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Ehe die Bagger auf der Baustelle des künftigen Intel-Werks bei Magdeburg rollen, wurden zunächst die letzten Feldhamster aus ihren Bauten gebracht. Bildrechte: MDR/Matthias Sasse

Umsiedlung am EulenbergIntel: Hamster müssen für Ansiedlung weichen

09. Dezember 2022, 07:51 Uhr

Der Chiphersteller Intel will schon im kommenden Jahr mit dem Bau einer Chipfabrik bei Magdeburg beginnen. Ehe die Bagger anfangen können, mussten aber zunächst die tierischen Bewohner des Baulands umgesiedelt werden. Nun konnten die mutmaßlich letzten beiden Feldhamster aus dem Bördeacker geborgen werden.

Seit dem Frühjahr sind Biologen auf dem über 400 Hektar großen Gelände unterwegs gewesen. Sie suchten nach Fallröhren, die ein Zeichen für Zugänge zu Hamsterbauen sein können. Da nicht alle Hamster im Sommer in die Fallen gingen, musste nun mit schwerem Gerät nach den Vierbeinern untertage gesucht werden. Matthias Haase vom Landschaftspflegeverband steuerte dazu seinen kleinen Bagger von einer zur anderen markierten Stelle auf dem Feld zwischen Wanzleben und Magdeburg.

Insgesamt neun Baue legte er mit der Baggerschaufel frei, bevor der Biologe Alexander Resetaritz mit Spaten und Schippe Hand anlegte. "Wenn wir dann einen Gang haben und möglicherweise die Kammer, wo der Hamster drinnen liegt und schläft, dann wird das Erdreich vorsichtig mit der Schippe abgetragen, bis der Hamster geborgen werden kann" erklärt Resetaritz.

Auf diese Weise konnte das Team zwei Hamster bergen, die sich in Winterruhe befunden haben und schläfrig auf ihre ungebetenen Gäste reagierten. Ein zaghaftes Krähen gab der letzte Feldhamster von sich, als Alexander Resetaritz ihn an seinem Pfötchen aus dem Bau zog und in die Transportbox schob.

Magdeburger Hamster verstärken Feldhamsterzuchtprogramm im Leipziger Zoo

Die insgesamt sieben geborgenen Hamster vom Eulenberg wurden umgehend nach Leipzig in den Zoo gebracht, wo sie die Tierärzte auf ihre DNA und ihr Geschlecht untersuchten. Wenn sie aus ihrer Winterruhe wieder erwachen, sollen sie mit Feldhamstern aus Thüringen und Sachsen ihren Beitrag zur Erhaltung der Art leisten. Für eine Rückkehr mit Vermehrungsperspektive müssen 15-20 Tiere gezüchtet werden, erst dann kann die Auswilderung in der Börde erfolgen.

Unweit des Ackers auf dem die Feldhamster bisher lebten, wurde von der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt eine Hamstermutterzelle eingerichtet. Die Stiftung arbeitet im Auftrag des Landes und der Landeshaupstadt Magdeburg und kümmert sich bei Industrieansiedlungen um Ausgleichspflanzungen und die Umsiedlung von bedrohten Tierarten, wie den Feldhamster. Die Hamstermutterzelle ist ein umzäuntes Feld mit den Abmaßen von 38 mal 64 Metern. Dr. Antje Birger von der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt erklärt, dass der Zaun wichtig ist, damit keine hamsterfeindlichen Eindringlinge auf das Feld können. Außerdem muss der Bewuchs so sein, dass sich die Hamster gut verstecken können.

Versorgung und Hamsterbau-Garantie gesichert

Bevor die Hamster dort ausgesetzt werden, müssen Löcher in die Fläche gebohrt werden, damit die Feldhamster nach ihrer Rückkehr gleich untertage verschwinden können. Dr. Antje Birger weist darauf hin, dass das Verhältnis von Männchen und Weibchen stimmen muss, damit sich die Feldhamster vermehren können. Nahrung finden sie auf ihrer Hamstermutterzelle, wo bereits Winterweizen angebaut wurde.

Die Feldhamster sollen aber nicht ewig auf der Fläche der Hamstermutterzelle bleiben. Diese ist nur als Zwischenstation geplant, damit sich die Rückkehrer erst einmal orientieren können, ohne gleich gefressen zu werden, sagt Antje Birger.

Braunschweiger Modell hilft beim Ausschwärmen

"Der Plan ist, dass sich die Hamster dort finden, vermehren und dann ausschwärmen. Die Löcher im Zaum sind groß genug für den Hamster. Die umliegenden Felder sind nach dem Braunschweiger Modell streifenförmig mit Winterweizen, Lupine und Erbsen bestellt worden."

Damit wird sichergestellt, dass die kleinen Vierbeiner ausreichend hamstern können, wenn sie ihren Feldzug in die Börde antreten. Die Biologen hoffen, dass durch das mitteldeutsche Zuchtprogramm und die Auswilderung in Zukunft wieder ausreichend Feldhamster in der Natur vertreten sind und somit ihren Beitrag zur Artenvielfalt leisten.

Nach den Hamstern kommen die Archäologen

Die nächsten Experten auf dem Intel-Acker sind die Archäologen, die die Fläche untersuchen und entsprechende Funde kartieren werden. Danach sollen die Baumaßnahmen für die Stromversorgung der Großbaustelle folgen. Dazu gehört auch eine Bohrung unter der Bundestraße 81, für die besonderes Spezialgerät erforderlich ist.

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MDR (Sebastian Mantei, Thomas Tasler)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Dezember 2022 | 12:00 Uhr

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