Geplante ChipfabrikenEU muss staatliche Beihilfen für Intel genehmigen – Antrag dazu fehlt aber bislang
Der Bund soll für die Intel-Ansiedlung in Magdeburg knapp zehn Milliarden Euro an Fördermitteln beisteuern. Die EU-Kommission muss das abnicken. MDR-Recherchen zeigen allerdings: Der Bund hat den Antrag dazu noch gar nicht gestellt. Aus der Opposition kommt Kritik am Vorgehen der Landesregierung. Die gibt sich weiterhin optimistisch.
- Für die geplante Intel-Ansiedlung in Magdeburg gibt es noch immer kein grünes Licht aus Brüssel. Ein Antrag zur Genehmigung staatlicher Beihilfen fehlt bislang.
- Oppositionsparteien äußern im Hinblick auf die Intel-Ansiedlung Kritik an der Landesregierung und an der Stadt Magdeburg.
- Die Landesregierung geht weiter davon aus, dass die Chipfabriken wie geplant gebaut werden.
Der Bund hat für die geplante Ansiedlung von Intel in Magdeburg bei der EU noch keinen Antrag zur Genehmigung von staatlichen Beihilfen gestellt. Das geht aus Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT hervor. Die Bundesregierung will den Bau der beiden Chipfabriken mit insgesamt rund zehn Milliarden Euro fördern. Die EU-Kommission muss dem aber noch zustimmen.
Opposition im Landtag kritisiert Regierung und Stadt Magdeburg
In den zurückliegenden Monaten hatten Politiker in Sachsen-Anhalt immer wieder betont, dass man auf eine Entscheidung aus Brüssel warte. Nach MDR-Informationen kann die Europäische Kommission über die milliardenschweren Beihilfen aber nicht entscheiden, da der Bund den förmlichen Antrag noch nicht gestellt hat.
Von Oppositionsparteien im Landtag von Sachsen-Anhalt kommt Kritik am Vorgehen bei der geplanten Intel-Ansiedlung. AfD-Fraktionschef Oliver Kircher sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es sei eine Katastrophe, wenn das noch nicht einmal beantragt worden sei. Aus seiner Sicht hatte alles schon schwierig angefangen. So sei bei der Stadt Magdeburg um alles ein Geheimnis gemacht worden. Es habe keine richtigen Verträge gegeben, nur Willensbekundungen, die man nicht einsehen durfte. Er hoffe, dass das Vorhaben nicht irgendwann sterbe.
Kritik auch von der Linken, Optimismus bei den Grünen
Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern sagte MDR SACHSEN-ANHALT, sie sehe das gesamte Agieren der Landesregierung mit der Standortentscheidung Intel sehr kritisch. "Ich bin unsicher darüber, ob es an Unwissenheit, Unvermögen oder bewusster Intransparenz liegt. Man muss von letzterem ausgeben. Das ist höchst verantwortungslos." Die Linksfraktionschefin betonte, es gehe um viel Geld, nicht nur von der Landeshauptstadt, auch von der Landesregierung. Politik könne nicht allein auf Hoffnung aufbauen.
Anders als AfD und Linke sieht die Oppositionspartei Bündnis 90/Die Grünen die Intel-Pläne optimistisch. Landesfraktionschefin Cornelia Lüddemann verwies auf die Grundsteinlegung einer neuen Fabrik des Chipherstellers TSMC am Dienstag in Dresden. Hier habe die EU die beihilferechtliche Genehmigung punktgenau zur großen Grundsteinlegung erteilt.
Landesregierung gibt sich weiter optimistisch
Sachsen-Anhalts Landesregierung geht ebenfalls davon aus, dass die Fördermittel bewilligt werden. Ein Regierungssprecher sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es würden alle erforderlichen Unterlagen vorliegen. Es gebe keine Signale, dass Intel am "Projekt Magdeburg" etwas ändern werde. Der Standort sei ein "ganz fester Pfeiler" in der Unternehmensstrategie. In den kommenden Tagen sei ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) geplant.
Sven Schulze, Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister (CDU), äußerte sich bei MDR AKTUELL ebenfalls optimistisch zu den Fördermitteln. Er betonte, dass es sich um die größte Investition in der Geschichte Deutschlands handele, und betonte, dass trotz der Komplexität und der notwendigen Abstimmungen mit Bund, Intel und der EU-Kommission keine größeren Sorgen bestünden. Er gehe davon aus, dass bis Ende des Jahres alles vorbereitet werde und der Projektstart im nächsten Jahr nicht gefährdet sei.
CDU-Fraktionschef Guido Heuer erklärte, man sei sich einig, dass Intel kommen werde. "Es gibt die Zusagen. Davon sind wir zutiefst überzeugt", so Heuer. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Andreas Silbersack, erklärte MDR SACHSEN-ANHALT, er könne verstehen, wenn das Bundeswirtschaftsministerium sagt, es sei ein umfangreicher Antrag. Dass das jetzt so lange dauere, verstehe er aber nicht.
Bundeswirtschaftsministerium: Beratungen sehr umfangreich
Auch das Bundeswirtschaftsministerium sieht das Genehmigungsverfahren auf Kurs. Wie das Ministerium MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, dauern die Beratungen und Prüfungen aktuell weiter an. Wegen des Umfangs der geplanten Investition seien auch die Beratungen mit dem Unternehmen besonders umfangreich. Das wirke sich auf das beihilferechtliche Verfahren mit der Europäischen Kommission aus. Das Ministerium betonte, das sei das normale Verfahren und die Vorbereitungen der Notifizierung seien weiterhin in vollem Gange.
Trotz Sparplänen: Intel in Magdeburg soll kommen
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr einen Fördervertrag in Höhe von rund zehn Milliarden Euro mit dem US-Konzern unterschrieben. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte MDR SACHSEN-ANHALT, das Prüfverfahren für die Auszahlung des Geldes laufe noch.
Anfang des Monats hatte Intel angekündigt, weltweit mehr als 15.000 Stellen zu streichen. Im kommenden Jahr will der Konzern mehr als zehn Milliarden Euro sparen. Dazu, ob sich dies auf die Investitionspläne in Sachsen-Anhalt auswirken werde, äußerte sich das Unternehmen nicht. Die Pläne hatten für Unsicherheit gesorgt.
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dpa, MDR (Stephan Schulz, Norma Düsekow, Jochen Müller, Roland Jäger, Kalina Bunk) | Zuerst veröffentlicht am 21.08.2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. August 2024 | 10:00 Uhr
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