AusstellungAbstrakte Bilder von Hans-Hendrik Grimmling im Kunstmuseum Magdeburg
Der 1947 bei Leipzig geborene Künstler Hans-Hendrik Grimmling malt abstrakte Bilder von verwobenen menschlichen Körperteilen, manchmal aber auch schwarze Flächen mit hervorblitzenden weißen Punkten. Im Kunstmuseum Magdeburg ist jetzt eine Schau seiner Werke von 1978 bis heute zu sehen.
- Das Kunstmuseum Magdeburg zeigt in der Ausstellung "Hans-Hendrik Grimmling – Malerei 1978 bis 2024" abstrakte Bilder des Künstlers.
- Seine Bilder vermitteln Wut, auch Hoffnung und vor allem Energie.
- Spürbar ist bei Grimmling auch seine Vergangenheit als unangepasster Künstler in der DDR.
Das Kunstmuseum Magdeburg widmet sich mit der neuen Ausstellung der Malerei von Hans-Hendrik Grimmling. Der 1947 in Zwenkau bei Leipzig geborenen Künstler war Schüler von Wolfgang Mattheuer sowie Mitinitiator des 1. Leipziger Herbstsalons 1984, einer Ausstellung, die als Meilenstein der unangepassten DDR-Kunstgeschichte gilt.
1986 siedelte Grimmling nach Westberlin über und lehrte ab 2001 dort an der Technischen Kunsthochschule. Werke dieser Zeitspanne, also von 1978 bis heute, sind nun in Magdeburg zu sehen. Es sind großformatigen Gemälde, die mit expressivem Gestus das menschliche Drama der Existenz thematisieren.
Abstrakte Bilder
Dramatische Kontraste in Schwarz und Rot oder Weiß kennzeichnen die großformatigen Gemälde von Grimmling. Merkwürdig ineinander verschlungene oder verzahnte Körperteile – Hände, Gesichter, aber auch Vögel lassen sich erahnen. Fragmente, zeichenhaft abstrakt statt figürlich.
Genau das prägt Grimmlings Bildsprache von Beginn an, sagt die Kuratorin und Leiterin des Kunstmuseums Magdeburg, Annegret Laabs. Denn auch wenn ihn viele heute nicht mehr kennen, als Kunstrebell der DDR und Mitinitiator des 1. Leipziger Herbstsalons hat er sich auch nach seiner Übersiedlung nach Westberlin behaupten können.
Für Laabs steht Grimmling für das, was die 80er-Jahre ausgemacht haben, dem Bestreben, sich aus der Figur zu befreien und ins Abstrakte zu gehen. Das habe er als junger Mensch 1978 zu begreifen begonnen. "Und dann werden seine Figuren inhaltsschwer. Er nimmt sie auseinander – und plötzlich hat man ein Gewusel von Händen, Füßen, Köpfen, Flügeln", sagt Laabs und vertieft: "Vögel spielen ja eine große Rolle bei ihm. Das freie Fliegen, dieses Rausgehen aus den gewohnten Formen und Rausgehen aus den gewohnten Umklammerungen, die da sind, wenn es um die Kunst der DDR geht."
Wut, Hoffnung und Energie
So geht es dem Künstler Grimmling immer um die Freiheit und den damit verbundenen Dramen der menschlichen Existenz. Ihn interessiert die zerbrechliche Seite des Menschen, der er sich durch die Malerei entgegenstemmt, wie er selbst bildgewaltig erzählt: "Malerei ist ein Dasein in einem Bergwerk. Ich glaube, ich lebe in einem Stollen, der nur so groß ist, wie ich selbst. Und ich grabe mich durch den Stollen mit Bildern, nach Bildern suchend, aber mit Bildern durch den Stollen durch. Die Gedanken, die diese Bilder bevölkern oder beladen, schwermachen, schwerblütig machen, sind ja in der Welt."
Doch ist es eben keine Schwermut, die aus seinen Bildern spricht, vielmehr Wut, auch Hoffnung und vor allem Energie.
Die schwarzen Bilder
Besonders wirkmächtig sind seine fast komplett schwarzen Bilder aus den 2000er-Jahren. Nur an wenigen Stellen blitzt aus dem tiefen Schwarz etwas weiß oder gelb hervor – fast magisch, auch wegen der Textur.
Grimmling sagt zu diesen Bildern: "In der Oberfläche sind selbstgemischte Pigmente, die keinen Acryl-Abschluss haben, offenes Pigment, das ist ganz weich, samtig. Dort spiele ich mit der Haptik, auch mit der Porosität der Oberfläche. Schwarz ist eine große Sehnsucht immer wieder, weil es einen großen Sog in die Imagination entwickelt. Es ist für mich nicht so nah, wie es sich vermuten ließe. Für mich ist Schwarz weit und tief und hat eine ungeheure Kraft, sich berühren zu lassen."
Schwarz ist eine große Sehnsucht immer wieder, weil es einen großen Sog in die Imagination entwickelt.
Hans-Hendrik Grimmling
Die Energie von Form und Farbe
Darum geht es Grimmling. Er will nicht erzählen, sondern die Kraft und Aussage seiner Bilder erwächst aus der Energie von Form und Farbe. Abstrakt und dennoch zeichenhaft und immer von der aktuellen Gegenwart inspiriert, evoziert er allerdings gerade durch die Titel immer wieder Interpretationsmöglichkeiten.
Was manche provokantes Welterklärertum nennen ist ihm durchaus bewusst, wie Grimmling selbst reflektiert: "Naja, die Titel sind dann doch wieder so hochtrabend wie 'Deutscher Alltag' oder 'Nachdenklicher Soldat', weil die Form etwas von einem Stahlhelm hat. Aber wahrscheinlich wollte ich nur die Form dehnen. Und zum Bildrand wurde sie rund und das und das Rund sperrte sich ein in das quadratische Format. Es ist ein kritischer Titel – kann ein Soldat nachdenken? – ein warnender Titel."
Unangepasste DDR-Vergangenheit
Ob im umfangreichen Werkkomplex "Der Knoten" in den 90er-Jahren, "Deutscher Alltag" 2007 oder bei den Vogel- und Maskenbildern der letzten Zeit – immer bleibt Grimmling politisch und wird auch seine Leipziger Vergangenheit als unangepasster Künstler in der DDR nicht los.
Auch das kann man an dieser Retrospektive gut nachvollziehen. Zwar ändert sich teils die Arbeitsweise, doch bleibt Grimmling seiner metaphorisch aufgeladenen Bildsprache treu. Die Energie der Bilder flammt dabei immer wieder auf.
Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer)
Redaktionelle Bearbeitung: op
Weitere Informationen
Hans-Hendrik Grimmling – Malerei 1978 bis 2024
15. September 2024 bis 12. Januar 2025
Eröffnung: 14. September 2024, 17 Uhr
Kunstmuseum Magdeburg Kloster Unser Lieben Frauen
Regierungsstraße 4-6, 39104 Magdeburg
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr
Sonnabend und Sonntag, 10 bis 18 Uhr
montags geschlossen
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 14. September 2024 | 13:45 Uhr