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Resignation und FrustWegen illegaler Müllentsorgung – Grünschnittstelle in Magdeburg droht das Aus

06. Mai 2021, 16:55 Uhr

Kleingärtner in Magdeburg wissen sie zu schätzen, doch der Sammelstelle für Grünschnitt mitten in der Stadt droht die Schließung. Denn immer wieder wird zum Teil giftiger Müll vor die Tore gekippt und Mitarbeitende werden beschimpft und bedroht.

In der Annahmestelle für Grünschnitt in Magdeburg-Buckau herrscht reger Betrieb. Mit Autos, Fahrrädern und Schubkarren transportieren die Menschen ihren Abfall hierher in die Sandbreite. Wer mag, muss nicht einmal aussteigen, denn die Mitarbeitenden entladen auf Wunsch die Fahrzeuge für ihre Kunden.

Die Atmosphäre ist freundlich, die meisten kommen gerne. "Der beste Betrieb der ganzen Stadt!", ruft eine Frau mir aus ihrem Auto heraus zu. Neben ihrem Auto, auf einem Tisch, liegen Blumentöpfe, Türklinken und Matchboxautos, die die Mitarbeiter vor der Entsorgung gerettet haben. "Zu verschenken, falls das jemand noch braucht", brummt Jens Semmler, der seit Jahren hier arbeitet.

Eigentlich wäre alles bestens. Wenn da nicht das Problem mit den illegalen Müllentsorgungen wäre. Immer wieder finden die Mitarbeitenden des Betriebs riesige Mengen an Müll vor, den Menschen einfach vor die Tore des Betriebs kippen. "Sofagarnituren, Schrankwände, alte Reifen, aber auch Öle, Lacke und Farben sind dabei", berichtet Jens Semmler. Die illegale Müllentsorgung findet er besonders unverständlich, weil es in Magdeburg zahlreiche Möglichkeiten zur kostenlosen oder kostengünstigen Entsorgung von Sperrmüll und Schadstoffen gibt.

Schließung steht im Raum

Für die Sanierungsgesellschaft GISE mbH, die die Annahmestelle als freiwilliges Angebot betreibt, um die Stadt und die Kleingärtner zu entlasten, sind die Müllberge eine große Belastung. Zum einen ist der kleine Betrieb für den Müll, der vor die Tür gekippt wird, gar nicht ausgerüstet. Die Anlage ist für Grünschnitt und kleine Elektrogeräte gebaut. Zum anderen müssten die Mitarbeiter ständig im fließenden Verkehr Müll aufsammeln, sortieren und wegbringen, erklärt Semmler. Er sagt, dazu seien die Kapazitäten nicht da. Auch, weil der Betrieb vom Jobcenter gefördert wird und die Arbeitszeiten streng limitiert sind.

Mittlerweile werde immer die städtische Abfallwirtschaft kontaktiert, die den Müll mit großem Aufwand mit Pressfahrzeugen abholen und wegräumen muss, erklärt Geschäftsführer Reinhard Kuhne. "Denn wenn wir den Müll aufs Gelände holen, sind wir auch dafür verantwortlich."

Wegen der zugemüllten Straßen gibt es außerdem Ärger mit den Vermietern. Weil außerdem noch Mitarbeiter, die Müllsünder auf frischer Tat ertappten, beschimpft und bedroht wurden, denkt Kuhne darüber nach, die Anlage zu schließen. "Wenn das der Dank ist, dann resigniert man auch irgendwann und fragt sich, wie lange man den Betrieb noch aufrecht erhält", sagt er.

Auf Unverständnis folgt Resignation

"Von normalen Beleidigungen über übelste Schimpfwörter bis hin zu Tätlichkeiten ist da alles dabei", beschreibt Jens Semmler die Reaktionen, als er sich einmal am Sonnabend vor das Tor stellte und Menschen darum bat, ihren Müll nicht dort abzuladen. Nur wenige hätten einsichtig reagiert. "Das ist schon heftig teilweise", meint er.

Das Ordnungsamt wurde wegen des Mülls schon viele Male kontaktiert, hat aber nur selten Menschen erwischt. "Und selbst wenn: Wenn die Bußgelder nur gering angesetzt werden, dann lachen die Leute doch drüber", sagt Semmler.

Auch Reinhard Kuhne glaubt, dass nur angemessene Geldstrafen die Menschen vom illegalen Müllabladen abhalten können. "Appelle bringen fast nie etwas. Leider", sagt er. Auch Überwachunskameras seien vorerst keine Option, weil die nicht die Straße und damit den öffentlichen Raum filmen dürften. Genau dort werde der Müll aber abgelegt.

Den Kunden zuliebe bleibt vorerst geöffnet

Trotz des vielen Ärgers hat Reinhard Kuhne sich entschieden, die Anlage vorerst weiter zu betreiben. Den Kunden, den Mitarbeitern und den städtischen Betrieben zuliebe, wie er sagt. Für viele Kleingärtner, die mit ihren Schubkarren und Fahrrädern kommen, sei die nahe Annahmestelle eine wichtige Hilfe, meint er. Noch hofft er auf eine Besserung der Situation und auf die Einsicht der Leute.

Die Mitarbeiter versuchen indes, sich von dem Müllärger nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. "Manchmal macht einen das schon wütend", meint Ralf, der seit über fünf Jahren im Betrieb arbeitet. Dann läuft er aber lieber zu einem Auto, um einem Kunden seinen Grünschnitt abzunehmen, statt sich zu beschweren. Der begrüßt ihn freundlich. "Na mein Guter, alles klar?", höre ich noch, bevor ein großer Beutel Zweige in der Schaufel des Radladers verschwindet.

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MDR/Leonard Schubert

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 14. Mai 2021 | 09:30 Uhr

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