sich die Lebenssituation ändert.

Sebastian Ries Entwickler FindUs

Laut Ries ist das Feedback zur App aus den Tierheimen bis jetzt durchweg positiv und das Team erhält Unterstützung von den Tierschutzbeauftragten der Bundesländer, um die App verbessern zu können.

MDR (Maximilian Fürstenberg)

Dieses Thema im Programm: MDR exactly | 28. März 2022 | 17:00 Uhr

3 Kommentare

astrodon am 28.03.2022

@wer_auch_immer: Steuern sind m.M. da eher kontraproduktiv. Eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht per Chip ist aus meiner Sicht sinnvoller, verbunden mit ein paar Änderungen im Tierschutzgesetz.
Wer sich um sein Tier nicht mehr kümmert, muss für die Folgekosten aufkommen.

astrodon am 28.03.2022

@Shantuma: Falls es sich um Irronie handel sollte: TThema verfehlt, sechs, setzen.
Der Ansatz des Projektes ist sicherlich lobenswert - ich zweifle aber an der Durchsetzung. Menschen müssen sich klarmachen, dass es sich bei einem Haustier nicht um eine Sache, sondern um ein Familienmitglied handelt.
Und die Behandlung muss entsprechend sein.

Shantuma am 28.03.2022

Ich helfe den Tierheimen damit, in dem ich auf ein Haustier verzichte und lieber auf einen Hausstein setze.
Steine sind sowieso die besseren Lebensbegleiter. Die Unterhaltskosten sind geringer und sie sind auch wesentlich sinnvoller. Halten zum Beispiel die Tür offen, dienen als Abwehrmittel gegen Einbrecher und Opfern sich auch gerne mal auf.
Die Vermehrung von Steinen ist ebenso gut möglich, aber es besteht dabei Verletzungsgefahr. Vorteil, eine Vermehrung von Steinen braucht nicht zwangsweise mehr Platz.

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